Ich bin ein Spießer – und das ist auch gut so.

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StäZ-Kolumnist Thomas Schied, Foto: Hannah Schied

Akropolis, adieu, ich muß geh’n.
Die weißen Rosen sind verblüht.
Was wird gescheh’n ?

Oops!… Ich habe es doch wieder getan. Ich bin in einen Verein eingetreten. Ich bin jetzt ein organisierter Kleingärtner, einer mit Gemüsebeet, Gartenhaus und Jägerzaun – zumindest nach vorne raus. Der letzte Sommer in der Stadt hat uns einfach den Rest gegeben. Wir haben nicht mal einen Balkon, dafür aber eine Wohnung, die nach drei Tagen den Widerstand gegen die Sommerhitze aufgegeben hat. Wir wären gern geflohen, wussten aber nicht wohin. Wenn man Kinder hat, kann man nicht jeden Abend im Biergarten sitzen oder nachts im Stadtpark schlafen. Da muss die Flucht vor dem glühenden Moloch geordnet vonstatten gehen. Das Vorhandensein eigener Kinder zwingt den Menschen geradezu, Ordnung in sein Leben zu bringen. Er scheitert dabei zwar gerade wegen des Vorhandenseins dieser Kinder immer wieder. Aber dieses Scheitern ist ein wichtiger Teil der Erziehung – vor allem der der Eltern. [ds_preview]

Und da der Kleingarten ja geradezu ein Sinnbild deutscher Ordnung ist, haben wir uns einen solchen jetzt zugelegt, inklusive Vereinsmitgliedschaft und aller Pflichten. Okay, die Pflichten sind, wenn ich mal ehrlich sein soll, ein eher lästiges Beiwerk der ganzen Angelegenheit. Aber: Nach der Pflicht…

Wir haben aber jetzt doch lieber erst mal mit der Kür angefangen. Unser Gartenjahr begann mit dem Aufbau eines Trampolins. „Aber nicht so ein kleines, popeliges, Papa!“ Außerdem haben wir ordentlich Spiel- und Sportrasen ausgesät und uns nach einem Planschbecken – „Drei Meter Durchmesser sind ja wohl viel zu wenig, Papa!“ – umgesehen. Ich befürchte, wir werden wohl bald mit dem deutschen Kleingartengesetz in Konflikt geraten.

Ich erkläre hiermit öffentlich meinen Beitritt.

Im zeitigen Frühjahr, bevor die Gartenfreunde mit Rasenmähern und anderen landwirtschaftlichen Maschinen ihr Anwesen zu bearbeiten beginnen, kann der Kleingarten sogar ein Ort der Ruhe und Entspannung sein, zumal unser Obst- und Gemüsebiotop auch noch außerhalb der Stadtgrenzen liegt. Hier ist es um diese Zeit des Jahres still. Abgesehen vom Geschrei der Vögel. Daran gewöhnt man sich aber.

Vor ein paar Tagen befand ich mich mit Kaffee und Zeitung auf meiner Gartenschaukel (Hollywood) und kurz vor dem Zustand der völligen Tiefenentspannung. Ich hätte nur die Zeitung nicht aufschlagen sollen: „So entspannt wie dieser Tage hat man den Mann selten gesehen. Manche behaupten: Noch nie…..“ begann ich zu lesen. Wie schön, dachte ich noch, und dann begann etwas, dass eine befreundete Journalistin später treffend als etwas bezeichnet hat, was ich so hier nicht wiedergeben möchte. Mit meiner Entspanntheit war es erst mal vorbei.

Als ich mich irgendwann wieder beruhigt hatte, entdeckte ich eine kleine Schnecke, die in aller Ruhe und scheinbar ganz entspannt ihre Bahn durch meinen Garten zog. (Gut, dass ich keinen Salat anzupflanzen gedenke.) Die Schnecke ist ein erstaunliches Tier. Sie hat im Laufe der Evolution eine ganz eigene Art der Fortbewegung entwickelt. „Pass auf, dass du nicht auf deiner eigenen Schleimspur ausrutscht!“ habe ich dem kleinen Tierchen hinterhergerufen und dann spontan beschlossen, ihm den Namen Detlef zu geben. Meine Laune hat sich danach gleich wieder gebessert. (Ich werde das hier aber nicht näher erklären, Herr Chefredakteur. Den Teil schreibe ich in erster Linie für mich ganz allein.)

die Lösung für den innerstädtischen Autobahnknoten kann doch nicht sein, dass man in jede seiner Ecken irgendeinen Betonklotz knallt?

And now for something completely different: Die fünfte Jahreszeit der Politik hat begonnen – der Wahlkampf. Der „Linksblock“ hat einen gewichtigen Kandidaten aufgestellt und beabsichtigt den jetzigen OB in den Ruhestand schicken. Das allein wäre schon ein guter Grund, sich dem rot-rot-grünen Dreierbündnis anzuschließen. Ich erkläre hiermit öffentlich meinen Beitritt.

So, jetzt habe ich das nebenbei auch gleich mit erledigt. Aber eigentlich wollte ich heute über etwas ganz anderes schreiben, über die sogenannte „Akropolis von Halle“. Die wollte vor etwa einem Jahrhundert der allseits beliebte Oberbürgermeister Richard Robert Rive auf dem Lehmannsfelsen errichten lassen. Sie sollte die „Krone der Stadt“ werden. Eine Krone der Stadt inklusive einer Art Kongresszentrum. Aktuell gibt es ja Bestrebungen das sogenannte „Tor der Stadt“, den Riebeckplatz, mit einem Kongresshotel zu „veredeln“. Außerdem sollen alle freien Ecken des Platzes an Investoren zur ziemlich freien Entfaltung veräußert werden. Mal abgesehen davon, dass ich es ziemlich schräg finde, dass man diesen innerstädtischen Autobahnknoten immer noch als Platz bezeichnet, kann die Lösung für dieses in Beton gegossene Grauen doch nicht sein, dass man in jede seiner Ecken irgendeinen Betonklotz knallt? Wir hatten doch mal – mehrheitlich, ohne meine Stimme – ein sogenanntes Leitbild für den Riebeckplatz beschlossen. Wenn der „Platz“ schon weiter zugeklotzt werden muss, dann aber bitte mit System!

Ich denke aber mal, dass zumindest das heiß ersehnte Kongresshotel auch nur ein unerfüllter Traum bleiben wird. Ein Traum aus einer viel zu heißen Sommernacht in Halle an der Saale.

Und die Band spielt zum Abschied: „Ich wär‘ so gern geblieben, Akropolis, adieu.“

Peace!

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siggivonderheide@me.com
6 Jahre her

Haben die Neubauten der schwarz/gelben Firma etwa etwas mit der selbstgemachten Schleimspur zu tun auf der die Schnecke nicht ausrutschen soll?