AfD agitiert vor Schulen

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Halle/StäZ – Die Partei „Alternative für Deutschland “ (AfD) agitiert offen vor halleschen Schulen gegen Ausländer. Am Dienstag veranstalteten Abgeordnete und Kader der Partei und ihrer Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) in Halle-Neustadt einen Infostand in direkter Nähe zum Schulcampus Kastanienallee und verteilten Flyer an Kinder, die zum Unterricht gingen, nach Angaben einer Schulsozialarbeiterin auch an Grundschüler. In dem Flyer mit dem Titel „Wir lassen Euch nicht allein!“ geht es um eine vermeintliche Umfrage „zur Erfassung von Ausländergewalt an Schulen in Sachsen-Anhalt.“ Darin wird unter anderem gefragt, ob es an der betreffenden Schule verbale oder körperliche Angriffe gegeben habe. Eine Liste zum Ankreuzen reicht bis hin zu sexueller Belästigung und Vergewaltigung. [ds_preview]

Kaum Widerhall für Aktion 

Christian-Wolff-Gymnasium in Halle (Foto: xkn)

Die Faltblätter werden vom AfD-Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider (Saalekreis) herausgegeben, der auch ein Büro im Haus der sogenannten Identitären Bewegung in der Adam-Kuckhoff-Straße unterhält. Hintergrund seien Meldungen, dass Ausländer auf Schulhöfen des Landes Mitschüler beleidigten, erpressten und verprügelten, heißt es in dem Flyer, und weiter: „Wir wollen alles dafür tun, dass Ihr ohne Angst vor Ausländergewalt Eure Schule besuchen könnt.“ Tillschneider unternimmt die Aktion gemeinsam mit dem JA-Vorsitzenden für Sachsen-Anhalt Jan Wenzel Schmidt.

Gegenaktion des Bündnisses gegen Rechts am Treff in Halle-Neustadt (Foto: xkn)

Nach Polizeiangaben errichteten AfD-Aktivisten am Dienstagmorgen gegen 7 Uhr einen genehmigten Informationsstand am Treff, an einem Punkt, den viele Kinder auf ihrem Schulweg zu den drei Schulen des Campus Kastanienallee passieren. Dort befinden sich die gleichnamigen Grund- und Gemeinschaftsschulen sowie das Christian-Wolff-Gymnasium. Die Schulen zählen zu den halleschen Bildungseinrichtungen mit dem höchsten Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. Kurz nach 9 Uhr beendete die AfD die ursprünglich bis 12 Uhr angemeldete Aktion vorzeitig. Das hallesche Bündnis gegen rechts protestierte am späteren Vormittag mit einem knappen Dutzend Menschen ebenfalls am Treff gegen die AfD-Aktion, ohne dass beide Gruppen aufeinandertrafen.

An den Schulen selbst hat die AfD-Aktion dagegen kaum Widerhall gefunden. „Die meisten Schüler haben davon keine Notiz genommen. Außerdem sind die Schüler nicht so doof, wie die AfD offenbar meint“, sagte Andreas Slowig, der Rektor des Christian-Wolff-Gymnasiums, auf StäZ-Anfrage. „Wenn die Abgeordneten sich wirklich ein Bild hätten machen wollen, dann hätten sie zu den Hofpausen gesehen, dass die Schüler friedlich miteinander umgehen.“ „Ausländergewalt“, wie sie die AfD vermutet, habe er „so bei uns noch nicht beobachtet“, so Slowig. In der Mitteldeutschen Zeitung (Mittwochausgabe) äußerten auch die Schulleiter der Grund- und der Sekundarschule Kastanienallee Doris Forstner und Ernst Zörner Unverständnis. So gebe es natürlich auch Stress unter den Schülern. Das habe aber nichts mit der Herkunft zu tun.

Stadtschülersprecher: „Blödsinn!“

Grund- und Gemeinsachftsschule Kastanienallee (Foto: xkn)

Für Torsten Hahnel von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus beim Verein Miteinander ist der AfD-Stand in Halle-Neustadt Ausdruck einer perfiden Strategie der Partei. „Diese Schulen sind die Orte, an denen Integration tatsächlich stattfindet“, sagt er. „Dass die AfD sich genau hier hinstellt und Hetze verbreitet, zeigt, wie wenig sie an einer Lösung von Problemen interessiert ist, sondern stattdessen versucht, auf dem Rücken der Kinder die Situation anzuheizen, um davon politisch zu profitieren.“ Die AfD wolle „an die Jüngsten“, was wiederum vergleichbar sei mit der, freilich wenig erfolgreichen, Schulhof-CD Aktion der NPD in früheren Jahren.

Auch der Stadtschülersprecher Halles Timon Furchert äußerte gegenüber der StäZ Befremden über die AfD. „Wir finden das nicht gut, und unter Schülern ist diese sogenannte Ausländergewalt eigentlich kein Problem.“ Die Schülergeneration sei nach Meinung Furcherts zudem toleranter als ältere Generationen. „So eine Umfrage zu machen, ist Blödsinn, aber die Schüler wissen, wie sie das einzuordnen haben.“ An allen Schulen gebe es immer wieder einmal Konflikte unter Schülern. „Aber das hat definitiv nichts mit Ausländern zu tun. Deshalb denke ich, dass die AfD mit ihrer Aktion auch keinen Erfolg haben wird.“

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siggivonderheide@me.com
6 Jahre her

Schön wäre gewesen: Reaktionen von Lehrern, Thematisierung von Propaganda und Manupulation, zum Beispiel im Ethikunterricht oder in Deutsch, gab es da nichts zu berichten?