In eigener Sache: StäZ-Autor weiter von Strafverfolgung bedroht

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Ein StäZ-Autor ist von Innenminister Holger Stahlknecht wegen Verleumdung angezeigt worden, für die Städtische Zeitung eine Einschränkung der Pressefreiheit. (Foto: Manuel Schönfeld/AdobeStock)

Halle/StäZ – Gegen den Autor der Städtischen Zeitung Jan Möbius wird offenbar weiter strafrechtlich ermittelt. Grund ist die von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) im Zuge des Streits mit der Städtischen Zeitung um einen Artikel zur Wunschinski-Affäre in Teutschenthal gegen Möbius eingereichte Strafanzeige wegen Verleumdung. Die Staatsanwaltschaft Halle will dem von den Ermittlungen Betroffenen derzeit zudem keine Akteneinsicht gewähren.

Die Städtische Zeitung verurteilt die geheimen Ermittlungen gegen ihren Autoren scharf: „Einen Journalisten, der nach bestem Wissen und Gewissen arbeitet, mit dem Staatsanwalt unter Druck zu setzen, ist ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit“, so der leitende StäZ-Redakteur Felix Knothe. „Herr Stahlknecht hat die Anzeige gegen Jan Möbius als Innenminister und damit als Mitglied der Landesregierung erstattet und hält sie aufrecht. Sie entbehrt der Grundlage und sollte umgehend zurückgezogen werden. Ich fordere Ministerpräsident Reiner Haseloff auf, dem strafrechtlichen Vorgehen von Innenminister Stahlknecht gegen Jan Möbius Einhalt zu gebieten. Und ich fordere alle die Landesregierung tragenden Parteien auf, sich kritisch damit auseinanderzusetzen, wie Herr Stahlknecht auch in ihrem Namen gegen einen unabhängigen Journalisten vorgeht.“

Stahlknecht war nach dem Erscheinen eines StäZ-Artikels zur Wunschinski-Affäre in Teutschenthal am 27. Februar mit drastischen Maßnahmen gegen die StäZ und gegen den Autoren Jan Möbius vorgegangen, sowohl zivilrechtlich als auch mittels Strafanzeige gegen den Autoren des Beitrags. Die Städtische Zeitung hatte kurz danach eine Gegendarstellung Stahlknechts veröffentlicht – der übliche und in den Mediengesetzen vorgesehene Weg. Nach einem Zivilrechtsstreit vor dem Landgericht Magdeburg, bei dem die Städtische Zeitung unterlegen war, hatte die Redaktion den betreffenden Beitrag zudem zurückgezogen. Das Gericht war der Argumentation Stahlknechts gefolgt, wonach in dem Beitrag nicht zutreffende Tatsachenbehauptungen aufgestellt worden seien. Die StäZ akzeptiert das Urteil und verzichtet auf die letztinstanzliche Klärung in dieser Frage. Dennoch drohen nun hohe Gerichts- und Anwaltskosten.

„Damit nicht genug: Die strafrechtlichen Ermittlungen stehen nun aber noch auf einem anderen Blatt“, so Knothe. Verleumdung ist die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen „wider besseres Wissen“, also absichtlich, vorsätzlich. „Davon kann in diesem Fall keine Rede sein“, so Felix Knothe. „Jan Möbius hat unabhängig recherchiert. Die Recherchen zur Wunschinski-Affäre in Teutschenthal waren und sind richtig und wichtig. Fehler in der Berichterstattung können dabei trotz aller Sorgfalt nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden. Wenn sie passieren, gibt es niedrigschwellige Wege, sie auszuräumen. Die Strafverfolgung von Journalisten ist in der freiheitlichen Demokratie dagegen der falsche Weg.“

Die Staatsanwaltschaft Halle hat zwischenzeitlich einen Antrag auf Akteneinsicht des betroffenen StäZ-Autoren mit der Begründung abgelehnt, dass nicht auszuschließen sei, dass durch die Akteneinsicht der Untersuchungszweck gefährdet sei. Für Jan Möbius wie auch für die Städtische Zeitung ist damit völlig unklar, welchen Umfang und welches Ausmaß die Ermittlungen haben und worauf sich der Anfangsverdacht stützt. „Ich möchte daher vorsorglich darauf hinweisen, dass die Freiheit der Medien ein grundgesetzlich garantiertes Recht ist, dass Journalisten also Grundrechtsträger sind“, so Felix Knothe. „Dazu gehört auch das Redaktionsgeheimnis und der Schutz von Quellen. Schon allein, dass wir derzeit nicht einschätzen können, inwieweit diese Güter von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bedroht oder schon korrumpiert sind, ist eine Einschränkung dieser Freiheit.“

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