Nach Fraktionsvorstandswahl: SPD weiter im Streit

Nach der Kampfabstimmung in der SPD-Fraktion sind die Wogen noch nicht geglättet. Stadtrat Detlef Wend ist enttäuscht.

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SPD-Stadtrat Detlef Wend teilt nach seiner Niederlage in der SPD-Fraktion aus. (Foto: xkn/Archiv)

Halle/StäZ – Bereits kurz nach der Stadtratswahl gibt es Streit in der neuen SPD-Fraktion im halleschen Stadtrat. Auslöser ist die Wahl zum Fraktionsvorsitz am Montagabend. Bei einer Kampfabstimmung unter den sechs Mitgliedern hatte sich der bisherige Fraktionsvize Eric Eigendorf gegen SPD-Stadtrat Detlef Wend durchgesetzt. Er wird die Fraktion in Zukunft führen. Wend hatte den Posten für sich reklamiert, weil er bei der Stadtratswahl am 26. Mai die meisten Stimmen aller SPD-Kandidaten bekommen hatte. Nun gibt er den enttäuschten Verlierer. In einem Leserkommentar in der Städtischen Zeitung tritt er heftig nach und teilt aus, vor allem gegen Eigendorf. Wend hat außerdem seinen Austritt aus der Fraktion angekündigt.[ds_preview]

Gegenüber der Städtischen Zeitung bestätigte er am Dienstag den bevorstehenden Schritt. „Ich werde aus der SPD-Fraktion austreten.“ Sein Stadtratsmandat wolle er aber behalten. Wie es weitergehe wolle er mit etwas Abstand entscheiden. Bereits in seinem Leserkommentar deutete sich am Dienstagmorgen der Schritt an. So schrieb Wend:

Einer Fraktion mit derart mangelnder Solidarität mag ich kaum noch angehören. Traurigerweise haben die beiden mir auf der SPD Wahlliste folgenden Kandidaten signalisiert, dass sie – im Falle meines kompletten Rücktrittes – wenig Lust auf diese Fraktion hätten. Die SPD ist in schwierigen Zeiten und braucht ganz bestimmt keine unnötigen internen Querelen. Aber der Genosse Wend muss sich morgens auch nach allem parteiinternem Hickhack noch im Spiegel anschauen können. Das fällt mir nach dieser Entscheidung der Fraktion schwer und ich bitte alle die, die mir Ihre Stimme gegeben haben, um Nachsicht.

Der neue SPD-Fraktionsvorsitzende Eric Eigendorf: „Ich habe den Kommentar zur Kenntnis genommen.“ (Foto: xkn/Archiv)

Der neue Fraktionsvorsitzende Eric Eigendorf hatte gehofft, dass sich die Wogen nach der Kampfabstimmung noch einmal glätten lassen. „Ich habe den Kommentar zur Kenntnis genommen. Das Wichtigste ist jetzt, dass wir miteinander reden und nicht übereinander“, sagte Eigendorf am Dienstag zur Städtischen Zeitung, allerdings bevor Wends Konsequenz bekannt wurde. Das Ergebnis der Kommunalwahl und der damit einhergehende Verlust von fünf Sitzen schmerze die SPD noch immer, so Eigendorf weiter. „Umso mehr wird es darauf ankommen, dass wir zusammenstehen und jeder seine Expertise zum Wohle der Stadt in die Ratsarbeit einbringt“, so Eigendorf. Am Abend war diese Sicht teilweise obsolet. Mit Wends Austritt wird die SPD-Fraktion nun weiter auf nur noch fünf Mitglieder schrumpfen.

Eigendorf, offensichtlich um Schadensbegrenzung bemüht, wollte Anwürfe Wends gegen ihn persönlich nicht weiter kommentieren. Wend hatte die interne Idee öffentlich gemacht, wonach der Fraktionsvorsitz zwischen Eigendorf und ihm zeitlich geteilt werden könnte und damit nach zweieinhalb Jahren zwischen beiden Kontrahenten wechseln würde:

Dem hatte ich zugestimmt und die Fraktion gebeten, mir die erste Hälfte zuzugestehen. Ich hatte wiederholt gesagt, dass es wohl meine letzte Legislatur sein würde. (Es ist nicht meine Absicht bis zum Tattergreisdasein dem Stadtrat anzugehören. Wie es manche anstreben …) Daher hätte es Sinn gemacht zu beginnen. Genosse Eigendorf hätte in Ruhe sein Studium beenden können, in 2,5 Jahren reibungslos übernommen, um dann mit voller Kraft seinen politischen Karriereambitionen zu frönen. Ich habe Ihn ausdrücklich darum gebeten, mir dies nach meinem bisherigen Einsatz für die SPD-Fraktion zuzugestehen. Aber das sah er anders, und seine Unterstützer bestanden darauf abzustimmen, wer die 1. Hälfte macht. Da habe ich nun verloren und bin offen zugegeben verletzt und im “beleidigte Leberwurscht Modus”.

Mit Eigendorfs Wahl vollzieht die SPD auch einen Generationswechsel. Der 27-Jährige beerbt nach fünf Jahren im Stadtrat den langjährigen Fraktionschef Johannes Krause, der der SPD-Fraktion in Zukunft weiter als einfacher Stadtrat angehören wird.

Wend, 55 Jahre alt, bekannter Kinderarzt an der Poliklinik Reil und seit zehn Jahren im Stadtrat, ist in der Vergangenheit immer wieder in der SPD angeeckt und mit weiterreichenden Ambitionen mehrfach gescheitert. Als Vorsitzender des wichtigen und in der Sacharbeit zwar unspektakulären aber trotzdem einflussreichen Jugendhilfeausschusses war er jedoch in den letzten fünf Jahren auch eines der wichtigsten Gesichter der kommunalen SPD. Wend ist bekannt für zugespitzte eigene Meinungen und scheut keine Kontroverse. In der SPD gilt er als Vertreter des linken Flügels. Zuletzt hatte er aber für seine Haltung im halleschen Theaterstreit, als er im TOO-Aufsichtsrat zu einem der Gegenspieler von Opernintendant Florian Lutz wurde, jenseits der SPD auch viel Unverständnis geerntet. Ob und wie es mit Wend in der SPD – unabhängig von seinem Austritt aus der Stadtratsfraktion – weitergeht, blieb am Dienstag zunächst offen.

Anmerkung: Wir haben den Beitrag mit neuen Informationen aktualisiert.

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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

Dieser Fraktion ist garnichts mehr peinlich, das ist wahrlich peinlich. Dies ist das Anstimmen des eigenen Abgesangs. Toll, Genossen! Der Situation wirklich angemessen.