Nach Haushaltsverschiebung: Wiegand droht mit Auszahlungsstopp an Vereine

Weil der Stadtrat den Haushalt erst im Januar beschließen will, droht OB Wiegand mit Konsequenzen für die Vereine und Träger.

0
Oberbürgermeister Bernd Wiegand hat die Vertagung des Haushaltsbeschlusses am Mittwoch im Stadtrat scharf kritisiert. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) hat im Stadtrat am Mittwoch mit harschen Worten auf die Verschiebung des Haushaltsbeschlusses für das Jahr 2020 ins Jahr 2020 reagiert. Dass Halle zu Jahresbeginn keinen beschlossenen Haushalt haben werde, schade der Stadt massiv, so Wiegand. Ohne ordentlichen Haushalt werde das gesellschaftliche Leben zum Erliegen kommen. Zugleich kündigte er an, dass sich die Stadt Halle damit in der sogenannten vorläufigen Haushaltsführung befinde. Das bedeute, so Wiegand, das Vereine der Stadt so lange keine Haushaltsmittel bekämen, wie es keinen von der Kommunalaufsicht bestätigten Haushalt gebe. „Es wird nicht einfach weitergewurschtelt wie früher“, sagte Wiegand mit Blick auf die letzten Jahre der Amtszeit seiner Vorgängerin Dagmar Szabados (SPD). Seinerzeit hatte es beinahe jährlich verspätete Haushaltsbeschlüsse und damit vorläufige Haushaltsführung gegeben. Vereine und Träger hatten ihr Geld in der Zwischenzeit lediglich abschlagsweise erhalten. Selbst das will Wiegand nun offenbar verhindern.[ds_preview]

Der Haushalt der Stadt für das kommende Jahr stand am Mittwoch zum ersten Mal als Beschlusspunkt auf der Tagesordnung des Stadtratsplenums. Wiegand hatte den Entwurf zwar bereits im Novemberstadtrat vor drei Wochen präsentiert, damals aber als Mitteilung, was nicht als formale Einbringung gilt. Die Mehrheit des Stadtrats störte sich jedoch daran, den Haushalt entgegen aller Gepflogenheiten bereits in der ersten Lesung zu verabschieden, zumal nicht einmal alle Fachausschüsse Gelegenheit gehabt hätten, sich mit dem Zahlenwerk zu beschäftigen, geschweige denn auseinanderzusetzen. Linksfraktionschef und Finanzausschussvorsitzender Bodo Meerheim stellte deshalb den Vertagungsantrag. Der Stadtrat stimmte zu. Nur SPD und die Fraktion Hauptsache Halle votierten gegen die Vertagung.

Zuvor hatte Wiegand noch sich und seine Verwaltung beim Thema Haushalt mit Eigenlob überhäuft. „Es ist festzustellen, dass es eine großartige Sache ist, dass die Verwaltung einen Haushalt vorgelegt hat, der die Vorgaben der Kommunalaufsicht erfüllt“, so Wiegand im Stadtrat. In der Tat ist erstmals in Wiegands Amtszeit nicht nur der bilanzielle Ergebnishaushalt im Entwurf ausgeglichen, sondern auch der Finanzhaushalt, der die Finanzströme des Haushaltsjahres abbilden soll. Hier klaffte bisher immer ein Defizit, das durch Kassenkredite ausgeglichen werden musste. Dass zudem ein Konsolidierungskonzept aufgestellt worden sei, so Wiegand weiter, sei ein Erfolg und „besonders bemerkenswert.“ Und als „besonders lobenswert“ bezeichnete es Wiegand, dass er – er bezeichnete sich hier als „der neue OB“ – und der Beigeordnete für Finanzen Egbert Geier den Haushalt innerhalb eines Monats nach den Wahlen vorgelegt hätten.

Auf die Verschiebung reagierten die Fraktionen unterschiedlich: Hauptsache Halle und die SPD kritisierten die Entscheidung. „Die Gründe für die Vertagung, die von den anderen Fraktionen schon im Vorfeld vorgebracht wurden, sind aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, da die Stadtverwaltung frühzeitig signalisiert hat, dass sie allen sachlogisch richtigen Änderungsanträgen zustimmen werde“, sagte Hauptsache-Halle-Fraktionschef Andreas Wels. Der Haushaltsentwurf sei ausgeglichen und stelle eine gute Balance zwischen Sparen und Investieren dar. Die Stellungnahme der SPD kam vom SPD-Stadtverband. Stadtvorsitzender Andreas Schmidt kritisierte sowohl die Vertager als auch den OB. Durch die Vertagung entstehe eine „Hängepartie, die zum Schaden der Stadt ist“, so Schmidt, weil Vereine kein Geld bekämen und Fördermittel nicht ausgezahlt werden könnten. Schmidt sagte aber auch: „Die Kritik Die Kritik daran, dass der Oberbürgermeister den Haushalt früher hätte einbringen können, ist mehr als berechtigt.“ Die SPD habe mit konstruktiven Änderungsanträgen mitgewirkt, so dass der haushalt hätte verabschiedet werden können.

Linken-Stadtrat Thomas Schied reagierte ironisch. Bei Twitter nahm er das Argument Wiegands aufs Korn, die Aufstellung des Haushaltsentwurfs sei erst nach seiner Wiederwahl möglich gewesen. Mit Verweis auf ein Video von OB-Büroleiterin Sabine Ernst aus dem Sommer, in dem diese behauptet hatte, dass die Verwaltung trotz Wahlkampfs weiterarbeite, postete Schied:

Grünen-Fraktionschefin Inés Brock wies gegenüber der Städtischen Zeitung darauf hin, dass im Haushaltsentwurf der Verwaltung massive Kürzungen für Vereine und Träger in sechsstelliger Höhe vorgesehen seien. Wiegand nutze die Vereine als Drohkulisse, spare aber selbst massiv, so Brock.

Der Mitbürger-Stadtrat und Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses Detlef Wend äußerte sich in einem ausführlichen Leserkommentar unter dem StäZ-Stadtratsticker: „Verzögerung und womöglich ‚leidende Kinder‘ gehen wohl eher auf Rechnung der Stadtverwaltung. Und das nicht zum ersten Mal.“ Die Verwaltung habe angekündigt, bei Streetworkern, Schulsozialarbeit und Familienförderung zu sparen, obwohl diese Dinge vom Stadtrat als wichtig erachtet wurden. „Da kann man als Stadtrat gleich zu Hause bleiben“, so Wend.

Der Haushalt selbst wird nun in den Ausschussitzungen im Januar und dann aller Voraussicht nach Ende Januar im Plenum behandelt – wenn es nicht neue Zerwürfnisse zwischen Rat und Verwaltung gibt. Bei der letzten Finanzausschusssitzung am Dienstag war Wiegand nach Teilnehmerangaben demonstrativ aufgestanden und gegangen.

[bws_pdfprint display=„pdf,print“]
0 0 votes
Article Rating
Subscribe
Benachrichtigen Sie mich zu:
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments