Teutschenthal: Dienstzeit von Amtsleiterin am Rat vorbei verlängert

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Im Teutschenthaler Rathaus rumort es gewaltig. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft in Halle gegen Bürgermeister Ralf Wunschinski. (Foto: Jan Möbius)

Halle/Teutschenthal/StäZ – Die Untersuchungen der Kommunalaufsicht des Saalekreises rund um die Vorgänge in der Gemeindeverwaltung von Teutschenthal werden ausgeweitet. Nachdem der Gemeinderat vergangene Woche beschlossen hatte, von der Behörde die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Bürgermeister Ralf Wunschinski (CDU) wegen womöglich mehrerer Pflichtverletzungen im Amt zu verlangen und bei der Staatsanwaltschaft Halle Strafanzeige gegen den Rathauschef und alle mit dem geplanten Bau einer Kindertagesstätte im Ortsteil Angersdorf handelnden Personen zu erstatten, wird jetzt eine weitere Personalie überprüft. Dabei geht es nach StäZ-Informationen um eine von Wunschinski ohne Einbeziehung des Hauptausschusses genehmigte Dienstzeitverlängerung für die 60-jährige Ordnungsamtsleiterin. Die hätte Ende Juni in den Ruhestand gehen müssen, arbeitet jetzt aber bis Ende Dezember. Inzwischen ist sie sogar zur zweiten Stellvertreterin des Rathauschefs aufgestiegen. [ds_preview]

Schluss Ende Juni: Amtsleiter-Stelle hätte nicht weiter besetzt werden dürfen

Die Amtsleiterin hätte Ende Juni mit Vollendung des 60. Lebensjahrs nach dem Beamtengesetz aus dem Dienst ausscheiden müssen. Eigentlich beginnt der Ruhestand für Beamte in Sachsen-Anhalt mit 65 bis inzwischen 67 Jahren je nach Geburtsjahr. Doch die Ordnungsamtsleiterin entschied sich schon vor geraumer Zeit dafür, eine Altersteilzeitregelung zu beantragen. So wäre sie mit Vollendung des 60. Lebensjahres am 30. Juni in eine fünfjährige Ruhephase und dann in die eigentliche Rente gegangen. Doch Rathauschef Wunschinski verlängerte auf Wunsch seiner Ordnungsamtsleiterin deren Dienstzeit eigenhändig um ein halbes Jahr bis Ende Dezember, ohne den Hauptausschuss darüber befinden zu lassen.

Die Mitwirkung dieses Gremiums wäre aber bei Personalentscheidungen mit finanzieller Tragweite entsprechend der Gemeinde-Hauptsatzung notwendig gewesen. Zusätzlich pikant ist dabei aus finanzieller Sicht für die Gemeinde: Die Amtsleiter-Stelle hat nach StäZ-Informationen einen internen Haushaltsvermerk, der sie zum Auslaufmodell macht. Heißt, dass sie nach dem Ausscheiden der Amtsinhaberin nicht wieder besetzt werden soll. Das wäre am 30. Juni dieses Jahres der Fall gewesen.

Zuständigkeit nicht erkannt? Verlängerung am Gemeinderat vorbei

Die Verlängerung der Dienstzeit schien dem Gemeinderat nicht bekannt oder aber dessen Hauptausschuss über seine Zuständigkeit im Unklaren gewesen zu sein. Denn anders ist kaum zu erklären, dass die Amtsleiterin in der Juni-Sitzung des Gemeinderates auch zur zweiten Stellvertreterin Wunschinskis gewählt wurde – auf Vorschlag des Rathauschefs hin. Auch diese Wahl dürfte weitere Fragen aufwerfen. Zum Beispiel, ob die Ordnungsamtschefin einen Anspruch auf Funktionszulagen hat. Rathauschef Wunschinski wollte sich zu den Vorgängen nicht konkret äußern. Seine Pressesprecherin Katharina Zinke-Beinert ließ er auf StäZ-Nachfrage ausrichten: „In Bezug auf Ihre Anfrage zur Vertragsverlängerung Frau Moser kann ich Ihnen aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft geben.“

Kommunalaufsicht nimmt Fall mit in laufende Untersuchungen auf

Ob ein finanzieller Schaden durch die nicht genehmigte Weiterbeschäftigung der Ordnungsamtsleiterin und durch ihren möglichen Anspruch auf Zuschläge für den Posten als Rathaus-Vize entstanden ist und weiter entsteht, soll nun geklärt werden. Die Kommunalaufsicht des Saalekreises prüfe dazu parallel zu anderen mutmaßlichen Verfehlungen auch diese im Raum stehende Pflichtverletzung Wunschinskis, sagte Pressesprecherin Kerstin Küpperbusch auf StäZ-Nachfrage. „Von daher handelt es sich um ein laufendes Verfahren, zu dem keine weiteren Angaben gemacht werden können.“

Rathauschef beauftragt Medienberater mit Pressemitteilung

Unterdessen reagierte Wunschinski auf die Gemeinderatsbeschlüsse, die am Dienstag vergangener Woche in einer Sondersitzung gefasst wurden. Einen vom ihm beauftragten Medienberater ließ er eine allgemeine Pressemitteilung zu einem möglicherweise anstehenden Disziplinarverfahren verfassen. Darin heißt es: „Ich begrüße diesen Beschluss ausdrücklich, die Untersuchung an die unabhängige Kommunalaufsicht zu übergeben. Mir selbst ist sehr an einer schnellen, fachkundigen und vor allem unvoreingenommenen Prüfung sämtlicher Fragen gelegen.“ Der Rathauschef sehe dem Ergebnis gelassen entgegen, „da weder ich, noch meine Mitarbeiter zum Nachteil der Gemeinde gearbeitet haben“.
Bei der Planung der Kita Angersdorf sei es wegen des hohen Zeitdrucks und personellen Engpässen zu einem Verfahrensfehler gekommen. „Das habe ich eingeräumt und ich übernehme hierfür die Verantwortung, unabhängig davon, wer die Entscheidung der Vergabe getroffen hat“, so der Bürgermeister. Wunschinski ließ über die durch seine PR-Agentur verfasste und durch seine Pressesprecherin unterzeichnete Mitteilung erklären, dass die Kosten für die Planungsleistungen der Kita „ordnungsgemäß im Haushalt eingestellt worden waren“.

Dreiseitige Strafanzeige liegt der Staatsanwaltschaft inzwischen vor

Zu dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren wegen des Verdachts auf Untreue äußerte sich der Rathauschef indes nicht. Die dreiseitige Anzeige des Gemeinderates gegen den Bürgermeister sei inzwischen bei der Staatsanwaltschaft in Halle eingegangen, wie deren Chefin Heike Geyer auf StäZ-Nachfrage sagte. „Sie wurde mir gestern vorgelegt. Ich habe sie einem unserer Dezernenten übergeben.“ Nun werde geprüft, welche weiteren Schritte erforderlich sind. Dazu könnten Befragungen und die Einsicht in Unterlagen gehören. Auch, ob die Ermittlungen an die Polizei abgegeben werden, muss geklärt werden.
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