Disziplinarverfahren: Bürgermeister von Teutschenthal teilt gegen Kommunalaufsicht aus

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Hinter den Türen der Gemeindeverwaltung von Teutschenthal macht sich Unsicherheit breit. Offen ist, wie es dort beruflich mit Bürgermeister Ralf Wunschinski weitergeht. Gegen ihn wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. (Foto: Jan Möbius)

Teutschenthal/StäZ – Teutschenthals Bürgermeister Ralf Wunschinski (CDU) will sich gegen das von der Kommunalaufsicht des Saalekreises gegen ihn vor wenigen Tagen eingeleitete Disziplinarverfahren zur Wehr setzen. Er habe dazu eine Anwältin für Verwaltungsrecht beauftragt, sagte der Rathauschef gegenüber der Städtischen Zeitung.  Der Gemeinderat von Teutschenthal wirft dem ehemaligen Landtagsabgeordneten mehrere Dienstvergehen vor und hatte im Juli vom Landkreis das Disziplinarverfahren gefordert. Zum konkreten Inhalt wollte sich Kreissprecherin Kerstin Küpperbusch nicht äußern. Wunschinski bestätigte jedoch StäZ-Informationen, wonach ihm von der Kommunalaufsicht auf elf Seiten vor allem mehrfaches Handeln am Gemeinderat vorbei und ein angerichteter finanzieller Schaden in sechsstelliger Höhe vorgeworfen wird. Von einer Amtsenthebung wisse er aber nichts, sagte der Verwaltungschef. Am Montag werde er nach einwöchigem Urlaub wie gewohnt seinen Dienst antreten.[ds_preview]

Konkrete Kita-Planung an Gemeinderat vorbei

Kern des Disziplinarverfahrens sind nach den von Wunschinski bestätigten StäZ-Informationen vor allem die Vorgänge um das Projekt „Kita 24“. Dabei kommt die Kommunalaufsicht zu der vorläufigen Auffassung, dass Wunschinski für die Gemeinde einen Mindestschaden von rund 200.000 Euro verursacht haben soll. Der Bürgermeister hatte demnach vom Gemeinderat im vergangenen Jahr zwar den Auftrag erhalten, für den Bau der 24-Stunden-Kita ein geeignetes Grundstück zu finden. Wunschinski, so der Vorwurf im Disziplinarverfahren, soll aber gleich die komplette Planung beauftragt und die Ingenieurbüros bezahlen lassen haben. Der Gemeinderat sei nicht involviert, das Geld in Teutschenthals Haushalten 2017 und 2018 nicht eingestellt gewesen. Darüber hinaus prüft die Kommunalaufsicht nach StäZ-Informationen, ob nicht auch Anträge auf über- und außerplanmäßige Ausgaben im Zusammenhang mit der „Kita 24“ hätten vom Gemeinderat abgesegnet werden müssen.

„Ich werde ganz normal zur Arbeit erscheinen.“
Ralf Wunschinski
Bürgermeister TEutschenthal

Das Disziplinarverfahren soll zudem erhellen, welche Rolle Wunschinski bei der Einstellung von drei Mitarbeitern hatte und ob deren Arbeitsverträge rechtskräftig sind. Besonders interessiert sich die Kommunalaufsicht offenbar dafür, ob dem Personalrat die gesetzlich vorgeschriebene Zeit für eine Stellungnahme eingeräumt wurde. Zudem macht die Behörde den Rathauschef offenbar persönlich dafür verantwortlich, dass der frühere Bauamtsleiter der Gemeinde ohne jegliches Zeugnis oder einen Nachweis, der ihn als Bauingenieur ausweist, eingestellt wurde. Der Schaden, der der Gemeinde durch die umstrittenen Personalentscheidungen entstanden sein könnte, wurde aber noch nicht beziffert.

Das könnte auch noch eine ganze Weile dauern. Kreissprecherin Küpperbusch sagte zur StäZ, dass zur Aufklärung nun die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen seien. „Es sind die belastenden, die entlastenden und die Umstände zu ermitteln, die für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme bedeutsam sind“, so Küpperbusch. Damit wurde nach StäZ-Informationen eine gesonderte Mitarbeiterin der Kommunalaufsicht beauftragt.

Von zunächst 18 stehen noch fünf Vorwürfe im Raum

Wunschinski kündigte indes an, sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Anschuldigungen zur Wehr zu setzen. „Ich kann nachweisen, dass ich die Aufträge zur ‚Kita 24‘ nicht erteilt habe. Keins der Dokumente trägt meine Unterschrift, sondern die einer bereits aus dem Dienst ausgeschiedenen Mitarbeiterin“, sagte der Bürgermeister. An den Sitzungen der für das Projekt durch ihn einberufenen Arbeitsgruppe habe er nie teilgenommen, so Wunschinski. Das würden entsprechende Protokolle belegen. Er habe zudem alle von der Kommunalaufsicht angeforderten Unterlagen zugearbeitet. „Immerhin sind ja nun von den vormals 18 nur noch fünf Vorwürfe übrig geblieben“, so Wunschinski.

Bürgermeister: Verfahren wird in Magdeburg politisch befeuert

Der Bürgermeister teilt zeitgleich aus. „Die Kommunalaufsicht versucht mit dem Verfahren, eigene Fehler zu vertuschen.“ Von den zur Debatte stehenden Einstellungen habe die Behörde über ein Jahr gewusst, bevor die Personalien genauer untersucht wurden. „Ich hätte erwartet, dass ich von einer Aufsicht auf mögliche Fehler aufmerksam gemacht werde. Das ist aber nicht passiert, und jetzt soll davon abgelenkt werden“, vermutet Wunschinski. Noch dazu werde das Verfahren gegen Teutschenthals Bürgermeister aus dessen Sicht politisch befeuert. „In Magdeburg wird über den Innenausschuss des Landtags der Druck auf die Kommunalaufsicht immer wieder erhöht.“

Zusammenarbeit mit Gemeinderäten: Maulkorberlass in der Verwaltung

Auswirkungen aus dem Verfahren sehe Wunschinski für seine persönlichen Dienstabläufe nicht. „Ich werde ganz normal zur Arbeit erscheinen. Eine Beurlaubung ist mir nicht bekannt.“ Wunschinski sehe auch keinen Grund, von sich aus die Amtsgeschäfte ruhen zu lassen. Auch ein Rücktritt vom Amt des Bürgermeisters komme nicht infrage. Gleichwohl kündigte er aber für den Fall, dass es doch zu einer Dienstenthebung kommt, Konsequenzen an. „Dann platzt eine Bombe“, sagte der Bürgermeister mit Verweis auf die ihm vorliegenden Unterlagen.

Das Disziplinarverfahren habe indes Konsequenzen auf die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. „Bisher haben wir die Erteilung von Auskünften der Verwaltung an die Räte recht großzügig gehandhabt. Damit ist es erst einmal vorbei. Wir arbeiten ab sofort streng nach der Kommunalverfassung.“ Soll heißen: Alle Bitten um Auskünfte oder Akteneinsicht müssen künftig vom Bürgermeister genehmigt werden. „Wir tragen damit dem Umstand Rechnung, dass hier einige Abgeordnete die Rolle des Gemeinderates als Dienstherr des Bürgermeisters mit der Chefrolle in der Verwaltung verwechselt haben. Es wurden sich da Dinge angemaßt, denen ich jetzt Einhalt gebiete“, kündigte Wunschinski an.

Die Suche nach einer undichten Stelle, einem Maulwurf im Gemeinderat, setze er auch unter dem Eindruck des Disziplinarverfahrens fort. „Ich habe gegen Namen, die immer wieder im Internet aufgetaucht sind, Anzeige wegen Geheimnisverrats erstattet“, sagte Wunschinski. Er wisse zwar, dass die Namen ausgedacht seien. Dennoch habe er inzwischen einen konkreten Verdacht, wer Informationen aus nicht-öffentlichen Ratssitzungen nach außen gibt.

Staatsanwaltschaft wartet auf Zuarbeit von Kommunalaufsicht

Die Ergebnisse der Untersuchungen im Disziplinarverfahren der Kommunalaufsicht dürften auch für die Staatsanwaltschaft in Halle von Interesse sein. Der Gemeinderat hatte im Zusammenhang mit dem Projekt „Kita 24“ Strafanzeige gegen Wunschinski wegen des Verdachts auf Untreue erstattet. Doch seit Juli dieses Jahres gibt es keine konkreten Ermittlungen, wie Behördenchefin Heike Geyer auf StäZ-Nachfrage mitteilte. Für die Entscheidung, konkrete Untersuchungen einzuleiten, müsse ein Anfangsverdacht bestehen. „Dazu werden aber noch einige Informationen benötigt“, sagte Geyer. Weil es sich dabei um Vorgänge in der Gemeindeverwaltung  handele, habe man die Kommunalaufsicht um die entsprechenden Zuarbeiten gebeten. Die würden bisher noch nicht vorliegen.

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