Grube Teutschenthal: Betreiber droht Bürgermeister mit Hausverbot

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Am Donnerstag kam es zu einem erneuten Feuerwehreinsatz auf dem Gelände der Grube Teutschenthal. Bürgermeister Ralf Wunschinski wurde daraufhin mit Hausverbot gedroht. (Foto: Jan Möbius)

Teutschenthal/StäZ – Der Streit um einen möglichen Ammoniak-Gasaustritt aus der Grube Teutschenthal bei Halle spitzt sich zu: Bürgermeister Ralf Wunschinski (CDU) hat nach eigenen Angaben vom Betreiber-Unternehmen GTS, das den Auftrag zur Sicherung der unterirdischen Kali-Anlagen hat, ein Hausverbot angedroht bekommen. Das soll für die Grubengelände Teutschenthal und Angersdorf gelten. „Mir wurde schriftlich von den Unternehmensanwälten mitgeteilt, dass ich die Betriebsabläufe störe würde“, so Wunschinski gegenüber er StäZ. Der Bürgermeister war in jüngster Zeit  mehrfach an Einsätzen der Feuerwehr beteiligt, die von Anwohnern vor allem im Ortsteil Angersdorf wegen der beißenden Gerüche alarmiert wurde. Grubenbetreiber GTS will hingegen von einem möglichen Hausverbot gegen den Bürgermeister nichts wissen.

Unterdessen schlagen die Wellen in Teutschenthal weiter hoch. Am Mittwochabend hatte GTS direkt Betroffene zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Gut 45 Anwohner nahmen an der sehr emotional geführten Debatte mit GTS-Geschäftsführer Hans-Dieter Schmidt teil. Die StäZ war exklusiv dabei. [ds_preview]

Gruben-Chef vermeidet in Einwohnerversammlung das Wort Gift

GTS-Geschäftsführer Hans-Dieter Schmidt führte resolut durch die Informationsveranstaltung, drohte sogar mit Abbruch. (Foto: Jan Möbius)

Seit mehr als einem Jahr gebe es in und um Teutschenthal Geruchsbelästigungen. Begonnen habe das, so Anwohner, die direkt neben dem Schacht „Halle“ in Angersdorf wohnen, nachdem dort mit dem Befüllen der unterirdischen Anlagen begonnen wurde. Die Nachbarn der Bergbauanlage mutmaßten am Mittwochabend, dass dort, wie auch in anderen Bereichen des ehemaligen Kali-Bergwerks, giftige Abfallstoffe eingelagert würden. So zeigten Anwohner aus dem Ortsteil Teutschenthal-Bahnhof, dem Standort des Hauptschachtes, Fotos von Lkw mit orangefarbenen Warntafeln, wie sie für Giftstoffe genutzt werden. Zumindest für die Anwohner liegt nahe, dass der mutmaßliche Austritt von Ammoniak eng mit den eingelagerten Stoffen in Zusammenhang stehe. GTS-Chef Schmidt räumte zwar ein, dass ehemalige Abbaukammern in der Grube Teutschenthal auch mit teils gefährlichen Abfällen wie Filterstäuben aus Luftaufbereitungsanlagen verfüllt würden. Das Wort Gift vermied er aber tunlichst.

Ammoniak ja, aber nicht aus der Grube Teutschenthal?

Schmidt stimmte zudem den Messungen der Feuerwehr zu. Ammoniak als bestimmender Geruchsträger für Stickstoffverbindungen in Filterstäuben aus Rauchgasreinigungsanlagen in Abfallverbrennungsanlagen, Stahlwerken und Aluhütten sei richtig gemessen worden. Dennoch hätten Überprüfungen ergeben, dass die Ergebnisse nicht der Grube zugeordnet werden könnten. „Natürlich riecht das Bergwerk, so wie andere Industriebetriebe auch“, sagte Schmidt. „Aus der Grube entweichen aber keine unzulässigen Emissionen.“ Das werde durch regelmäßige Messungen von Ammoniak in der Grube bestätigt. Die einmalig vor allem am vergangenen Sonntag von einem Spezialfahrzeug der Feuerwehr gemessenen Werte könnten nicht für Schlussfolgerungen gegen die Grube Teutschenthal verwendet werden, meinte Schmidt.

Woher die Schwankungen bei der Geruchsbelastung in und um Teutschenthal stammen, das könne Schmidt nicht beantworten. „Die gleichbleibende Grubenbewetterung steht den festgestellten Schwankungen entgegen, die während der letzten Hitzeperiode zu vermehrten Anwohnerbeschwerden führten“, erklärte er am Mittwoch. Der Versatzbeginn, also das Befüllen der unterirdischen Kammern, im Grubenfeld Angersdorf Anfang 2017 habe Schmidt zufolge nicht zu einer Veränderung der Abluftaustritte aus dem Schacht geführt. „Das können wir in Protokollen belegen.“

Bürgerveranstaltung kurz vor dem Abbruch

Wie und wo unter Tage gemessen wird, das blieb trotz mehrfacher Nachfrage von Anwohnern aber offen. Mehrfach drohte GTS-Chef Schmidt damit, die Diskussion abzubrechen, wenn sich die eingeladenen Anwohner nicht ordentlich meldeten und ihm ins Wort fielen. Die aber hätten Angst, wie eine Angersdorferin sagte, die am Wochenende sogar einen Rettungswagen rufen musste, weil sie Schwindelattacken und schwere Übelkeit gehabt habe. Am Schacht Halle wurden in den vergangenen Tagen auch tote Tiere gefunden. Zuletzt am Donnerstagabend, wie Bürgermeister Wunschinski sagte. Die Kadaver seien zu einer toxikologischen Untersuchung eingeschickt.

Initiiert Bürgermeister Gasalarme?

Die Kita „Kleine Riesen“ in Teutschenthal hatte am Donnerstag verfügt, dass die Kinder wegen des anhaltenden starken Geruchs nicht mehr ins Freie durften. Ein weiterer Feuerwehreinsatz war die Folge. (Foto: Jan Möbius)

Der Rathauschef reagierte gegenüber der StäZ auch auf in Teutschenthal laut gewordene Vorwürfe, er würde die aktuelle Situation ausnutzen, um von Problemen in der Teutschenthaler Verwaltung abzulenken und Einsätze der Feuerwehr regelrecht inszenieren. Immerhin, so Kritiker, sei die Geruchsbelastung seit langer Zeit bekannt. „Das ist völliger Quatsch. Wir nehmen die Probleme der Anwohner sehr ernst und müssen als Behörde reagieren. Jeder kann hier die Gerüche wahrnehmen.“ Aus diesem Grund habe er sich auch an den Landkreis gewandt. Zuletzt nach einem Feuerwehreinsatz an der Kita „Kleine Riesen“ im Ortsteil Teutschenthal-Bahnhof am Donnerstag. Dort hatte die Leitung verfügt, dass die Kinder wegen der anhaltend starken Gerüche nicht mehr ins Freie durften. Aber erst am Freitag wurden die Eltern mittels eines Briefes informiert, der der StäZ vorliegt. „Wir wollten keine Panik verbreiten“, so Wunschinski.

Messungen am Grubengelände: Unternehmen nennt Werte irrelevant

Auch an der Grube direkt wurde von der Feuerwehr gemessen. (Foto: Jan Möbius)

Dennoch gab es einen erneuten Feuerwehreinsatz, zu dem wieder ein Spezialfahrzeug alarmiert wurde. Gemessen wurden auch Werte in unmittelbarer Nähe zum Grubengelände. Umfangreiche Messungen auf den Freilagerflächen und in der Schachthalle hätten Werte ergeben, die deutlich unterhalb der zugelassenen Grenzbereiche liegen und als irrelevant gelten würden, teilte GTS daraufhin mit. Inzwischen hat das Bergamt mit eigenen Messungen rund um die Schächte in Teutschenthal begonnen. Die sollen mindestens eine Woche dauern. Wann dann belastbare Daten vorliegen, ist noch offen. Zumindest will GTS im September eine öffentliche Bürgerversammlung durchführen, kündigte Geschäftsführer Schmidt an.

Frist für Grube Teutschenthal läuft in den 2030er Jahren ab

Der untertägige Abbau von Kalisalz in den Jahren von 1905 bis 1982 hat in Teutschenthal ein großes Netz an unterirdischen Hohlräumen geschafft. Zur Gefahrenabwehr sowie zum Schutz oberirdische Flächen werden die unterirdischen Hohlräume durch die GTS Grube Teutschenthal Sanierungs GmbH & Co.KG verfüllt. Der Betrieb des Versatzbergwerkes unterliegt dabei laut GTS strengen Anforderungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Angeliefertes Versatzmaterial durchlaufe zunächst ein Zulassungsverfahren, bei dem auch Geruchsfreisetzungen geprüft werden. Unzulässiges Material, das erhebliche Geruchsbelästigung auslösen kann, werde zurückgewiesen und an die zuständige Behörde gemeldet. Die Uhr läuft dabei: Bis in die 2030er Jahre müsse, so GTS-Chef Schmidt, der Versatz abgeschlossen sein. Ab dann könne die Standsicherheit der unterirdischen Anlagen nicht mehr gewährleistet werden, hätten Untersuchungen des Bergamtes ergeben. 1996 war die Grube Teutschenthal von einem Gebirgsschlag betroffen, der ein Beben der Stärke 5,5 auf der Richterskala zur Folge hatte. 2002 und 2003 brannte Abfall unter Tage.

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