Kommentar: Wiegands lautes Schweigen gegenüber der AfD

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Oberbürgermeister Bernd Wiegand und die AfD-Fraktion im Stadtrat. 8Foto: xkn/Archiv)
Es kommentiert: StäZ-Redakteur Felix Knothe. (Foto: StäZ)

Sollte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) am Sonntag wiedergewählt werden, so wird er es zu einem Großteil wohl auch der AfD zu verdanken haben. Die Partei ist in den Tagen vor der Stichwahl die lauteste Wahlwerberin für den Amtsinhaber. Der sei das kleinere Übel, postet sie auf ihren Social-Media-Kanälen, übrigens den mit Abstand reichweitenstärksten parteipolitischen Kanälen in Halle. Und das in einer Zeit, in der die Partei wegen ihrer rechtsextremen Tendenzen und zweier umstrittener Stadträte massiv in der Kritik steht. Könnte man da nicht von einem demokratischen Amtsinhaber, der bislang im Kampf gegen rechts schon oft deutliche Worte gefunden und sich 2012 noch als Mitte-links bezeichnet hatte, eine Distanzierung erwarten? Ein Wort vielleicht, dass er, der Parteilose, mit dieser vom Verfassungsschutz beargwöhnten Partei nichts am Hut habe und auch nicht haben wolle?

Stattdessen lautes Schweigen. Wiegand äußert sich nicht zu den zweifelhaften Wahlempfehlungen von rechtsaußen. Er äußert sich auch nicht zur Causa Donatus Schmidt im TOO-Aufsichtsrat, dessen Chef er ist und die das Gremium zu lähmen droht.

Es gibt auch, einmal hellhörig geworden, noch andere Zeichen: Ende September im Stadtrat sprach Wiegand, von einem Bürger auf die Schulden der Stadt angesprochen, völlig überraschend von der Flüchtlingskrise, die ihren Teil zum Schuldenberg der Stadt beigetragen habe. Eine Argumentation, die er bis dahin nicht benutzt hatte und die stark an AfD-Narrative erinnerte. Im August sagte Wiegand vor Medienvertretern auf sein Verhältnis zur AfD angesprochen: Es sei nicht ausgeschlossen, vernünftige Vorschläge der Partei im Stadtrat zu unterstützen und mit ihr zusammenzuarbeiten. Nur mit extremen Positionen wolle er nichts zu tun haben. Und nach dem Anschlag vom 9. Oktober sagte er auf einer Pressekonferenz auf eine Frage zur Rolle der AfD hin: Das, was die AfD mache, könne den Nährboden für solche Taten bereiten. Aber ob das tatsächlich so sei, sei eine andere Frage. Auf der gleichen Pressekonferenz fielen übrigens die arg missverständlichen Äußerungen zum Versagen der offenen Gesellschaft.

Ist das alles noch vorsichtiges, sachorientiertes, parteiunabhängiges Formulieren oder schon bewusstes Kokettieren mit der AfD mit Blick auf die OB-Wahl? Man weiß es bei Wiegand nicht, und das ist ein Problem. Denn während sogar die CDU, die lange ihr Verhältnis zur AfD nicht klargezogen hatte, nach dem 9. Oktober durch Ministerpräsident Reiner Haseloff und Innenminister Holger Stahlknecht klare Kante nach rechts zieht, lässt der OB ausgerechnet im Wahlkampf genau das vermissen.

Dabei dürfen diese Zweifel gerade in diesen Zeiten nicht aufkommen. Die klare Abgrenzung nach Rechtsaußen sollte in der Stichwahl um das OB-Amt in dieser weltoffenen Stadt politischer Konsens sein. Man hoffte jedenfalls, es sei so. Der OB sollte hier ebenfalls für klare Kante sorgen.

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