Die StäZ sagt leise Tschüss

Die Städtische Zeitung wird eingestellt. Es ist ein Abschied im Guten.

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StäZ-Redakteur Felix Knothe (Foto: StäZ)

Liebe Leserinnen und Leser,

ich möchte mich von Ihnen verabschieden. Die Städtische Zeitung erscheint ab sofort nicht mehr. Die Bezahlschranke, die Paywall, ist eingerissen. Von Oktober 2017 bis Februar/März 2020 habe ich mit verschiedenen anderen Kolleginnen und Kollegen diese kleine Lokalzeitung am Leben und am Laufen gehalten. Wir haben unsere Stadt Halle, ihre Kommunalpolitik, die Kultur, das Stadtgeschehen journalistisch mit viel Engagement und Hingabe begleitet. Wir haben Lob bekommen und auch Ärger. So ist das im Journalismus.

Nun werde ich mich jedoch einer anderen beruflichen Herausforderung widmen. Die StäZ, das Kind, das ich als Gründer mit der Hilfe vieler Hallenserinnen und Hallenser aus der Taufe gehoben habe, versetze ich in den Dornröschenschlaf.

Der Schritt fällt mir nicht leicht, wie Sie sich vorstellen können. Die Gründe für das Ende der StäZ an dieser Stelle sind vielfältig. Vor allem sind es persönliche. Aber aus vielen Gesprächen weiß ich, dass auch die wirtschaftliche Situation unserer Zeitung immer viele Menschen interessiert hat. Deshalb ein par Gedanken dazu: Zur Wahrheit gehört, dass ich vor drei Jahren mit einer wesentlich schnelleren Entwicklung gerechnet habe, die nicht eingetreten ist. Ja, die StäZ ist Zeit ihres Lebens gewachsen. Waren es anfangs 190 Abonnentinnen, stieg die Zahl kontinuierlich auf am Ende zwischen 300 und 400. Und so war es eben stets eine besondere ökonomische Herausforderung, mit Online-Artikeln hinter einer Bezahlschranke einen Lebensunterhalt zu bestreiten. Am Ende ist das schon recht leidlich gelungen. Die StäZ hat begonnen auch wirtschaftlich zu funktionieren. Sie können selbst ausrechnen, wie hoch der Bruttoumsatz bei 400 Abonnent*innen und fünf Euro Abopreis pro Monat liegt.

So ist es eine kleine, aber feine Erfolgsgeschichte von einer journalistischen Graswurzel, ohne Konzerne oder Großinvestoren. Doch kann eine Zeitung nicht auf Dauer ein Ein-Mann-Projekt sein. Und der Abozahlendurchbruch, der die Beschäftigung mehrerer Redakteurinnen und Redakteure erlaubt hätte, ist eben doch ausgeblieben, beziehungsweise ließ er noch lange auf sich warten.

Es war nichtsdestotrotz richtig und wichtig, diesen Weg zu gehen. Als wir 2017 angefangen haben, war die Paywall in Halle noch unbekannt. Was es an journalistischen Angeboten online gab, gab es kostenlos. Aber es hatte eben auch die entsprechende, stetig sinkende Qualität. Immer schnellere Happen, immer oberflächlichere Recherchen – wenn überhaupt – , viel zu viel „Mord und Totschlag“. Billigjournalismus, weil es an ökonomischer Basis im Online-Geschäft fehlt. Inzwischen geht auch die große Konkurrenz den Weg der Bezahlschranke. Wir haben also nicht falsch gelegen, wir waren Vorreiter, und es ist uns, so ist mein Eindruck, auch gelungen, diese Konkurrenz auch qualitativ wieder ein bisschen besser zu machen, einfach weil es uns gab – und man auch mal thematisch etwas von uns abschauen konnte.

Wir haben aber nicht nur der Konkurrenz, sondern auch den Mächtigen dieser Stadt Feuer gemacht. Mit unseren Fragen, unseren Recherchen und unseren Texten konnten wir viele wichtige Themen beleuchten – oft als erste oder gar einzige –, konnten Kontroversen begleiten und manche Missstände aufdecken. Dass wir dabei von manchen Mächtigen exzessiv geschnitten, gemobbt oder gar verklagt wurden, ist wiederum ein Missstand, dem wir selbst ausgesetzt waren. Wer aber Journalisten und damit der demokratischen Öffentlichkeit gegenüber mit Intransparenz oder Ignoranz reagiert, wer Fragen penetrant ausweicht und selbst Stimmung gegen Journalisten macht, der offenbart ein sehr zweifelhaftes Amtsverständnis. Unser Verständnis von Journalismus war es stets, trotzdem unsere Arbeit zu machen, auch wenn die Zeiten dafür mit den Jahren immer rauher geworden sind. Uns nicht anzupassen an bestimmte Vorstellungen, wie und was wir zu berichten hätten. Wir haben dabei stets gemerkt, dass die Wertschätzung für unsere Arbeit bei Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern da war. Bewahren Sie sich dieses Verlangen nach gutem Journalismus. Machen Sie es geltend, wo immer Sie mit Journalisten ins Gespräch kommen.

Der Abschied der Städtischen Zeitung ist ein Abschied im Guten, ein Abschied von unseren treuen Leserinnen und Lesern, von den vielen Gesprächspartnern und Informationsquellen, ohne die die Arbeit von Lokaljournalisten nicht möglich ist. Die Texte, die in diesen knapp zweieinhalb Jahren entstanden sind, werden bis auf Weiteres online bleiben und für alle weiter lesbar sein. Und wie gesagt: Es ist ein Dornröschenschlaf. Sollte jemand guten Willens und Könnens des Wegs kommen und die StäZ wieder wachküssen, sie übernehmen und damit ein neues journalistisches Projekt beginnen wollen, dann mache ich das Angebot dazu und stehe mit meinem Rat bereit. Die StäZ muss nicht gestorben sein.

Ein letzter Dank gilt meinen vielen Freunden und meiner Familie, ohne die die zehrende Arbeit an der StäZ nie hätte beginnen können und erst recht nicht so erfolgreich gewesen wäre.

Als Privatmann werde ich unserer Stadt natürlich erhalten bleiben.

Es grüßt Sie herzlich

Felix Knothe
Leitender Redakteur der Städtischen Zeitung

Alle StäZ-Abos sind ab 1.3.2020 automatisch gekündigt. Es erfolgt keine weitere Abbuchung. Für Halbjahres- und Jahresabos besteht die Möglichkeit, überbezahlte Beträge auf Wunsch zurückzuerstatten. Richten Sie hierzu bitte eine E‑Mail an abo@staedtische-zeitung.de (Angabe der E‑Mail-Adresse nicht vergessen, über die das Abo läuft).

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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

Danke für eine gute Zeitung in schlechten Zeiten. Schade das es nicht gereicht hat für eine wirtschaftliche Existenz. Qualitätsjournalismus ist in Halle jetzt (fast) ausgestorben. Das ist schlimm, die öffentliche Meinung in den Händen der MZ, des MDR und den asozialen Medien, das fühlt sich nicht gut an.

Ole Trenner
4 Jahre her

Wie schade! Ich werde die StäZ sehr vermissen. Alles Gute für die Zukunft!

Alexander Graf
4 Jahre her

Bedauerlich!
Viel Glück und Erfolg für das Kommende!

U. Geiß
4 Jahre her

Sehr schade, aber auch sehr verständlich.
Alles Gute für den weiteren Weg!

Karoline Makosch
4 Jahre her

Sehr schade, dass dieses hochwertige Stück Lokaljournalismus von der Bildfläche verschwinden soll, aber ganz viel Glück dem Schöpfer.

Angela Köhler
4 Jahre her

Vielen Dank für die gut recherchierten, niveauvollen und ehrlichen Beiträge all die Jahre. Ich werde diese sehr vermissen. Alles Gute für die Zukunft!