Standesamt: Terminpflicht jetzt auch für Neugeborene

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Halle/StäZ – Was bereits seit einiger Zeit für Hallenser, die ihren Pass verlängern wollen, Usus ist, gilt jetzt auch für die Allerkleinsten: Bisher konnten frischgebackene Eltern einfach spontan ein paar Tage nach der Geburt ihres Kindes ins Rathaus gehen, um die Geburtsurkunde zu beantragen. Stattdessen empfängt die Geburtenstelle des Standesamtes sie ab sofort nur noch mit Termin. Der muss online oder per Telefon vereinbart werden, und es kann bis zu zwei Wochen dauern, bis man einen bekommt. Die Stadt erhofft sich durch die Terminabsprache „eine Kanalisierung der Termine auf alle Werktage und die Vermeidung beziehungsweise Verkürzung von Wartezeiten“, so Stadtsprecher Drago Bock auf StäZ-Anfrage. Vor allem für Eltern, die ihre Kinder nicht stationär in Kliniken zur Welt bringen, bedeutet die Neuregelung jedoch zusätzlichen Aufwand, und das kurz nach der Geburt des Kindes.[ds_preview]

Terminmaske des Standesamts (Screenshot: StäZ)

Die Neuregelung betrifft vor allem Eltern, deren Kinder außerklinisch oder ambulant zur Welt gekommen sind, wenn also die Entbindung zu Hause oder im Geburtshaus stattgefunden hat oder die Eltern nach einer Geburt im Krankenhaus gleich wieder nach Hause gehen können. Sie müssen dann selbst beim Standesamt vorsprechen und die Geburt anzeigen beziehungsweise die Geburtsurkunde beantragen. Für die Anzeige gilt eine Frist von einer Woche. Die Geburtsurkunde kann auch später noch beantragt und abgeholt werden. Nicht betroffen sind laut Stadt Eltern, die den in den Krankenhäusern angebotenen Service in Anspruch nehmen, Geburtsanzeige und Geburtsurkundenantrag direkt im Krankenhaus vorzunehmen.

Kritik von Hebammen

Auch viele Hebammen übernehmen den ersten Verwaltungsakt für ihre Patientinnen und melden die Kinder im Namen der Eltern beim Standesamt an. Trotzdem müssen die Eltern danach noch einmal extra zum Amt. Maria Käubler-Bohley schätzt die neue Regelung als nun noch zusätzliche Belastung für frischgebackene Eltern ein. Die Leiterin der Hebammenpraxis und des Geburtshauses „Bauchgefühl“ am Hansering sagt: „Ich halte die Terminpflicht beim Standesamt für außerklinische Geburten für problematisch.“ Die Abholung der Urkunde sei oft ein zusätzlicher Stressfaktor, da die Eltern manchmal sogar bis zu drei Wochen auf einen Termin warten müssten. „Gleichzeitig brauchen sie die Geburtsurkunde aber auch schon für andere Behördengänge, wie zum Beispiel für die Krankenkasse, das Elterngeld oder für den Arbeitgeber.“ Die Hebamme schätzt die Zahl der ambulanten oder außerklinischen Geburten auf rund 100 im Jahr in Halle. Für diese geringe Zahl schätzt sie die lange Terminwartezeit und den Aufwand, der nun entsteht, als übertrieben ein: „Ich finde bei hundert Eltern im Jahr könnte man schon kulanzmäßig sagen, sie sollen einfach spontan an der Tür klopfen und warten.“

Bisher konnte man spontan vorbeikommen und am Automaten im Standesamt eine Nummer ziehen. (Foto: xkn)

So war es bisher auch. An einem Automaten konnten spontane Besucher, die das Standesamt im ersten Stock des Ratshofs besuchten, eine Wartenummer ziehen, und saßen wenig später beim Standesbeamten am Schreibtisch. „Das hat dann oft der Vater gemacht“, sagt Käubler-Bohley. „Das war nicht unbedingt schön“,  aber es sei insgesamt schneller gegangen, als online einen Termin vereinbaren zu müssen. Am Montag betrug die Wartezeit für den frühestmöglich buchbaren Termin genau zwei Wochen. In Einzelfällen kann es aber auch schneller gehen.

Unklar ist, ob die Stadt mit der Terminvergabe auch die Sprechzeiten ausweitet. Einerseits teilte sie auf Anfrage mit, sie strebe eine „Kanalisierung der Termine auf alle Werktage“ an. Andererseits sagte Stadtsprecher Drago Bock, man werde die bisherigen Öffnungszeiten der Geburtenstelle beibehalten. Die umfassen jedoch bisher nur drei Tage: Montag, Dienstag und Donnerstag. Eine verpflichtende Terminabsprache hatte die Stadtverwaltung zuvor schon in den Bürgerservicestellen eingeführt. Nun wird die Regelung auf die Geburtenstelle des Standesamtes ausgeweitet.

Hinweis zur Umstellung der Terminvergabe im Standesamt in mehreren Sprachen. (Foto: xkn)

Die Digitalisierung bleibt jedoch zunächst auf die Terminvergabe selbst beschränkt. Alle Behördengänge im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes digital zu erledigen, scheidet laut Rechtslage bisher aus. Die benötigten Unterlagen müssten im Original vorgelegt werden, so der Leiter des Standesamts Maik Becker. Im Detail handele es sich dabei um die unterschriebene Geburtenanzeige, die Geburtsurkunde der Mutter beziehungsweise der Eltern, eine Eheurkunde, sofern die Eltern verheiratet sind, und die gültigen Ausweisdokumente der Eltern.

Keine Veränderung in Geburtskliniken

Für die meisten Eltern bleibt dennoch alles beim Alten. Am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara beispielsweise, der größten Geburtenklinik Sachsen-Anhalts, haben Eltern nach wie vor die Möglichkeit, innerhalb von drei Tagen nach der Entbindung bei einer zuständigen Mitarbeiterin des Krankenhauses ihr Kind anzumelden, erläutert Sprecher Jan-Stephan Schweda. Die Unterlagen würden dann per Kurier an das Standesamt geschickt. Sei die Geburtsurkunde fertig, schicke das Standesamt sie am nächsten Werktag zurück ins Krankenhaus. Dort könnten die Eltern die Urkunde dann abholen. Für Eltern, die außerhalb von Halle wohnen, bietet das Krankenhaus außerdem die Möglichkeit an, die Urkunde per Einschreiben zuzuschicken.

Termine bei der Geburtenstelle des Standesamts können telefonisch unter der Rufnummer 115 (aus dem Stadtgebiet Halle), unter 0345 221–0 oder über ein Online-Formular der Stadt vereinbart werden.

Lesen Sie zum Thema auch einen Kommentar von Carla Moritz.

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