Teutschenthal: Bürgermeister bezahlt Planer eigenmächtig aus Gemeindekasse

In Halles Nachbargemeinde muss Bürgermeister Ralf Wunschinski erklären, warum er 200.000 Euro für Planleistungen an ein Ingenieurbüro hat überweisen lassen.

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Im Teutschenthaler Rathaus rumort es gewaltig. Schlitterte Bürgermeister Wunschinski ahnungslos in die Kita-Affäre, weil ihn zu wenige vor Alleingängen gewarnt haben? (Foto: Jan Möbius)

Halle/Teutschenthal/StäZ – Allen Warnungen von Gemeinderäten zum Trotz hat  Teutschenthals Bürgermeisters Ralf Wunschinski (CDU) für die Vorplanungen zum Bau einer neuen Kita rund 200.000 Euro an die von ihm im Alleingang beauftragten Firmen vom Gemeindekonto überweisen lassen. Das und damit inzwischen verbundene Prüfungen übergeordneter Behörden bestätigte Saalekreis-Sprecherin Kerstin Küpperbusch auf Nachfrage der Städtischen Zeitung. Wunschinski hatte die Planungen zum Bau einer 24-Stunden-Kita für 80 Kinder im Ortsteil Angersdorf an eine Firma vergeben, obwohl er dazu keinen Auftrag vom Gemeinderat hatte und die Leistungen nicht öffentlich ausgeschrieben worden waren. Das wäre angesichts der veranschlagten Bausumme von rund 3,8 Millionen Euro aber zwingend erforderlich gewesen. Die jetzt an die Planer ausgezahlte Summe taucht zudem nicht im Haushalt von Teutschenthal für 2018 auf.

Hat sich Wunschinski mit der Überweisung des Geldes nun der Untreue strafbar gemacht? Unter Gemeinderäten wird die Frage jedenfalls diskutiert; letztlich wird ihr im Zweifel aber wohl die Staatsanwaltschaft nachgehen müssen. Ob und in welcher Höhe der Gemeinde westlich von Halle inzwischen ein Schaden durch Wunschinskis Vorgehen im Zusammenhang mit dem Kita-Projekt entstanden ist, das prüft jetzt erst einmal die Kommunalaufsicht.[ds_preview]

Bürgermeister wird nicht aus Verwaltung gewarnt

Die Planungen für die neue Kita in Angersdorf sind derart konkret, dass nach Meinung von außenstehenden Ingenieuren damit ein Bauantrag gestellt werden könnte. (Quelle: Gemeinde Teutschenthal)
Die Planungen für die neue Kita in Angersdorf sind derart konkret, dass nach Meinung von außenstehenden Ingenieuren damit ein Bauantrag gestellt werden könnte. (Quelle: Gemeinde Teutschenthal)

Der Kita-Bau steht von Anbeginn unter keinem guten Stern. Zwar hatte sich der Teutschenthaler Gemeinderat im März 2017 in einem Grundsatzbeschluss mehrheitlich für das Projekt ausgesprochen und dem Bürgermeister den Auftrag erteilt, nach einem passenden Grundstück Ausschau zu halten. Doch damit begann auch schon das Dilemma. Denn Wunschinski fand nicht nur das Grundstück, sondern beauftragte auch gleich eine Firma mit den Vorplanungen. Darüber informierte er aber den Gemeinderat nicht, der zunächst hätte darüber abstimmen müssen. Die erforderliche öffentliche Ausschreibung wurde ebenfalls weggelassen. Offenbar hielt es, wenn schon nicht der Bürgermeister selbst die Notwendigkeit erkannte, auch niemand aus Wunschinskis engerem Zirkel für wichtig, darauf hinzuweisen. Eigene Unwissenheit oder Kalkül?

Wunschinski wählt Ingenieurbüro gezielt aus vorgelegter Liste aus

Unterdessen machte sich das von Wunschinski beauftragte Unternehmen aus Langenbogen (Gemeinde Teutschenthal) an die Arbeit und legte Anfang Dezember so weit ausgereifte  Planunterlagen vor, die nach Ansicht von Bauexperten als Vorstufe zum Bauantrag anzusehen sind. Der Geschäftsführer des Ingenieurbüros wollte sich auf StäZ-Nachfrage nicht dazu äußern, ob er sich denn nicht gewundert habe, als seine Firma einen derartigen Auftrag ohne vorherige Ausschreibung bekam. Auch die Frage, warum ausgerechnet das Unternehmen aus Langenbogen ausgewählt wurde, wollte der Firmenchef nicht kommentieren. Die Planungsleistungen haben laut den der StäZ vorliegenden Unterlagen einen Gesamtwert von mehr als 600.000 Euro. Die 200.000 Euro, die Wunschinski nun in der letzten Juniwoche überweisen ließ, waren also so etwas wie die erste Rate.

Damit häufen sich die Ungereimtheiten rund um die Vergabe der Planleistungen weiter. Nach StäZ-Informationen hatte die zwischenzeitlich in den Ruhestand gegangene Bauamtsleiterin im Frühjahr 2017 Wunschinski nach dem Ratsbeschluss auf dessen Wunsch hin eine Liste mit mehreren in Frage kommenden Unternehmen vorlegt, nicht jedoch, ohne auf die nötige Ausschreibung hinzuweisen. Doch der Rathauschef habe sich konkret und ohne Zögern für das Ingenieurbüro aus Langenbogen entschieden und für eine Beauftragung ohne Ausschreibung. Wuschinski stellte den Vorgang vor zweieinhalb Wochen auf StäZ-Nachfrage zwar als Fehler dar: „Wir waren in der Verwaltung zunächst davon ausgegangen, dass die Ausschreibungsgrenze bei der Vorplanung nicht überschritten wird. Ich selbst stecke nicht so in der Materie und hätte das vor meiner Unterschrift also genauer hinterfragen müssen.“ Doch das Wissen um inzwischen aufgetretenen Probleme hinderte den Bürgermeister und Ex-Landtagsabgeordneten trotzdem nicht, ohne Auftrag das Planungsbüro zu bezahlen.

Rathauschef äußert sich nicht zu Verträgen und Summen

Warum er jetzt 200.000 Euro und damit Geld, das er gar nicht über den Haushalt der Gemeinde zur Verfügung hatte, auszahlen ließ, das wollte Wunschinski auf StäZ-Nachfrage aber nicht näher erläutern. Seine Pressesprecherin ließ er erklären, dass „wir aus Gründen des Datenschutzes keinerlei Zahlen oder Details zu Vereinbarungen, die Dritte betreffen bzw. personenbezogene Daten an die Öffentlichkeit geben dürfen. Gerade als Behörde unterliegen wir hier einer besonderen Sorgfaltspflicht“. Trotz aller bisherigen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Projekt „Kita 24“ bei der Vergabe von Aufträgen und deren Bezahlung „arbeiten wir hier in der Gemeinde weiter mit Hochdruck an einer tadellosen Realisierung“.

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