Gemeinderat in Teutschenthal tagt ohne Verwaltungsspitze

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Halle/Teutschenthal/StäZ – Mit Spannung wird in Teutschenthal auf die Sondersitzung des Gemeinderates am Dienstag geblickt. Der muss darüber beraten, ob sich Bürgermeister Ralf Wunschinski (CDU) möglicher Pflichtverletzungen im Amt schuldig gemacht hat. Die Kommunalaufsicht des Saalekreises hatte den Räten dazu einen vom Innenministerium Mitte Juni dieses Jahres abgeforderten Bericht vorgelegt. Der Inhalt des 15-Punkte-Papiers, das neben Personalfragen auch die Finanzierung der Feuerwehren und den Bau einer neuen Kita im Ortsteil Angersdorf thematisiert, soll vom Gemeinderat disziplinarrechtlich bewertet werden. Noch dazu liegt dem Plenum eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Wunschinski  im Zusammenhang mit dem Kita-Projekt vor. Dem Gemeinderat kommt aber laut der neuer Rechtslage nur noch eine beratende Funktion zu. Für Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister ist seit 1. Juli 2018 die Kommunalaufsicht zuständig.[ds_preview]

Rathauschef Wunschinski: „Ich bin mir keiner Schuld bewusst.“

Auch zum Fall des Teutschenthaler Bauamtsleiters hat die Kommunalaufsicht Fragen. (Foto: Jan Möbius)

Das Papier der Behörde stößt bei Rathauschef Wunschinski auf Ablehnung. Alles, was im Lauf seiner bisher anderthalbjährigen Amtszeit entschieden wurde, sei aus rechtlicher Sicht in Ordnung und würde einer Prüfung jederzeit standhalten. „Ich kann zu jedem einzelnen Punkt eine Erklärung abgeben. Aus meiner Sicht gibt es nichts zu beanstanden. Ich bin mir keiner Schuld bewusst“, sagte Wunschinski gegenüber der StäZ. Zudem habe er der Kommunalaufsicht alle angeforderten Unterlagen zukommen lassen. Die Kreisverwaltung hatte moniert, dass zu wichtigen Beschlüssen und Vorhaben Unterlagen nicht aus Teutschenthal nach Merseburg geschickt wurden. „Wir haben alles abgearbeitet, was gefordert war“, kontert Wunschinski.

Und auch das Geld für das von ihm im Alleingang beauftrage Planungsbüro, das den Entwurf für das Projekt „Kita 24“ gefertigt hat, habe der Bürgermeister aus seiner Sicht auszahlen lassen dürfen. „Es gab dafür einen Haushaltsposten über 150.000 Euro im Etat 2017“, sagte er zur StäZ. Das Vorhaben wurde erst im März 2017 konkret, denn zu diesem Zeitpunkt wurde der Grundsatzbeschluss des Gemeinderates gefasst. Der Haushalt 2017, eingebracht noch von Wunschinskis Vorgänger André Herzog, war da bereits beschlossen.

Ein StäZ-Faktencheck hat zudem ergeben: Der Haushaltsposten, auf den Wunschinski sich bezieht, trägt den Titel „Kita0002 Umbau und Verbesserung“. 2017 waren in der Tat 150.000 Euro für Baumaßnahmen in der Kita Angersdorf eingestellt, auszahlbar 2017. Hinzu kamen 950.000 Euro, auszahlbar 2018. Im Haushalt 2018 jedoch sind alle diesen Haushaltsposten betreffenden Ausgaben für 2018 auf Null gesetzt. Der letzte Haushalt ist maßgeblich. Dort wird erst wieder für 2019 eine Auszahlung von 1,5 Millionen Euro avisiert – sofern der Gemeinderat sie auch in den Haushalt für das kommende Jahr einstellt.

Wunschinski zeigt sich trotz der Unstimmigkeiten bei den Planungen zum Kita-Bau weiterhin verwundert darüber, dass sich aus seiner Sicht „plötzlich die Ereignisse in Teutschenthal förmlich überschlagen“ und die Kommunalaufsicht mit Nachdruck auf eine Stellungnahme des Gemeinderates dränge. Dessen Vorsitzender Günter Scholz hatte gegenüber der StäZ eine Sondersitzung zunächst ebenfalls ausgeschlossen, musste aber nun offenbar doch dem Wunsch der Kreisveraltung nach Aufklärung nachgeben. Und dabei machte er Nägel mit Köpfen: Wunschinski und seine beiden Stellvertreterinnen wurden zur Sitzung am Dienstag gar nicht erst eingeladen. Ob das rechtmäßig ist, darüber ist sich ein Teil der Gemeinderäte bisher selbst nicht schlüssig. Denn der Bürgermeister hat, zumindest bei ihn nicht direkt betreffenden Angelegenheiten, Stimmrecht aufgrund seines Amtes. Und er sagt: „Ich hätte mich natürlich nicht vor den Frage gedrückt und wäre zur Sitzung trotz meines Urlaubs erschienen.“ Sollte es nötig werden, sei er „jederzeit erreichbar“ und könne „per Telefon zugeschaltet werden“.

Neu-Einstellungen durch Gemeinde werden von Kreisverwaltung überprüft

Im Fokus der Kommunalaufsicht stehen auch mehrere Neueinstellungen, die nach dem Amtsantritt Wunschinskis stattgefunden haben. Fragen hat die Behörde noch immer zur Einstellung eines Mitarbeiters im Bauamt, der nur kurze Zeit später von Wunschinski zu dessen kommissarischem Leiter ernannt wurde. Im Zuge der Affäre um im Büro der Personalsachbearbeiterin der Gemeindeverwaltung aufgetauchte Überwachungskameras kam auch durch StäZ-Recherchen ans Licht (ebenfalls Teil des 15-Punkte-Papiers), dass der Mann nicht über die notwendige Ausbildung als Bauingenieur verfügte. Das soll er aber im Vorstellungsgespräch verschwiegen haben, sei jedoch trotzdem auf Betreiben von Wunschinski eingestellt worden. Lediglich einige Erfahrungen im Baugewerbe wurden dem späteren Bauamtsleiter bei seiner Einstellung angerechnet, die er, so heißt es im Schreiben der Kommunalaufsicht, über Referenzen erst nach mehrfacher Aufforderung nachweisen konnte. Die Kommunalaufsicht prüft ihrem Bericht nach Magdeburg zufolge nicht nur die Einstellung selbst, sondern weiterhin auch, ob Wunschinski bei der Übertragung der kommissarischen Leitung an den Bauamtsmitarbeiter seine Befugnisse überschritten hatte. Der Mitarbeiter selbst wurde inzwischen entlassen. Er streitet dagegen vor dem Arbeitsgericht.

Selbst vor dem erst im vergangenen Jahr eingestellten Feuerwehrchef macht die Kommunalaufsicht nicht Halt. Grundsätzlich, so heißt es im 15-Punkte Papier, hätte der eigentlich ehrenamtliche Gemeindewehrleiter auf eine Stelle im Ordnungsamt eingestellt werden können, da Wunschinski dafür die entsprechende Pesonalhoheit hat. Doch wegen der Höhe der Besoldung hätte der Hauptausschuss des Gemeinderates dem zustimmen müssen. Das aber ist nicht passiert. Offen ist für die Kommunalaufsicht offenbar noch immer, ob der Beschluss inzwischen, wie von Wunschinski angekündigt, nachgeholt worden ist.

Lässt Ex-Kita-Chefin per Vollstreckung Gemeinde-Konten dicht machen?

Wunschinski musste zu weiteren Punkten Stellung beziehen, die schon einige Zeit zurückliegen. Dabei geht es unter anderem um eine Beschwerde gegen den Rathauschef wegen angeblich erfundener Stellen und dem Personalrat verweigerte Einsichtnahme in den Stellenplan der Verwaltung. Auch die Kündigung einer unter Eltern umstrittenen Kita-Leiterin wird in dem Bericht nach Magdeburg erneut thematisiert. Die Gemeinde hatte laut Wunschinski ein Gerichtsverfahren verloren und müsste eigentlich die Erzieherin weiter beschäftigen. Doch dem kommt Wunschinski derzeit nicht nach, weil nach seiner Darstellung gegenüber der Kommunalaufsicht alle Kolleginnen der Frau angedroht hätten, sich bei deren Rückkehr sofort versetzen zu lassen. Weil die Erzieherin aber seit November hätte beschäftigt und damit auch bezahlt werden müssen, droht der Anwalt der Frau nach StäZ-Informationen nun damit, per Zwangsvollstreckung die Konten der Gemeinde dicht zu machen. Denn Gehalt habe die Frau bisher trotz des Sieges vor Gericht nicht bekommen.

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