Gefährdete Arbeiter auf der Globus-Baustelle? Gewerkschaft erhebt Vorwürfe

Auf der Großbaustelle an der Dieselstraße lagert kontaminierte Erde. Ob beim Umgang damit der Arbeitsschutz beachtet wird, ist derzeit umstritten.

Globusbaustelle am Donnerstag. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Die Firma Papenburg ist mit Vorwürfen konfrontiert, den Arbeitsschutz auf der Globus-Baustelle an der Dieselstraße nicht richtig einzuhalten. Die Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt (IG BAU) hat angekündigt, wegen mutmaßlicher Verstöße beim Umgang mit kontaminierter Erde die Aufsichtsbehörden einzuschalten. Auf der Baustelle würden die Standards des Arbeitsschutzes bei Baustellen mit kontaminierter Erde nicht eingehalten, so IB-BAU-Gewerkschaftssekretär Ralf Roßmann. Unklar ist, wieso die Behörden nicht von selbst tätig werden, sollten die Vorwürfe zutreffen. Denn laut Globus gibt es regelmäßige Kontrollen. Globus baut auf dem Gelände einen neuen Vollsortiment-Supermarkt.

Arbeiten mit möglicherweise kontaminierter Erde auf der Globus-Baustelle in der vorigen Woche. (Foto: Luca Schooß Neves)

Möglicherweise ist das Gelände aber stärker von DDR-Altlasten betroffen, als zuvor angenommen. Vor allem der südliche Teil der Baustelle soll stark kontaminiert sein, berichten Arbeiter. Von in großen Mengen versickertem Diesel und krebserregendem Benzol ist die Rede. Grenzwerte sollen teilweise erheblich überschritten worden sein. Überprüfen lassen sich diese Angaben bisher nicht. Papenburg verweist auf den Bauherrn Globus. Globus sieht alle Auflagen und gesetzlichen Bestimmungen bei der von vornherein bekannten und geplanten Altlastensanierung erfüllt. Das Landesamt für Umweltschutz verweist auf die Stadt als zuständige Kontrollbehörde. Die Stadt mauert und ließ eine Anfrage der Städtischen Zeitung mehrere Tage lang unbeantwortet. [ds_preview]

Der Ursprung der Altlasten liegt knapp 100 Jahre zurück, der Name Dieselstraße kommt nicht von ungefähr. 1923 entstand auf einem Teil des Geländes der Baustelle ein erstes Tanklager. Zu DDR-Zeiten befand sich dort dann der VEB Minol Kraft- und Schmierstoffe. In großen, teilweise im Boden verbauten Tanks wurden Kraftstoffe wie Benzin, Diesel und Heizöl für den Bedarf Halles gelagert und verteilt. Nach der Wende wurde das Gelände als Altlast eingestuft, da giftige und möglicherweise krebserregende Stoffe im Boden versickert waren.

Für die Sanierung des Bodens verantwortlich war die „Gesellschaft zur Entwicklung und Sanierung von Altstandorten mbH“ (GESA), ein Unternehmen im Besitz der Bundesrepublik Deutschland. Zu seinen Aufgaben gehören die Reinigung und Entwicklung ehemaliger Industrieanlagen. In der Dieselstraße erfolgte die Sanierung des Geländes in mehreren Schritten, wie aus alten Medienberichten hervorgeht. Zunächst wurden die alten Tanks und Gebäude abgerissen. Daraufhin wurde der verseuchte Boden abgetragen und gesondert gereinigt. Als letzter Schritt verlegte man 2011 ein sogenanntes Drainage-Rohrsystem, um das im Boden befindliche verseuchte Wasser abzufangen und zu säubern. Der damalige GESA-Geschäftsführer Klaus-Peter Pietras zeigte sich seinerzeit gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung optimistisch, das „Gelände jetzt zügig vermarkten zu können.“

Vor allem der Arbeitsschutz steht im Fokus. Baustellen mit kontaminierter Erde müssen unterteilt werden in einen sauberen und einen belasteten Bereich. Im Baujargon wird das als „Schwarz-Weiß-Prinzip“ bezeichnet. Jedoch hat eine solche Unterteilung auf der Globus-Baustelle offenbar zu Beginn der Bauarbeiten nicht stattgefunden. Fotos, die die Städtische Zeitung im März gemacht hat, zeigen keinerlei sichtbare Absperrungen oder Schutzmaßnahmen für die Arbeiter. Offenbar erst, nachdem sich Arbeiter beschwert hatten, wurde dann vor wenigen Wochen ein sogenannter Schwarz-Weiß-Container stationiert. Darin können sich die im kontaminierten Bereich eingesetzten Bauarbeiter umziehen und zur Toilette gehen.

Durch die Unterteilung in einen sauberen und einen belasteten Bereich, sollen möglichst wenige Schadstoffe weitergetragen werden. Zusätzlich müsste der kontaminierte Bereich streng als solcher markiert und vom Rest der Baustelle abgegrenzt sein, so die Gewerkschaft. Das ist bis heute in der Dieselstraße nicht der Fall. Nun will die Gewerkschaft Druck bei den Behörden machen. Die Globus-Baustelle war zuletzt sogar Thema im Papenburg-Betriebsrat. Wie die Städtische Zeitung erfuhr, waren die Arbeitnehmervertreter der Baufirma am Montag selbst vor Ort, um sich ein Bild der Lage zu machen. Auch die Gewerkschaft ist hellhörig. IG-BAU-Gewerkschaftssekretär Ralf Roßmann, der selbst nicht Mitglied des Papenburg-Betriebsrats ist, sagte gegenüber der Städtischen Zeitung: „Es geht um die Gesundheit der Kollegen. Ich werde das Gewebeaufsichtsamt informieren.“ Roßmann moniert auch, dass nur unregelmäßig Messungen nach gefährlichen Grenzwerten durchgeführt würden, die aussagen, ob und unter welchen Bedingungen gebaut werden darf.

Die unter anderem zuständige Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft wollte gegenüber der Städtischen Zeitung nur allgemein Stellung nehmen, verwies im konkreten Fall der Globus-Baustelle aber auf den Sozialdatenschutz. Im Allgemeinen bestünden aber bei Baustellen auf kontaminiertem Grund folgende Grundsätze: Anzeige der Arbeiten bei der Berufsgenossenschaft, Schutzmaßnahmen für und betriebsärtzliche Betreuung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, spezielle Arbeitspläne und Verfahrensanweisungen für die Baustelle. Auch führe man allgemein Kontrollen durch. Ob diese auf der Globus-Baustelle stattgefunden haben und ob sie zwischenzeitlich zu Verbesserungen beigetragen haben, bleibt offen.

Seit Anfang des Jahres baut Globus auf dem rund 90.000 Quadratmeter großen Gelände. Ausführendes Bauunternehmen ist Papenburg. Das Bauprojekt wurde kontrovers diskutiert. Konkurrenten von Globus hatten sich über die Pläne massiv beschwert. Befürchtet wird auch eine Schwächung des Einzelhandels in der Innenstadt. Erst Ende März gab der Stadtrat letztlich grünes Licht für die Ansiedlung. Im verabschiedeten Bebauungsplan sind die Altlasten auch vermerkt, die Altlastensanierung ist eines der dort festgelegten Ziele.

Fast 10.000 Quadratmeter Fläche soll der neue Globus-Markt an der Dieselstraße in Halle einnehmen. (Foto: Jan Möbius)
Fast 10.000 Quadratmeter Fläche soll der neue Globus-Markt an der Dieselstraße in Halle einnehmen. Das gesamte Areal ist knapp 90.000 Quadratmeter groß. (Foto: Globus/Archiv)

Dessen ist sich auch Globus bewusst. „Da Globus von Anfang an Kenntnis von der kontaminierten Fläche hatte, wurde die Belastung des Bodens bei der Bauplanung berücksichtigt und damit die fachgerechte Beseitigung der Altlasten in diesem Zusammenhang aufgenommen“, teilte René Klauer, Globus-Geschäftsführer in Halle auf StäZ-Anfrage mit. „Die zuständigen Umweltbehörden wurden über die Arbeiten ordnungsgemäß informiert. Auch unserem Bauunternehmen, der Günter Papenburg AG, waren die Informationen zur Altenlastenfläche im Vorfeld der Baumaßnahmen bekannt“, so Klauer. Globus habe die bei der Genehmigung der Baustelle erteilten behördlichen Auflagen vollumfänglich umgesetzt und sei den in der Baugenehmigung angezeigten Pflichten nachgekommen. Auch habe es im bisherigen Bauverlauf bei der regelmäßigen Kontrolle der Arbeitsschutzgrenzwerte keinerlei Unregelmäßigkeiten gegeben, so Klauer. Weder sei der Zeitplan der Baustelle in Gefahr, noch entstünden durch die Entsorgung der kontaminierten Erde Kosten, die über geplanten Kosten hinausgingen.

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Karoline Makosch
4 Jahre her

Wie kann die GESA das Gelände mit einer solchen Rest-Belastung hinterlassen? Da scheint das Problem ja schon vorhanden gewesen sein…