Der musikalische Zauber der Sprache

In Bad Lauchstädt wurde die deutsche Sprache bereits zum zwölften Mal mit einem Festspiel gefeiert - diesmal auch mit viel Musik!

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Die „Besetzung des diesjährigen Festivals der Deutschen Sprache in Bad Lauchstädt (v.l.): Leopold Altenburg, Sibylle Canonica, Cornelia Froboess, Bernt Hahn, Thomas Stecher, Edda Moser und Friedrich Wilhelm Junge. (Foto: David Nuglisch)

Der Kern des Festspiels war aber auch in diesem Jahr wie immer die Lesung. Sie ist zu einem der Termine im Kulturkalender des Landes geworden, der nicht ohne den Ministerpräsidenten als Schirmherr, Eröffnungsredner und prominenten Gesprächsteilnehmer stattfindet. Was der Republik als Ganzer immer noch die Eröffnung der Bayreuther Festspiele ist, ist Sachsen-Anhalt das Festspiel der Deutschen Sprache geworden. Mit einer dem Land gut anstehenden Bescheidenheit zum Glanz, der aus der Geschichte kommt. In einem kleinen, bescheidenen Theater auf dem Lande. Einem Haus, das jedoch von Goethe persönlich vollendet und jahrelang geleitet wurde. Der Tradition bewusst, doch ohne das Gescheppere von Waffen.  Hier klirren höchsten (wie bei Hölderlin) die Fahnen der Worte, wenn die Texte ins Offene treten.

Ein Abend wie der jüngste mit ausgewählter Lyrik und Balladen, sowie Hugo von Hofmannsthals „Der Tor und der Tod“ ist heutzutage wie eine Kur für Gehör und Hirn.

Angetreten waren in diesmal Bernt Hahn (als Stammgast bereits zum sechsten Mal!), Sibylle Canonica und Cornelia Froboess, der Dresdner Theaterkahnkapitän Friedrich Wilhelm Junge, Thomas Stecher und Leopold Altenburg.  Der erste Teil ist gleichsam ein Liederabend der Worte. Anna Siegmund-Schultze (Regie) und Ilsedore Reinsberg (Dramaturgie und Stückfassung) haben einen Streifzug durch Leben, Tod, Natur und was sich damit zusammen denken und dichten lässt gefügt. Das verlangt konzentriertes Zuhören, entfaltet aber Dank der vorzüglichen Interpreten seine ganz eigene Wirkung. Mit eher Unbekanntem, etwas abseits des zu Schulzeiten erlernten Weges. Man hört die Goetheverehrung allemal durch, selbst wenn sie auf den Pfaden der Romantik wandeln. Hofmannsthal, Heine, Dehmel, Rilke.

Festival der Deutschen Sprache in Bad Lauchstädt, hier der Genscher-Saal. (Foto: David Nuglisch)

Und dann kam die Canonica mit  „Eine Fabel“ von Matthias Claudius an die Reihe, die aufhorchen lies. Da darf nämlich auf einmal im Tierreich jeder ohne Kontrolle sagen, was er will. Und was passiert? „Der schöne Spruch war kaum gesprochen, So war auch Deich und Damm gebrochen. Die klügern Widder schwiegen still, Laut aber wurden Frosch und Krokodil, Seekälber, Skorpionen, Füchse, Kreuzspinnen, Paviane, Lüchse, Kauz, Natter, Fledermaus und Star, Und Esel mit dem langen Ohr etc. etc.“ Ein Schelm, wer böses (bzw. ans Heute) dabei denkt.

Es gab auch einen richtigen Hit. Den steuerte Cornelia Froboess mit Fontanes „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ als halb gesungenes Minidramolett bei. Ihr Kollege Junge lieferte zum allgemeinen Vergnügen die Einwürfe des titelgebenden Adligen. Dass Fontanes Ballade „Ein Trauerspiel von Afghanistan“ mit den Worten endet: „Mit dreizehntausend der Zug begann, Einer kam heim aus Afghanistan“, sorgte für Momente für einen unvermutet eisigen Hauch Gegenwart an dem geschichtsbewussten Abend.

Nach der Pause dann die Begegnung des Todeskandidaten Claudio (Altenburg) mit dem Tod (Junge), seiner Mutter (Froboess), der Geliebten (Canonica) und einem Jugendfreund (Stecher). Eine Art „Jedermann“ im Kammerspielformat.

Genau das Richtige zum Nachdenken für den Weg rüber in den hinreißend herausgeputzten Prachtsaal im Kurpark zum nächtlichen Empfang und den Gesprächen danach.

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