OB-Kandidat Andreas Silbersack: König des Sommerlochs

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Entspannter Frühstart i m Straßenwahlkampf: FDP/CDU-OB-Kandidat Andreas Silbersack. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Als sich vor sieben Jahren, im Juli 2012, das politische Halle in die alljährliche Sommerpause verabschiedete, da waren die Messen schon gesungen. Bei der OB-Wahl hatte seinerzeit, am 15. Juli 2012, der Herausforderer des Establishments Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) im Stichwahlgang einen knappen Sieg über CDU-Kandidat Bernhard Bönisch errungen. Erst viereinhalb Monate später würde die Amtsübergabe von Vorgängerin Dagmar Szabados (SPD) sein – Zeit genug für die Öffentlichkeit, um für ein paar Wochen einmal nicht das kommunalpolitische Rad zu drehen und im Sommerloch zu verschwinden. 2019 aber ist anders. Der späte OB-Wahltermin in diesem Jahr, am 13. Oktober 2019, könnte auch die nachrichtliche Saure-Gurken-Zeit durchaus interessant für den OB-Wahlkampf machen. Und in der Tat nutzt ein Kandidat die in den Ferienwochen leichter zu generierende Aufmerksamkeit: Andreas Silbersack, Kandidat von FDP und CDU, schärft in diesen Wochen sein politisches und persönliches Profil. Er ist bisher der König des Sommerlochs.[ds_preview]

Videoüberwachung gegen Fahrraddiebstähle

Seit Juli veröffentlicht Silbersack eine Pressemitteilung nach der anderen. Keine Woche, in der nicht eine in die Redaktionsstuben flattert. Die Themen bewegen sich dabei konsequent entlang seiner drei zu Beginn seiner Kandidatur gesetzten Schwerpunkte: Ordnung und Sicherheit, Wirtschaft und Kinderarmut – und die Schwerpunktsetzung war doch zum Teil überraschend.

Ordnung und Sicherheit: Hier forderte Silbersack etwa eine bessere Prävention gegen Fahrraddiebstähle unter anderem durch mehr Videoüberwachung an ausgewählten Fahrradabstellplätzen und mehr Bike-Sharing-Angebote in der Stadt. Auch eine Radtour mit dem ADFC zu den fahrradpolitischen Brennpunkten der Stadt hat Silbersack zwischenzeitlich unternommen. Für kommende Woche hat er zudem Landesinnenminister Holger Stahlknecht eingeladen, um über Halles schlechtes Abschneiden in den Kriminalitätsrankings zu diskutieren.

Neustadt soll sich um Buga bewerben

Wirtschaft: Ende Juni warf er dem amtierenden Oberbürgermeister Bernd Wiegand in einer Sachfrage Scheinheiligkeit vor. Anlass war eine kurze Kontroverse um den aktuellen Werbenutzungsvertrag der Stadt mit der Firma Stroer, der es zum Beispiel Kneipen verbieten, eigene Aufsteller mit Werbung im Stadtbild aufzustellen. Silbersack wirbt zudem bei jeder Gelegenheit für eine bessere Vernetzung mit dem Saalekreis vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. Neuester Coup: Silbersack forderte via Mitteldeutsche Zeitung vom Sonnabend, dass sich Halle-Neustadt für die Ausrichtung der Bundesgartenschau bewerben solle. Frühestmöglicher Termin wäre 2025. Mit der Buga will Silbersack den Stadtteil, dessen Geschäftsgrundlage als Schlafstadt der Chemiearbeiter nach der Wende weggefallen sei, aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Vorbild sind erfolgreiche Gartenschau-Transformationsgeschichten, etwa aus Hamburg-Wilhelmsburg.

Einigen Widerhall produzierte der FDP-Mann auch mit seiner Forderung, das Thema Kinderarmut angesichts fortgesetzt schlechter bundesweiter Vergleichswerte für Halle zur Chefsache zu machen. Wenn er ins Amt gewählt werde, werde er einen Krisengipfel mit beteiligten Institutionen und Verbänden initiieren, um das Thema anzugehen.

Das ist für ein Sommerloch ein beachtliches Potpourri. Zwar löst Silbersack mit solchen Forderungen noch keine stadtweiten Debatten aus. Doch besetzt Silbersack als Kandidat erfolgreich Räume im politischen Diskurs. Wenn die anderen Kandidaten irgendwann anfangen, die Schlagzahl zu erhöhen, war Silbersack bei vielen Themen schon da, so wohl das Kalkül. Teil der Strategie dürfte auch sein, so einen Teil des gefühlten kommunalpolitischen Kompetenzrückstands gegenüber seinen ärgsten Konkurrenten – dem amtierenden Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) und Landtagspolitiker und Stadtrat Hendrik Lange (Linke) – in der Öffentlichkeit wettzumachen. Bislang geht das weitgehend auf, allerdings auch, weil es bisher noch zu keinem direkten Schlagabtausch der Kontrahenten gekommen ist. Wiegand und Lange haben Silbersacks Vorstöße bisher komplett ignoriert.

Auch persönlich versucht der Rechtsanwalt und Sportfunktionär sein Profil zu schärfen. Grundlinie: Silbersack, der waschechte Hallenser. Unter den bisher bekannten Kandidaten ist er der einzige, der in der Saalestadt geboren wurde. Auf Facebook stellte Silbersack im Sommerloch Stationen aus seiner Jugend vor, zum Beispiel die Schorre oder den inzwischen geschlossenen Jugendclub Ouluer in der Südstadt („legendäre Heavy-Metal-Konzerte“). Passend dazu auch ein großes Porträt, das Mitte Juli in der Magdeburger Volksstimme über Silbersack erschien. Thema war die Flucht Silbersacks aus der DDR 1989 und seine spätere Rückkehr in die Saalestadt. Ein ähnliches Porträt vom gleichen Autoren war bereits Monate zuvor in der Mitteldeutschen Zeitung erschienen.

Zu guter Letzt der Straßenwahlkampf. Am Sonnabend war Silbersack der erste der Kandidaten, der mit einem Wahlkampfstand auf dem Markt um Wählerstimmen buhlte. Wer ihn dabei beobachtete, konnte einen entspannten Mann sehen, der ein ums andere Mal in angeregte Gespräche mit den Hallensern ging und seine Ideen an den Mann oder die Frau brachte. Was der Frühstart im Sommerloch am Ende bringt, wird sich zeigen. Anders als im Sport, ist er im Wahlkampf aber nicht verboten.

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