Stadtrat schützt Bühnen Halle: Umstrittener AfD-Stadtrat Schmidt abberufen

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AfD-Stadtrat mit großer Nähe zum Rechtsextremismus: Donatus Schmidt (Foto: xkn/Archiv)

Halle/StäZ – Der Stadtrat von Halle hat am Donnerstag in einer eigens dafür anberaumten Sitzung den umstrittenen Stadtrat der AfD Donatus Schmidt als Aufsichtsratsmitglied der Bühnen Halle abberufen. Der Schritt sei nötig, weil Schmidt durch die Teilnahme an einer verfassungsfeindlichen Demonstration in Berlin und durch die Verbreitung antisemitischer Verschwörungstheorien in einem Video nicht mehr tragbar sei, so Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) in der Sitzung. Sie war auf seine Initiative hin am Donnerstag binnen weniger Stunden einberufen worden. Durch die Abberufung wird Schmidt dem Gremium, das sich am Freitag konstituieren wird, nicht mehr angehören. Der AfD-Sitz im Aufsichtsrat bleibt vorerst leer. AfD-Mann Schmidt distanzierte sich zwar von seinen 2016 in dem Video gemachten Äußerungen und auch von extremistischen Parolen der Demo in Berlin. Er trat vor der Abstimmung auch von sich aus von seinem Aufsichtsratsposten zurück. Dennoch nutzte er die Sitzung erneut zu Attacken auf politische Gegner und wiederholte Teile seiner umstrittenen Aussagen durch leicht abgewandelte Formulierungen. Schmidt sprach auch von einer „Hexenjagd“.[ds_preview]

Unmut über Kurzfristigkeit der Sitzung

OB Wiegand sagte zur Begründung des von ihm eingebrachten Abberufungsantrags, Schmidt verfüge nicht über die notwendige Sachkunde, um Mitglied im Aufsichtsrat der TOO zu sein. Denn das setze Kenntnis der im Grundgesetz verankerten Grundrechte und ein Eintreten für die Freiheitlich-demokratische Grundordnung voraus. Dazu gehöre, keine Ressentiments gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen zu haben, so Wiegand. In Schmidts Äußerungen seien jedoch solche Ressentiments klar erkennbar, insbesondere „in Bezug auf das jüdische Volk“, so Wiegand. Er habe dadurch die Werte des Grundgesetzes verletzt. Der Stadtrat folgte Wiegands Argumentation weitgehend. Es gab nur eine Gegenstimme von der AFD; Schmidt und andere AfD-Stadträte sowie einige Ratsmitglieder der CDU enthielten sich. Unmut gab es wegen der kurzfristigen Einberufung. CDU-Stadtrat Bernhard Bönisch machte seinem Ärger Luft und sprach von einer Farce. Vor allem dass die Abwahl stattfinde, obwohl Schmidt selbst zurückgetreten sei, verstehe er nicht, so Bönisch. Linken-Fraktionschef Bodo Meerheim sagte, er nehme Schmidt seine Entschuldigung nicht ab.

Brenner: „Fünf vor zwölf ist noch rechtzeitig.“

Eine Ad-Hoc-Sitzung mit nur wenigen Stunden Einladungsfrist ist für das ehrenamtlich arbeitende Gremium ein sehr ungewöhnliches Vorgehen. Laut Kommunalverfassung ist eine solche Sitzung aber „in dringenden Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden“, möglich. Schmidts Verstrickungen in rechtsextreme und antisemitische Kreise hatten jüngst durch einen Beitrag der ZDF-Sendung Frontal21 bundesweit für Aufsehen gesorgt. Zuvor hatte die SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag Katja Pähle Schmidts Verstrickungen ins rechtsextreme Milieu im Landtag thematisiert. Bereits im OB-Wahlkampf hatte der unterlegene Kandidat Hendrik Lange (Linke) Schmidts Abberufung als TOO-Aufsichtsrat und seinen Rücktritt aus dem Stadtrat gefordert. Anlass war Schmidts Teilnahme an einer rechtsextremen Demonstration am 3. Oktober in Berlin. Die Intendanten der Bühnen Halle hatten erklärt, nicht mehr mit dem Aufsichtsrat zusammenarbeiten zu wollen, sollte Schmidt Mitglied in dem Gremium bleiben.

Der Intendant des neuen theaters Matthias Brenner, der die Sitzung im Stadthaus verfolgt hatte, sagte im Anschluss zur Städtischen Zeitung: „Ich bin erleichtert.“ Es sei riskant gewesen, die Sitzung auf diese Art anzuberaumen, weil die Beschlussfähigkeit nicht sicher gewesen sei. Er respektiere den Rücktritt von Donatus Schmidt, „aber ich respektiere absolut nicht seine Begründung, denn seine Rechtfertigungen und der Ruf von einer Hexenjagd treffen auf keinen Fall zu. Dieses reflexhafte Denken von ihm zeigt mir, dass ich eine völlig andere Denkweise über Gestaltungswege in der Gesellschaft habe.“ Brenner meinte auch, die Abberufung Schmidts habe früher stattfinden müssen. „Ja, ganz eindeutig. Wir alle als Stadt hätten nach dem 9. Oktober viel viel schneller reagieren müssen. Aber fünf vor zwölf ist noch rechtzeitig“, so Brenner.

Die Sitzung im Liveticker:

16:35

Damit ist die Sitzung vorbei. Der Stadtrat hat ein deutliches Signal gesandt, aber auch der Unmut von Bernhard Bönisch ist verständlich: Einberufung und Ablauf der Sitzung waren durchaus ungewöhnlich. Es war eine Holter-die-Polter-Abberufung. Und damit verabschieden wir uns für jetzt. Lesen Sie am Abend unseren Kommentar.

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16:32

Bernhard Bönisch (CDU) erklärt, es sei eigenartig, was heute hier im Stadtrat vorgehe. Er könne nicht verstehen und billigen, dass man alle Regeln für eine Stadtratssitzung über den Haufen werfe. Er werde an der Abstimmung aus Prinzip nicht teilnehmen.

Wiegand erklärt, alles sei ordnungsgemäß.

Bönisch ist aber nicht zufrieden. Die Durchführung der Sitzung sei nicht alternativlos gewesen.

Donatus Schmidt hebt noch einmal zu einer Erklärung zu der Demo an. Von den Aussagen der Demo distanziert er sich, spricht aber gleichzeitig wieder über die linksterroristische Antifa. Zum Schluss fragt er den Rat, ob er sich nicht schäme, ihn als Rassisten zu bezeichnen.

Die AfD beantragt namentliche Abstimmung.Dem muss ein Fünftel der Stadträte noch zustimmen. Es gibt fünf Stimmen dafür.

OB Wiegand spricht jetzt davon, es handele sich nun um eine deklaratorische Abstimmung. Der Stadtrat müsse den Rücktritt Schmidts bestätigen.

Die Abberufung Schmidts wird nun vom Stadtrat mit großer Mehrheit beschlossen. Es gibt nur eine Gegenstimme eines AfD-Stadtrats. Schmidt selbst enthält sich.

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16:20

Bodo Meerheim (Linke) dankt Wiegand für seine Worte. Die Linke stehe zu 100 Prozent dahinter. Er nehme es Donatus Schmidt nicht ab, dass er sich gewandelt habe. Er habe erst vor zwei Monaten an einer nazistischen Demonstration teilgenommen. Schmidt habe gewusst, an welcher Demonstration er teilnehme. Er hoffe, dass die AfD eine Lehre daraus ziehe. Viele ihrer Mitglieder dächten genau das, was Schmidt sage und was auf der Demo in Berlin geäußert worden sei. „Das bedrückt, das macht Angst, wenn Menschen so etwas äußern. Das ist nicht hinnehmbar, und das ist nicht aushaltbar.“

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16:17

AfD-Stadtrat Donatus Schmidt ergreift das Wort. In dem Video von 2016 sei er noch nicht politisch aktiv, sondern Aktivist gewesen. Er hege keinen Hass und sei kein Rassist. Wenn er damals den Mossad kritisiert habe, heiße das nicht, dass er das jüdische Volk als ganzes beleidigt habe. Schmidt spricht von einer Hexenjagd durch Sozialisten.

Seine Aussagen damals seien falsch gewesen. Trotzdem versucht er wieder, einige seiner damaligen Positionen leicht abgewandelt noch einmal hier vorzubringen.

Er entschuldigt sich für den Schaden, den er am Ansehen der Stadt verursacht habe.

Er erklärt von sich aus seinen Rücktritt aus dem Aufsichtsrat der TOO.

Dennoch wird der Stadtrat wohl darüber noch einmal abstimmen.

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16:11

Wiegand bittet um die Abberufung. Diese sei auch ein demokratisches Zeichen gegen Hass und Hetze.

Es gibt nach Wiegands Statement eine kurze Debatte zur Dringlichkeit der Sitzung. Müller wiederholt nochmal, dass diese gegeben sei. Mittlerweile sind 39 Stadträte anwesend.

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16:10

Der Oberbürgermeister spricht zunächst zur Tagesordnung: Wiegand sagt, der Stadtrat könne die Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern jederzeit zurücknehmen. Hebel soll wohl, so sind Wiegands Äußerungen zu verstehen, dass Aufsichtsratsmitglieder Kenntnisse des Grundgesetzes haben müssten und für dessen Werte eintreten sollen. Mitglieder des TOO-Aufsichtsratsmitglieder dürften keine Ressentiments gegen Bevölkerungsgruppen haben. Die Teilnahme Schmidts an einer Demo am 3. Oktober in Berlin und das Video der ZDF-Sendung Frontal21 zeigten, dass bei Schmidt Ressentiments gegen das jüdische Volk unverkennbar seien. Schmidt habe die Werte des Grundgesetzes verletzt. „Somit mangelt es an der Sachkunde von Herrn Schmidt“, so Wiegand. Der Aufsichtsrat dürfe nicht von so einer Person repräsentiert werden.

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16:03

Stadtratsvorsitzende Katja Müller eröffnet die Sitzung. Jetzt sind auch vier Räte der AfD anwesend. Die Entsendung von Donatus Schmidt solle noch vor der morgigen Aufsichtsratssitzung abberufen werden.

33 anwesende Stadträtinnen und Stadträte sind da. Damit ist der Stadtrat beschlussfähig.

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16:00

Herzlich willkommen zu dieser unverhofften und möglicherweise sehr kurzen Stadtratssitzung. Kurz vor Beginn der Sitzung ist noch offen, ob der Stadtrat beschlussfähig sein wird. Die AfD scheint der Sitzung zunächst geschlossen fern bleiben zu wollen. Zwar sind mehrere AfD-Stadträte im Stadthaus, aber im Sitzungssaal ist noch niemand aufgetaucht. Nur ein Mitarbeiter der Stadtratsfraktion hält die Stellung. Auch OB Bernd Wiegand, der die Sitzung initiiert hatte, ist noch nicht da.

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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

Ein Kompliment an Herrn Wiegand der seine Befugnisse im Sinne der Stadt Halle genutzt hat. Ein gutes und starkes Zeichen. Auch wenn der Weg dahin ein ungewöhnlicher und streitbarer Weg ist, es gibt noch den Schulterschluß von Demokraten und dies bei all den Streitigkeiten zwischen Stadtrat und OB. Hut ab!