Die ersten Retter der Hafenstraße 7

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Diana Wille und Michael Eckhardt haben 2003 das Baudenkmal in der Hafenstraße 7 vor dem Abriss bewahrt. Sie finden gut, was seit der Besetzung 2016 aus dem Haus geworden ist. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Manchmal braucht es nur die Beharrlichkeit von zwei Personen und Ämter, die dann ihre Arbeit machen, um ein Baudenkmal zu retten. Zumindest vorläufig. Gelungen ist das vor 15 Jahren Diana Wille und Michael Eckhardt. Diesen beiden ist es wohl zu verdanken, dass das Gebäude der ersten halleschen Gasanstalt in der Hafenstraße 7 aus dem Jahr 1856, um das es seit der Besetzung des Hauses Anfang 2016 erbitterte Kontroversen gibt, überhaupt noch existiert. Der Städtischen Zeitung haben sie zum ersten Mal exklusiv ihre Version der Geschichte erzählt.[ds_preview]

Vor 15 Jahren, im Jahr 2003, so geht die Geschichte, war Diana Wille in der Hafenstraße spazieren, als sie mit einem alten Mann ins Gespräch kam, der auf dem Gelände gerade gärtnerte. Der Mann habe ihr von der Geschichte des Hauses erzählt, und dass es bereits einen Abrissantrag für das Haus gebe, weil die Besitzerin, die HWG, das Gelände verkaufen wolle. „Ich war total überrascht, denn ich hatte vorher nichts über die Geschichte des Hauses gewusst, und ich wusste auch nicht, dass sich auf dem Gelände noch die ursprünglichen Gasometer befanden“, erzählt Diana Wille heute.

Recherche im Alleingang

Die studierte Biologin interessierte sich für Baudenkmale und beschloss, sich der Sache anzunehmen. Sie ging zur unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt, die aber das Gebäude und seine Geschichte nicht kannte. Auch bei der oberen Denkmalschutzbehörde habe sie zunächst nur Schulterzucken geerntet, immerhin aber die wohlwollende Erlaubnis, selbst zu recherchieren und so möglicherweise mehr zu erfahren, was dazu führen könnte, die Hafenstraße 7 auf die Denkmalschutzliste zu setzen. Also ging sie ins Stadtarchiv und recherchierte. „Ich hatte Zeit, und im Stadtarchiv war alles da: Baupläne, Bauakten, Informationen zur Geschichte.“

Parallel dazu informierte sich Michael Eckhardt bei der HWG. Er gab sich als interessierter Käufer aus. Das war nicht groß geschwindelt, denn Wille und Eckhardt waren tatsächlich auf der Suche. Eckhardt und Wille nahmen an Führungen durch das Haus teil, die die HWG mit potenziellen Käufern durchführte. Bis heute heben sie das damalige Exposé zur Hafenstraße 7 auf. „VB 44.600,00 Euro“ steht dort drin für das 8000-Quadratmeter-Grundstück und die 388 Quadratmeter Wohnfläche im Haus. Zur Altlastenproblematik, die später in den Debatten immer wieder eine Rolle spielt, heißt es in dem Dokument, das Grundstück stehe im Altlastenkataster, weil noch drei Gasometer auf dem Gelände vorhanden seien. „Der Verkäufer übernimmt in diesem Zusammenhang keinerlei Gewähr für den Umfang der vorhandenen Altlasten und auch keinerlei Kosten für deren Beseitigung“, schrieb die HWG 2003. Von HWG-Mitarbeitern sei ihnen auch bestätigt worden, dass es einen Abrissantrag für das Gebäude gebe. Auch sei die Hafenstraße 7 bereits zur Auktion vorgesehen gewesen. Im Exposé steht davon jedoch nichts.

Michael Eckhardt informierte sich damals weiter, hörte sich um. „Ich habe damals von mehreren Seiten von großen Plänen gehört: Eine Idee war – von wem weiß ich nicht – das Gebäude und die Gasometer abzureißen und eine Art große Marina für Boote an die Elisbatehsaale zu bauen“, erinnert er sich. Der stille Saalearm schien perfekt dafür geeignet zu sein. Auf dem Gelände hätten dann, mögliche Kontamination hin oder her, Versorgungsgebäude und womöglich auch eine Gastronomie entstehen können. Doch daraus wurde nichts.

Denkmalschutz zerschlägt Verkaufspläne der HWG

Denn Diana Willes Recherchen hatten die Denkmalschutzbehörden schnell überzeugt, wie sie sich erinnert. „Innerhalb von ein paar Wochen war der Denkmalstatus da. Das muss Anfang 2004 gewesen sein.“ Damit hätte sich aber auch die Verkaufspläne der HWG zerschlagen, und die Pläne möglicher Investoren gleich mit.

„Ich glaube, wir sind damals einigen Leuten ganz schön auf die Füße getreten“, sagt Wille heute. „Die HWG war jedenfalls ’not amused‘.“ Doch ihren Einsatz für das Baudenkmal finden sie und Michael Eckhardt auch heute noch richtig, und auch die Debatte um die Hafenstraße 7 heute verfolgen sie gespannt. „Mich stört, dass in Halle ganz oft finanzielle Argumente über dem Gemeinwohl stehen“, sagt Diana Wille. „Um die Baudenkmale kümmern sich die Stadt und die Besitzer viel zu wenig“, sagt Eckhardt. „Sie bleiben so lange stehen, bis sie zusammenfallen.“ Beispiele gebe es viele.

Dass es mit der Hafenstraße 7 nicht so gelaufen sei, freut die frühere Retterin. Auch das, was die Aktivisten des alternativen Zentrums nach Jahren des Leerstands daraus gemacht haben, findet sie gut. „Vor Jahren war hier alles zugewuchert. Hier ist richtig viel passiert.“ Vor ein paar Wochen war sie das erste Mal seit Jahren wieder da und hat es sich angeschaut. „Wenn ich mir vorstelle, das wäre jetzt abgerissen und ein Yachthafen, dann wäre das wieder nur Luxus für ganz wenige, der der Masse der Menschen überhaupt nichts bringt.“ Mit dem Hasi-Zentrum gehe es der Hafenstraße 7 besser, ist Wille überzeugt.

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