Kommentar: Späte Korrektur

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Oberbürgermeister Bernd Wiegand spricht am Rande einer Stadtratssitzung Ende Oktober mit der AfD-Fraktion. (Foto: xkn)

Der Stadtrat von Halle hat am Donnerstag einen schon vor Monaten begangenen Fehler korrigiert. Er hat die Berufung des antisemitischen, des demokratieverachtenden, des rechtsextremen Stadtrats der AfD Donatus Schmidt in den Aufsichtsrat der Bühnen Halle rückgängig gemacht (StäZ berichtete). Die Initiative dazu war von Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) ausgegangen. Das ist gut und ein wichtiges Signal. Nachdenklich stimmen muss allerdings, dass der Beschluss erst, wie nt-Intendant Matthias Brenner sagte, sprichwörtlich „fünf vor zwölf“ zustande kam.

Wiegand ließ die Stadtratssitzung mit nur wenigen Stunden Vorlauf einberufen, um zu verhindern, dass Schmidt am Folgetag bei der Konstituierung des neuen TOO-Aufsichtsrats seinen Sitz in dem Gremium einnehmen kann. Warum so spät? Dass Schmidt enge Verbindungen zum Rechtsextremismus hat, ist schon vor seiner Wahl in den Stadtrat im Mai bekannt gewesen. Auch seine geheuchelte Anteilnahme nach dem Anschlag vom 9. Oktober ist bereits seit längerem entlarvt: Da sind seine langjährigen Verbindungen zum Neonazi Sven Liebig, da ist seine Teilnahme an der rechtsextremen und antisemitischen Demo vom 3. Oktober in Berlin und da sind die einige Jahre alten Videos, in denen Schmidt in Reichsbürgerkreisen unter anderem gegen Juden hetzt und übelste Verschwörungstheorien verbreitet. Schmidt und die AfD hätten sich schon seit langem glaubhaft von Rechtsextremismus, Antisemitismus und Reichsbürgern distanzieren müssen. Sie haben auch am Donnerstag wieder die Gelegenheit dazu verpasst.

Wer wollte, konnte schon lange erkennen und öffentlich erklären, dass die AfD, insbesondere aber Donatus Schmidt eine Schande für die Stadt, eine Schande für den Stadtrat und eine Schande auch für den Aufsichtsrat der Bühnen Halle ist. Viele haben das getan. Nur vom Oberbürgermeister war bis dato in dieser Hinsicht kein Wort zu vernehmen. Nicht in seiner Rolle als Aufsichtsratschef der TOO, als die Theaterintendanten gegen die Personalie aufbegehrten, und auch nicht, nachdem Schmidt als AfD-Stadtratsgeschäftsführer Wahlwerbevideos für ihn als OB verbreitete. Erst als die Causa Schmidt auch bundesweit durch einen Bericht des ZDF-Magazins Frontal21 die Stadt Halle beschädigte, ging plötzlich alles ganz schnell. Wiegand zog Konsequenzen.

Es ist gut, dass der Oberbürgermeister doch noch die Kurve bekommen hat. Sicher, man hätte das alles schon viel früher tun können. Viel wichtiger ist aber nun, dass die Stadtgesellschaft mit dem OB voran jetzt keinen Haken an die Sache macht, sondern weiter klare Kante gegen die Gegner der freiheitlichen, der toleranten, der offenen Demokratie zeigt.

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