Landeskriminalamt übernimmt Fall Wunschinski

Gegen den Bürgermeister von Teutschenthal häufen sich immer mehr Verfahren auf, die den Rathauschef eigentlich an der Ausübung seiner Amtsgeschäfte hindern müssten. Doch vor allem die Kommunalaufsicht des Saalekreises liefert keine Ergebnisse. Das könnte an einer schützenden Partei-Hand liegen, befürchtet der Gemeinderatsvorsitzende.

0
[ds_preview]

Enges Verhältnis zwischen Bürgermeister und Kita-Leiterin

Die Kita-Leiterin soll nur 35 Stunden in anderthalb Jahren in ihren Einrichtungen in Angersdorf (Foto) und Langenbogen gewesen sein. (Foto: Jan Möbius)
Die Kita-Leiterin soll nur 35 Stunden in anderthalb Jahren in ihren Einrichtungen in Angersdorf (Foto) und Langenbogen gewesen sein. (Foto: Jan Möbius)

Im Fall Wunschinski sind die Aufsichts- und Ermittlungsbehörden, so heißt es bei einigen im Ort hinter vorgehaltener Hand, weniger forsch. Das jüngste Kapitel in dessen Akte schreibt derzeit auch die Staatsanwaltschaft Halle. Die jüngste Strafanzeige gegen ihn war von Erzieherinnen der Kitas in den Teutschenthaler Ortsteilen Angersdorf und Langenbogen Ende Dezember erstattet worden und richtet sich sowohl gegen die Leiterin der beiden Kindereinrichtungen als auch gegen ihren Vorgesetzten Wunschinski. Der Vorwurf: Die Pädagogin soll in anderthalb Jahren nur über einen Zeitraum von 35 Stunden an ihren beiden Arbeitsplätzen gewesen sein.

Gegenüber der Städtischen Zeitung begründete die Leiterin das mit genehmigter Heimarbeit im Rahmen der Planungen zur 24-Stunden-Kita in Angersdorf und mit einer umfangreichen Weiterbildung. Innerhalb der Gemeindeverwaltung gibt es jedoch erhebliche Zweifel an dieser Darstellung. Nach StäZ-Informationen soll es keine schriftliche Vereinbarung zum sogenannten Homeoffice geben, eine Absprache dazu mit dem Personalrat fehle ebenso wie eine Übereinkunft darüber, wie der dienstliche Laptop der Erzieherin im privaten Umfeld genutzt oder verwahrt werden muss.  Auf dem Gerät sollen sich Daten zur Einschätzung von Kindern befinden. Für Zeiten, in denen sich die Kita-Leiterin bei ihren Kolleginnen krank gemeldet habe, könne sie zudem keine Bescheinigungen von behandelnden Ärzten vorlegen, geht schließlich aus der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Halle hervor, die der StäZ vorliegt.

In diesem Steackhaus sollen Bürgermeister Ralf Wunschinski und eine Kita-Chefin gemeinsam gekellnert haben, heißt es in einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Halle. (Foto: Jan Möbius)
In diesem Steakhaus in Angersdorf sollen Bürgermeister Ralf Wunschinski und eine Kita-Chefin gemeinsam gekellnert haben, heißt es in einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Halle. Die Pädagogin sei nach eigenen Worten Gesellschafterin des Lokals. (Foto: Jan Möbius)

Das Schreiben, das die Ermittlungsbehörde in Halle laut Oberstaatsanwältin Heike Geyer zum Anlass nimmt, eine strafrechtliche Relevanz zu prüfen, ist anonym verfasst, was die Untersuchungen freilich nicht einfach macht. Es ist aber erkennbar, dass die Absender aus dem Kollegenkreis der Kita-Leiterin kommen. Als Grund für die Anonymität wird in der Anzeige ein pikantes Detail geäußert, das in Teutschenthal aber schon seit Monaten für Gespräche sorgt. Wunschinski und der Kita-Leiterin wird eine sehr private Nähe nachgesagt. „Auf dem Bad Lauchstädter Weihnachtsmarkt wurden sie Hand in Hand gesehen“, heißt es in der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. In einer Angersdorfer Gaststätte, an der die Kita-Chefin nach eigenen Aussagen gegenüber der StäZ als Gesellschafterin beteiligt ist, sollen beide gemeinsam Gäste bedient haben. „Eine Vertraulichkeit war offensichtlich,“ so der Wortlaut der Anzeige.

Schützte Bürgermeister seine Vertraute vor Entlassung?

Die Anzeigenerstatter aus dem Kollegenkreis der Pädagogin haben wegen eigener  Beobachtungen und wohl auch wegen Anmerkungen von Eltern zu einer möglichen Beziehung zwischen der 39-Jährigen und ihrem Chef gegenüber der Ermittlungsbehörde Bedenken geäußert, dass Wunschinski die Aufklärung des im Raum stehenden Arbeitszeitbetrugs verhindern könnte. „Er ist doch aber durch seine persönliche Nähe zu der Frau auch involviert und dürfte an der Klärung und der Verfolgung der Tat gar nicht teilnehmen“, so der Passus im Anzeigentext. Tatsächlich soll der Bürgermeister nach Informationen der Städtischen Zeitung innerhalb seiner Verwaltung nicht untätig gewesen sein, nachdem ihm die Vorwürfe gegen die Kita-Leiterin bekannt wurden. Zwar hatte die internen Untersuchungen Rathaus-Vize Teresa Kübler übernommen, die sich offenbar direkt in den beiden Kindertagesstätten umgehört und Protokolle über Aussagen von Erzieherinnen zur Anwesenheit ihrer Chefin hat anfertigen lassen. Wunschinski soll aber zeitgleich versucht haben, die inzwischen in die Wege geleitete fristlose Kündigung der Kita-Chefin zu verhindern.

Im Teutschenthaler Rathaus rumort es gewaltig. Warum hat die Verwaltung ihren Bürgermeister nicht von den Alleingängen im Zusammenhang mit Bau einer neuen Kita bewarnt? (Foto: Jan Möbius)
Im Teutschenthaler Rathaus rumort es seit Monaten gewaltig. Jetzt wollte die Stellvertreterin von Bürgermeister Wunschinski offenbar Fakten schaffen und eine Kündigung über seinen Kopf hinweg durchsetzen. (Foto: Jan Möbius/Archiv)

Dabei habe der Rathauschef eine wichtige Frist für seine Unterschrift verstreichen lassen und zudem seine Stellvertreterin Kübler schriftlich angewiesen, die Kündigung nicht auszusprechen, heißt es. Die Hauptamtschefin soll nach StäZ-Informationen zuvor angekündigt haben, die Kündigung auch ohne die Unterschrift von Wunschinski über dessen Kopf hinweg durchzusetzen. Zwischenzeitlich hatte selbst das Integrationsamt des Saalekreises für diesen Schritt grünes Licht gegeben. Der Behörde steht ein Mitspracherecht zu, weil die von ihren Kollegen belastete Erzieherin durch eine Erkrankung einen besonderen Kündigungsschutz genießt. Tatsächlich hat der Arbeitsvertrag der Pädagogin mit der Gemeinde Teutschenthal, die inzwischen von einer Anwältin vertreten wird, bis heute Bestand.

Im Gemeinderat ist eine mutmaßliche Beziehung zwischen Wunschinski und seiner Angestellten schon seit Monaten Thema. In der Debatte um den ehemaligen Bauamtsleiter, der vom Bürgermeister eingestellt wurde, obwohl der Mann die nötigen Nachweise über ein Ingenieursstudium nicht nachweisen konnte, kochte das Thema zum ersten Mal richtig hoch. Der Mitarbeiter, der inzwischen erfolgreich gegen seine Entlassung geklagt hatte, ist der Bruder der Kita-Chefin. Wunschinski bestreitet bis heute, seinen ehemaligen Bauamtsleiter vor dessen Einstellung gekannt und ihm so eine Bevorzugung im Bewerbungsverfahren gegeben zu haben. Auch eine mutmaßliche Beziehung zur Schwester des Mannes, der in die Kritik geratenen Kita-Leiterin, weist der Bürgermeister von sich – wie auch die Frau ein Verhältnis mit ihrem Chef bestreitet. Beide geben an, sich zwar privat gut zu kennen. Ein intimes Verhältnis habe es aber nie gegeben.

Dennoch hat die Debatte um das vermeintliche Paar auch vor dem Gemeinderatsvorsitzenden Scholz nicht Halt gemacht. Der sagte, ohne auf ihm möglicherweise bekannte Details einzugehen, dass es grundsätzlich Privatsache sei, mit wem der Bürgermeister seine Zeit verbringt. „Mit wem er Händchen hält, kann uns als Rat egal sein.“ Scholz räumte aber zugleich ein, dass ein Verhältnis mit einer Gemeindeangestellten ein sensibles Thema sei. „Grundsätzlich kann man ja dazu stehen. Nur muss man dann auch die Karten auf den Tisch legen, um die jetzt geführten Debatten etwa um eine mögliche Einflussnahme zu vermeiden“, so Scholz gegenüber der Städtischen Zeitung.

5 1 vote
Article Rating
Subscribe
Benachrichtigen Sie mich zu:
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments