Ariane Matiakh: Musik mit französischem Akzent

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Ariane Matiakh wird neue Generalmusikdirektorin in Halle. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Halle bekommt erstmals und als eine von bisher nur wenigen deutschen Städten eine Generalmusikdirektorin. Die Französin Ariane Matiakh übernimmt das Amt ab der Spielzeit 2019/20. Sie wurde am Nachmittag auf einer Pressekonferenz im Ratshof vorgestellt. Die Dirigentin wird damit musikalische Leiterin der Staatskapelle Halle. Ihren ersten Auftritt gibt es, einem Zufall sei Dank, bereits am kommenden Sonntag und Montag im 1. Sinfoniekonzert der Staatskapelle. Matiakhs Ernennung ist Ergebnis eines internen Findungsprozesses der Bühnen Halle. Über ein Jahr lang hatte eine entsprechende Kommission getagt. Matiakh selbst sagte am Montag, sie wolle in Halle das traditionelle musikalische Erbe pflegen und entwickeln.[ds_preview]

Ariane Matiakh in Aktion, (Foto: Marco Borggreve/TOO)

Genau deshalb, und wegen ihres breit angelegten Œvres bereits in jungen Jahren – Matiakh ist Jahrgang 1980 – haben sich der Aufsichtsrat der Theater, Oper und Orchester GmbH und deren Geschäftsführer Stefan Rosinski letztlich für Matiakh entschieden, auch auf dringenden Wunsch der Musikermehrheit der Staatskapelle selbst. TOO-Aufsichtsratsvorsitzender und Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) sagte, Matiakh sei eine der vielseitigsten Dirigentinnen unserer Tage, „die nicht nur das Konzert‑, Opern- und Ballettrepertoire von der Klassik bis in die Gegenwart beherrscht, sondern auch die lange Tradition der Barockmusikpflege in der Händelstadt Halle fortführen und ganz sicher bereichern wird“.

Matiakh und die Staatskapelle kennen sich seit 2010, als die Französin das erste Mal ein Dirigat beim halleschen Orchester übernahm. Zwischen Orchester und der Dirigentin stimmte die Chemie offenbar von Anfang an, so sehr, dass Matiakh bereits bei der letzten GMD-Suche aus dem Orchester heraus angesprochen worden sei, wie Orchestervorstand Fabian Borggrefe am Montag erzählte. Damals habe sie noch lachend mit Verweis auf ihre persönliche Situation abgelehnt. „Aber wir haben gewartet und einige Jahre später weiter geworben, und unser Werben hat Gehör gefunden“, so Borggrefe.

Eine besondere Beziehung zur Staatskapelle: Oberbürgermeister Bernd Wiegand, GMD Ariane Matiakh, TOO-GEschäftsführer Stefan Rosinski und Orchestervorstand Fabian Borggrefe (v.l.) bei der Vorstellung der neuen Generalmusikdirektorin am Montag. (Foto: xkn)

Matiakh selbst pries die besondere Beziehung, die sie zur Staatskapelle habe. Zuletzt 2017 bei CD-Aufnahmen mit der Staatskapelle und Pianistin Ragna Schirmer mit Werken Clara Schumanns habe sie die Musiker „tief kennengelernt“. „Bei solchen Aufnahmen kann man wirklich beurteilen, ob es Sinn hat für sich als Dirigent, eine Arbeit [mit dem Orchester, d. Red.] anzufangen. Und das war wirklich eine révélation. Ich habe das Gefühl, dass ich hier arbeiten und sein kann, wie ich bin. Das ist angenehm.“

GMD Ariane Matiakh zur Frage, was sie am Engagement in Halle gereizt hat:

Eine révélation – Offenbarung – war für viele Zuhörer der Pressekonferenz auch der erfrischende Auftritt Matiakhs selbst. Die Französin sprach zugewandt, offen, authentisch – und sehr gut deutsch, mit den charmanten kleinen Rückfällen ins Französische. So sei Deutschland für sie auch deshalb der „natürliche“ Arbeitsort, weil man hier das gesamte musikalische Repertoire pflege. „Das ist auch meine prédilection.“ – Vorliebe.

Sie werde natürlich zur Pflege auch der besonderen Repertoiretraditionen der Staatskapelle – Händel! – beitragen, sagte Matiakh, wolle aber auch weitere Akzente setzen, „die Identität entwickeln“, wie sie es nannte, „um auch ein bisschen mehr außerhalb der Stadt und der Region zu strahlen.“ Tourneen und Einspielungen inklusive. Ein Anliegen sei ihr außerdem, das skandinavische Repertoire zu entwickeln. „Man hört viel zu selten Sibelius!“ Im Ganzen erwartet Halle nun Musik „mit französischem Akzent“, wie sie selbst scherzte.

Blumen von der Oper: Opern-Kapellmeister Michael Wendeberg übergibt Blumen im Namen der Kollegen. (Foto: xkn)

Ob es auch eine dezidiert weibliche musikalische Note ist, die mit Matiakh nach Jahrhunderten männlich dominierter Orchester auch in Halle einzieht, dazu wollten sich alle Beteiligten am Montag nicht konkret äußern. TOO-Geschäftsführer Stefan Rosinski erinnerte allerdings an die in der Musikgeschichte noch nicht allzu lange zurückliegenden Kontroversen allein um Musikerinnen in den renommiertesten Orchestern wie den Berliner und den Wiener Philharmonikern. Diese Zeiten seien zwar aus heutiger Sicht lange vorbei, „man wünschte sich aber eine Situation, in der das [die Frage nach einer weiblichen Dirgentin, d. Red.] gar keine Frage mehr ist“, so Rosinski. „Umso mehr können wir froh sein, dass Halle jetzt eine Dirigentin hat.“ Die Hauptperson selbst münzte die Frage – charmant ist charmant – in ein Lob der neuen musikalischen Wirkungsstätte um: „In Frankreich ist es viel schlimmer als in Deutschland.“ Dort gebe es keine einzige weibliche GMD: „Ich weiß nicht, was es für Deutschland bedeutet, aber für Frankreich bedeutet es viel. Die werden darüber sprechen und nachdenken.“

Für das hallesche Publikum kommt es übrigens unverhofft schnell zum ersten Aufeinandertreffen mit der neuen musikalischen Chefin. Ariane Matiakh wird bereits am kommenden Sonntag und Montag die beiden Sinfoniekonzerte der Staatskapelle dirigieren, darunter das Gedenkkonzert für den verstorbenen früheren Oberbürgermeister Klaus Peter Rauen am Montag. Der ursprünglich engagierte Nikolaj Znaider musste erkrankt absagen.

Anmerkung: Dieser Beitrag ist die erweiterte Fassung eines Beitrags vom 17. September 2019.

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