Ein Jahr StäZ: Keine Zeit, um auszuruhen

Seit 20. Oktober 2017 gibt es die Städtische Zeitung. Über 860 Beiträge sind seither erschienen. Ein Moment um danke zu sagen und nach vor zu blicken.

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Das Team hinter der Städtischen Zeitung: StäZ-Journalist Jan Möbius und StäZ-Gründer Felix Knothe (Foto: StäZ)

Halle/StäZ – Am 20. Oktober 2017, also vor einem Jahr, ging mit einem Mausklick im Foyer des Mitteldeutschen Multimediazentrums (MMZ) in Halle die Städtische Zeitung online. Nach sechs Wochen Crowdfunding im Sommer davor und vielen weiteren Wochen technischer und organisatorischer Vorbereitungen hatte ich als Gründer dieses kleinen Startups damals vor Vertretern aus Politik und Gesellschaft und Unterstützern der StäZ die Homepage freigeschaltet. Ein kleines Buffet, ein paar Gläser Sekt, und dann begann die eigentliche Arbeit.

Tag für Tag, Woche für Woche gilt es seitdem, eine aktuelle, gut recherchierte und interessante Online-Lokalzeitung zu gestalten, die es nicht nur mit der großen Konkurrenz aufnimmt, sondern gleichzeitig auch die Hallenserinnen und Hallenser von einem für viele ungewohnten, aber dringend notwendigen Prinzip überzeugt: dass Journalismus einen Wert hat und dass er Leserinnen und Leser braucht, die ihn auch im Netz finanziell mittragen. Denn es war im Wesentlichen nicht das Papier, das man einst bezahlte, als man sich noch Papierzeitungen kaufte. Man bezahlte für das, was drin stand und man bezahlte diejenigen, die all das recherchiert, aufgeschrieben, gedruckt und ausgetragen hatten. Eine von Lesern finanzierte Online-Zeitung jedoch, das ist auch heute, ein Jahr später, eher die Ausnahme im deutschen Medienmarkt.

860 Beiträge in einem Jahr

Geburt per Mausklick: StäZ-Gründer Felix Knothe stellt am 20. Oktober 2017 im MMZ in Halle die Städtische Zeitung online. (Foto: jr/Archiv)

Nun nach einem Jahr gibt es keine Party. Wir feiern unseren ersten Geburtstag ohne viel Pomp, aber mit großer Dankbarkeit und viel Zuversicht in unser Projekt. Mit einem Jahr bekommt man als Mensch gewöhnlich die ersten richtigen Kinderschuhe. Und auch die Städtische Zeitung ist noch längst nicht den Kinderschuhen entwachsen. Jedoch kann sich unser erstes Jahr, wie ich finde, sehen lassen. Für unsere zahlenden Leserinnen und Leser sind seit Oktober 2017 rund 860 Beiträge erschienen, von einfachen Artikeln über Karikaturen, Kolumnen, Bilder des Tages, Haikus der Woche bis hin zu Kommentaren, Reportagen und Interviews. Die StäZ hat wichtige Themen angepackt – oft als erste oder gar einzige –, interessante Menschen porträtiert und das Stadtgeschehen begleitet. Und das für einen Abopreis von gerade einmal fünf Euro im Monat .

Im Journalistenjargon werden Artikel oft „Geschichten“ genannt. Das ist einerseits ein irreführendes Wort, weil man in unserem Beruf ja gerade nicht einfach Ausgedachtes aufschreibt, keine Fiktionen entwirft, sondern sich an Fakten hält, das tatsächliche Geschehen beobachtet und beschreibt. Andererseits steckt hinter dem Begriff nichtsdestotrotz ein tieferer Sinn. Das Erzählen von Geschichten ist seit jeher der Kitt, der Gesellschaften zusammenhält. Ob es die Erzählungen der Ahnen sind, die am Lagerfeuer mündlich überliefert wurden. Ob das Literatur, Philosophie, Religion oder Geschichtsschreibung sind, die in Büchern Generationen überdauern und gemeinsame Kultur begründen. Oder ob das eben heutzutage Artikel im Internet über das Tagesgeschehen in der Gesellschaft sind, die von professionellen Journalisten geschrieben und von vielen Menschen gelesen werden. Letzteres ist unser Metier, den Geschichten des aktuellen Lebens in unserer Stadt hinterherzujagen und sie wahrhaftig zu erzählen. Wahrhaftig, damit die Gesellschaft mit ihren vielen Facetten persönlicher Überzeugungen und Ideologien einen Grundstoff für ihre Debatten hat und nicht im Treibsand haltloser Gerüchte oder verdrehter und verschleierter Fakten versinkt.

StäZ-Gründer Felix Knothe erläutert am 20. Oktober 2017 im MMZ-Foyer die erste Startseite der Städtischen Zeitung. (Foto: jr/Archiv)

Oft wird darüber diskutiert, ob Journalisten neutral oder objektiv sein müssen, um diesen Anspruch zu erfüllen. Ob sie es überhaupt sein können, schließlich sind auch sie Menschen mit Neigungen und Überzeugungen. Und ihre Leserinnen und Leser sind es auch. Es gibt darauf keine einfache Antwort. Wir von der StäZ folgen dem Prinzip, uns von keiner Seite vereinnahmen zu lassen, skeptisch und kritisch zu bleiben und gleichzeitig den Menschen, mit denen wir arbeiten und über die wir berichten, und der Vielfalt der Überzeugungen gerecht zu werden. Maßgabe sind dabei natürlich die Würde und die Freiheit aller Menschen. Wir prüfen uns ständig selbst, inwieweit wir diesem Anspruch gerecht werden. Und trotzdem werden unsere Beiträge und die Auswahl unserer Themen immer auch von den vielfältigen Haltungen in unserer Redaktion geprägt sein.

StäZ-Team ist gewachsen

Und diese werden genau das: vielfältiger. Seit diesem Jahr ist, wie regelmäßige Leserinnen und Leser sicher bemerkt haben, das StäZ-Team gewachsen. Der hallesche Journalist Jan Möbius, früherer stellvertretender Lokalchef der Mitteldeutschen Zeitung, ist dauerhaft dazugestoßen, so dass die Arbeit und die Entwicklung der StäZ, wie von mir zu Beginn angekündigt, nicht länger Sache eines Ein-Mann-Betriebes ist. Auch in der Zukunft wollen wir die Redaktion ausbauen, um das Spektrum unserer Berichterstattung erweitern zu können. Wir wissen, dass wir noch nicht auf jedem Feld gut aufgestellt sind. Auch deshalb ist keine Zeit, sich auszuruhen.

Die Zahl unserer Abonnentinnen und Abonnenten ist seit dem erfolgreichen Crowdfunding im letzten Jahr kontinuierlich gestiegen. Inzwischen liegen wir, nach 190 Menschen, die uns seinerzeit im Crowdfunding unterstützt haben, bei rund 300 Abonnentinnen und Abonnenten. Hinzu kommen viele verkaufte Einmalzugänge. Die Zahl der Aufrufe unserer Internetseite, die uns anzeigt, wie breit die Städtische Zeitung im Netz wahrgenommen wird, liegt täglich im Schnitt zwischen 500 und 1500, in Spitzenzeiten bei breit gelesenen Artikeln auch mal weit darüber. Auch in den sozialen Medien werden wir immer stärker wahrgenommen: Beispielsweise über 1100 Facebook-Likes zeigen das.

Das mag noch wenig klingen. Aber die Entwicklung stimmt. Manche, auch wir, hatten sicherlich erwartet, dass sie schneller gehen würde. Andererseits haben wir auch außer über soziale Netzwerke und Mundpropaganda kaum Werbung für uns gemacht. Diese Bemühungen werden wir im zweiten Jahr wesentlich intensivieren. So starten wir in den kommenden Tagen eine große Flyer-Kampagne als ersten Schritt. Wir sind überzeugt, dass unser Modell Erfolg haben kann, wenn wir an Qualität und Vielfalt der Berichterstattung festhalten, sie weiter ausbauen und uns so von der Kostenloskonkurrenz im Netz abheben.

Neu: Förderabo für StäZ-Unterstützer

Wir wissen auch, dass es viele Hallenserinnen und Hallenser gibt, die schon von uns gehört haben, die Idee der StäZ auch gut finden, aber es noch nicht zu einem Abo geschafft haben. Diese und viele andere wollen wir in den kommenden Wochen und Monaten überzeugen, die StäZ zu abonnieren. Uns ermutigt der positive Zuspruch, den wir sehr oft erhalten. Eine besondere Möglichkeit, die StäZ über ein normales Abo hinaus zu unterstützen, ist seit wenigen Tagen außerdem das Förder-Abo, das wir neu aufgelegt haben. Überzeugte StäZ-Leserinnen und ‑Leser, die einen Extra-Beitrag zum Erhalt und zur Entwicklung der StäZ leisten wollen, können die StäZ dabei zum doppelten Preis (120,- Euro pro Jahr = 10 Euro pro Monat) abonnieren. Auch ein Upgrade bereits laufender Normalabos ist möglich. Wir werden in der Zukunft überlegen, wie wir Ihnen kleine Extra-Mehrwerte für Förder-Abonnent*innen bieten können.

Bleiben Sie uns als Leserinnen und Leser gewogen, gerne auch kritisch. Im Gegenzug versprechen wir Ihnen: Das zweite Jahr wird noch besser als das erste.

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