„Planungspräzisierung“ oder Fehlplanung? Friedlaender-Aula wird 50 Prozent teurer

Für die Kostenexplosion am seit langem diskutierten Bauprojekt gab es am Dienstag im Bildungsausschuss ungewöhnlich heftige Kritik.

0
Die Fläche ist schon abgesteckt: Die Aula der Marguertite-Friedlaender-IGS soll auf dem Schulhof errichtet werden. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Die Aula der Marguerite-Friedlaender-Gesamtschule (ehemals 2. IGS) im halleschen Süden war schon fast alles, was ein kommunales Bauprojekt in Halle sein kann: Hoffnungsprojekt, politischer Zankapfel zwischen Stadtrat und Oberbürgermeister, Wahlkampfschlager. Nun ereilt sie auch noch ein weiteres Schicksal vieler öffentlicher Bauprojekte: Sie wird wesentlich teurer als geplant. Und zwar wesentlich, wesentlich teurer. Rund 50 Prozent mehr als ursprünglich veranschlagt soll der Neubau für die noch junge Schule an der Ingolstädter Straße in Halle-Süd kosten. Statt 2,07 Millionen Euro werden es nun 3,11 Millionen. Weitere Nachschläge sind nicht ausgeschlossen. Der Bildungsausschuss hat der Änderung zum Baubeschluss und damit den Mehrkosten am Dienstag bereits zugestimmt, unter großem Murren und nicht ohne deftige Kritik an der Stadtverwaltung. Von Planungsfehlern war die Rede. Die Stadtverwaltung spricht dagegen von „Planungspräzisierung“ und nannte mehrere konkrete Gründe für die Verteuerungen. Auch Finanzausschuss und Stadtrat müssen noch zustimmen. [ds_preview]

Baugrund verursacht Mehrkosten

Es war kein leichter Gang für Martin Heinz, den Chef der halleschen Liegenschaften, obwohl der Beamte seit langem darin geübt ist, schlechte Nachrichten schonend und vor allem entwaffnend monoton zu vermitteln. Dabei hilft ihm oft sein baden-württembergisch gefärbter Singsang, oft bedeutungsschwer eingeleitet mit den Worten: „Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, es verhält sich wie folgt…“. Dann erklärt er oft verklausuliert, was ihm von seinen Planern oder von externen Büros als „Sachstand“ mit in die Sitzung gegeben wurde. Als Stadtrat muss man da schon ganz genau hinhören, um noch Ansatzpunkte für Nachfragen zu haben. Und das taten die Räte am Dienstag. Denn 50 Prozent Teuerung bei einem Bauprojekt, obwohl noch kein einziger Spatenstich dafür erfolgt ist, das ist selbst für die an Bauprojekten reiche Stadt Halle nicht alltäglich.

Die Marguerite-Friedlaender-IGS ist in diesem Schuljahr in das Schulgebäude in der Ingolstädter Straße in Halle-Süd gezogen. (Foto: xkn)

Heinz führte aus, dass der ursprünglich im Juni 2019 vom Stadtrat gefasste Baubeschluss in mehreren Punkten schon wieder überarbeitet werden müsse. So müsse vor allem das Fundament der Aula, die auf dem jetzigen Schulhof entstehen soll, neu geplant werden. Es gebe neue Erkenntnisse zum Baugrund. So gebe es dort Aufschüttungen und Schichtenwasser, was bei der Vorplanung noch nicht bekannt gewesen sei. Zudem müsste nach Abstimmung mit den Stadtwerken neuerdings Regenrückhaltesysteme für die Aula mitgeplant werden. Die Klimaanlage müsse, statt wie ursprünglich geplant auf dem Dach, nun neben die Aula gesetzt werden. Zudem gebe es bisher unberücksichtigte Anforderungen zur Barrierefreiheit. Und dann seien noch die Baupreise am Markt derzeit so, dass sich der Bau insgesamt verteuern werde.

Den Reigen der Kritiker eröffnete dann Stadtrat Hendrik Lange (Linke): „Wer hat denn die Planungen gemacht? Und ist es normal, dass man sich in einer solchen Höhe verplant?“, fragte er. Die Fragen der Klimatisierung und der Barrierefreiheit hätten schon bei der Vorplanung auffallen müssen. Zumindest aber die höheren Baukosten hätte die Stadt umgehen können, wenn es nicht das lange Tauziehen zwischen Verwaltungsspitze und Rat über die Notwendigkeit des Baus gegeben hätte. „Aber ich bin froh, dass die Stadtspitze jetzt erkannt hat, wie wichtig der Bau ist. Wir sollten sie auf jeden Fall bauen, auch wenn es nun teurer ist“, so Lange. Auch andere Räte waren nachhaltig irritiert. FDP-Stadtrat Torsten Schaper fragte: „Warum können in der Vorplanung solche Fehler gemacht werden? Wozu gibt es Mitarbeiter in der Stadt, die das vorplanen?“ CDU-Stadtrat und Ausschussvorsitzender Andreas Schachtschneider fragte, ob solche Preissteigerungen nun zur Normalität würden.

Martin Heinz hatte seine liebe Mühe, die Fragen zu parieren. Er verwies unter anderem darauf, dass auch die Vorplanung nicht durch die Stadt selbst – auch nicht durch die sonst bei Schulprojekten oft involvierte Projektsteuerungsfirma Projectum durch Jens Rauschenbach –, sondern durch ein renommiertes Planungsbüro erstellt worden sei. Die Stadt habe dafür gar keine Kapazitäten. Es sei zudem äußerst schwierig, die derzeit üblichen Baukosten im Vorhinein exakt zu taxieren. Einige Nachfragen konnte er aber auch nicht beantworten, etwa die, warum eine teurere, aber dauerhaftere Keramikfassade zu einer Verteuerung führe, obwohl sie bereits im ersten Baubeschluss mit vorhanden war.

Liegenschaftschef gibt „Beamtenehrenwort“

Kritik kam auch von Elternvertretern. Stadtelternsprecher Thomas Senger sagte, beim Baubeschluss seinerzeit sei nie davon die Rede gewesen, dass es sich nur um eine vorläufige Planung gehandelt habe. Der Bildungsausschuss sei immer im Glauben gelassen worden, dass die Aula gebaut werden könne, wie geplant. IGS-Elternvertreter Ronny Wagner mutmaßte sogar, dass die Stadtverwaltung durch die Kostenexplosion „das ungeliebte Kind zum Scheitern bringen“ wolle. Durch die Kostendebatte bekomme die Aula in der Öffentlichkeit den Ruch der Geldverschwendung. Dabei werde sie dringend benötigt.

Daraufhin war selbst der eloquente Martin Heinz am Ende seiner Argumente und musste zum Äußersten greifen: „Ich gebe Ihnen mein Beamtenehrenwort, dass es rein fachliche Gesichtspunkte waren, die zur Verteuerung führen.“ Auch Bildungsbeigeordnete Katharina Brederlow sprang ihm bei: „Wir müssen so ehrlich sein und sagen, dass wir in der Verwaltung für die Bauplanung und ‑kontrolle zu wenig Stellen haben. Und selbst wenn wir sie hätten, finden wir nicht die nötigen Ingenieure. Die Verwaltung ist manchmal an ihren Grenzen. Und auch Fehler sind nicht ausgeschlossen. Dass es hier allerdings diese Größenordnung ist, ist ärgerlich.“

Am Ende fiel der Beschluss einstimmig. Torsten Schaper (FDP) und Andreas Wels (Hauptsache Halle) enthielten sich. Ausschlaggebend war am Ende auch die Informatione, dass die Kostenexplosion im Haushaltsentwurf der Stadt bereits eingepreist ist.

[bws_pdfprint display=„pdf,print“]
0 0 votes
Article Rating
Subscribe
Benachrichtigen Sie mich zu:
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments