Umstrittene Stellenvergabe: Bürgermeister von Teutschenthal spricht über Vorwürfe

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In Teutschenthal steht Bürgermeister Ralf Wunschinski (CDU) mit dem Rücken zur Wand. In der Affäre um einen von ihm mutmaßlich an geltenden Vorschriften des öffentlichen Dienstes vorbei eingestellten Verwaltungsmitarbeiter gibt es gegen den Rathauschef und seinen derzeit kommissarisch eingesetzten Bauamtsleiter Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft und der Polizei in Halle. Untreue und Einstellungsbetrug sind die Tatbestände, denen die Beamten nachgehen. Bisher hatte sich Wunschinski öffentlich nicht zu den Vorwürfen geäußert – vor allem aus Gründen des Datenschutzes, wie er am Samstag sagte. Gegenüber der Städtischen Zeitung brach der Bürgermeister nun erstmals und exklusiv sein Schweigen – auch mit Blick auf ein ihm vom Gemeinderat bis Montag gestelltes Ultimatum. [ds_preview]

Gemeinderat setzt Bürgermeister Frist bis Montag

Rathaus Teutschenthal (Foto: Jan Möbius)

Er sehe dem Montag ruhig entgegen, sagte Wunschinski zur StäZ. Das scheint jedoch verwunderlich. Geht es nämlich nach dem Gemeinderat in Teuschenthal, wäre das der letzte Arbeitstag von Bauamtsleiter Timo G. oder zumindest der Tag, an dem er von Wunschinski erfahren soll, dass es für ihn nach Einschätzung des Gemeinderates  keinen Platz mehr in der Verwaltung der 13.380 Einwohner zählenden Einheitsgemeinde westlich von Halle gebe. „Wir haben unmissverständlich gefordert, die Personalie G. unverzüglich, spätestens jedoch bis Montag, zu klären. Da sind sich alle Fraktionsvorsitzenden einig. Die Ausschreibung ist offenbar nicht sauber gelaufen“, sagte Ratsvorsitzender Günter Scholz gegenüber der StäZ.

Fehler bei der Einstellung des momentan kommissarisch arbeitenden Bauamtsleiters habe er nicht gemacht, kontert Bürgermeister Wunschinski und sagt weiter, er habe auf Empfehlung seiner Personalsachbarbeiter gehandelt. „Da musste ich und muss ich Vertrauen haben, was die rechtlichen Zusammenhänge mit Entscheidungen über Stellenbesetzungen angeht“, sagt der Rathauschef. Sein, nach dem freiwilligen Ausscheiden der bisherigen Bauamtschefin aus der Verwaltung, momentan kommissarisch tätige Amtsleiter war in die Kritik geraten, weil er sich im Mai 2017 auf eine befristete Sachbearbeiterstelle im Bauamt beworben hatte, obwohl ihm der dafür geforderte Abschluss als Bauingenieur fehlt.

Wunschinski wusste von fehlendem Ingenieurs-Diplom 

Wunschinski: „Das wussten wir auch. Die Personalsachbearbeiterin hat mich darauf hingewiesen und ich habe gesagt, dass eine Einstellung von Herrn G. so nicht möglich ist.“ Jener Sachbearbeiter der Gemeinde, der für die Arbeitsplatzbeschreibungen zuständig ist, habe aber eine Möglichkeit gefunden, mit der Timo G. trotz fehlender Abschlüsse letztendlich dennoch den Zuschlag für die Stelle im Bauamt bekommen hat. „Die Referenzen reichten, um eine gewisse Erfahrungsstufe anrechnen zu können. Demnach hat Herr G. vor seinem Dienstantritt in Teutschenthal leitend an großen Projekten mitgewirkt, die einer  Tätigkeit als Ingenieur gleichzusetzen sind“, so Wunschinski. Tatsächlich ergibt sich aus verwaltungsinternen Unterlagen, die der StäZ vorliegen, dass es einen Aktenvermerk auf die Behandlung von G. als „andere Bewerber“ gegeben haben soll – also jemanden, der ohne erforderlichen Abschluss aber aufgrund entsprechender Erfahrungen eingestellt werden könnte. Die beiden daran beteiligten Mitarbeiter für Personalangelegenheiten gerieten nach dem Fund von Überwachungskameras im Rathaus Ende 2017 in den Fokus der sogenannten „Spitzelaffäre von Teutschenthal“.

Abrechnung mit bisheriger Bauamtsleitung

Umstritten ist die Einstellung von G. auch, weil ihm freundschaftliche Beziehungen zu zu  Wunschinski nachgesagt werden, der deshalb die Stelle schnell und unkompliziert besetzt habe. Doch auch gegen diese Behauptung tritt der Bürgermeister jetzt an: „Es gibt keine freundschaftlichen Beziehungen. Dass gegen Herrn G. geschossen wird, hängt mit etlichen Verflechtungen zusammen“, sagt das Gemeindeoberhaupt, der auch einen Grund für das Misstrauen gegen G. vermutet: „Er hat  erhebliche Fehler in der Arbeit des Bauamtes entdeckt. So wurden Projekte um das Doppelte teurer, weil ein völlig artfremdes Büro die Planungen gemacht hat.“ Er erwarte indes noch mehr Ungereimtheiten bei vergangenen Bauleistungen, so Wunschinski: „Wäre die Bauamtsleiterin nicht von selbst gegangen, hätte ich die Reißleine ziehen müssen. Wir stochern in einem Wespennest.“

Was wusste die Kommunalaufsicht?

Der Bürgermeister geht noch weiter und sieht selbst das Landesverwaltungsamt in der Pflicht. „Das jetzt angefochtene Einstellungsverfahren war dort seit Ende Juli 2017 bekannt, weil es durch einen örtlichen Politiker angezeigt wurde.“ Bis Ende vergangenen Jahres habe es dazu aber keine Reaktion aus der oberen Kommunalaufsicht gegeben. „Da war die Sache für mich als erledigt abgehakt“, sagt Wunschinski. Auf Nachfrage der StäZ sagte Saalekreis-Sprecherin Kerstin Küpperbusch, dass die Kommunalaufsichten des Landkreises und des Landes tatsächlich in diesem Fall in engem Austausch stünden. Untersuchungen aller Zusammenhänge würde schon die Brisanz des Falls gebieten. Ergebnisse gebe es aber bisher nicht.

Wunschinski: „Jetzt geht es offenbar um meinen Kopf.“

Indes scheint für den Gemeinderat der Fall klar zu sein. Vorsitzender Scholz machte gegen über der StäZ kein Hehl daraus, bereit für eine weitere Sondersitzung zu sein, in der es dann nicht mehr nur um die berufliche Zukunft des derzeitigen Bauamtsleiters gehen könnte. Ob Wunschinski ein Disziplinar- oder gar Abwahlverfahren drohen könnte, das ließ der 65-jährige Scholz, selbst lange Jahre Bürgermeister in Teutschenthal, zunächst offen. Das Ermittlungsverfahren gegen Wunschinski scheint der Gemeinderatsvorsitzende selbst mit in Gang gebracht zu haben: „Ich habe über das, was mir zu den Vorgängen bekannt war, der Kommunalaufsicht zugearbeitet und um Übergabe an die Staatsanwaltschaft gebeten.“ Wunschinski sieht sich wegen dieser Vorgänge nun im Zugzwang: „Hier geht es inzwischen nicht mehr nur um einen Sachbearbeiter der Verwaltung. Jetzt geht es offenbar um meinen Kopf.“

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U. Geiß
6 Jahre her

Unglaublich! Und langsam wird es verwirrend… 😉