Verdacht auf Einstellungsbetrug: Teutschenthaler Gemeinderat entlässt umstrittenen Mitarbeiter

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Teutschenthal/StäZ - In Teutschenthal hat der Gemeinderat am späten Dienstagabend in der Personalie des kommissarischen Bauamtsleiter die Reißleine gezogen. Der 46-Jährige erhält in den kommenden Tagen eine fristlose Kündigung. Darauf einigten sich die Fraktionen mehrheitlich. Als Hauptgrund nannte Ratsvorsitzender Günter Scholz arglistige Täuschung. Dem Hallenser wird vorgeworfen, sich den befristeten Posten eines Sachbearbeiters erschlichen zu haben. Der inzwischen zum kommissarischen Bauamtsleiter ernannte Mann konnte den geforderten Abschluss als  Bauingenieur nicht vorlegen. Dass er dennoch die Stelle im Bauamt bekam, dazu soll ihm eine freundschaftliche Nähe zu Bürgermeister Ralf Wunschinski (CDU) geholfen haben. Der bekam von den am Dienstagabend im nicht öffentlichen Teil der Sitzung gefassten Beschlüssen erst gar nichts mit. Der Rat verwies ihn zu Beginn der Debatte wegen des Verdachts der Befangenheit vor die Tür. [ds_preview]

Rathauschef hinter geschlossener Tür muss im Nebenraum ausharren

De letzte Akt in Teutschenthal? (Foto: Jan Möbius)

Die Sondersitzung des Gemeinderates in Teutschenthal kam zustande, weil alle Fraktionen geschlossen die Versammlung verlangt hatten. Eine Sitzung, an der Teutschenthals Bürgermeister Wunschinski nur dem gut halbstündigen öffentlichen Teil beiwohnen durfte. Der Gemeinderat beschloss noch vor der wichtigen Personaldebatte im nicht öffentlichen Teil ein sogenanntes Mitwirkungsverbot für den Rathauschef. Wunschinski musste den Saal des Dorfgemeinschaftshauses in Langenbogen umgehend verlassen. Platz nehmen durfte er in einem Nebenraum des hellhörigen Gebäudes, damit er von der Diskussion um seinen Bauamtschef und sich selbst nichts mitbekommt. Dort harrte der Bürgermeister gut anderthalb Stunden aus, bis er wieder zurück in den Saal gebracht wurde. Dort informierte ihn Ratschef Scholz kurz und knapp über die Ergebnisse.

Hauptamtschefin muss fristlose Kündigung verschicken

Wunschinski selbst begrüßte die Entscheidung, ihn der Sitzung zu verweisen.  Gegenüber der StäZ sagte er: „Es soll kein Fehler gemacht werden, weil ich wegen eventueller Ermittlungen befangen sein könnte.“ Er sehe für sich selbst auch etwas Gutes in der Entscheidung des Gemeinderates. „Ich bin jetzt nicht mehr für das verantwortlich, was in der nächsten Zeit in dieser Frage geschieht“, sagte er am Dienstagabend gegenüber der StäZ. Die Hauptlast der mit der sofortigen Kündigung einhergehenden Folgen müsse nun Wunschinskis Stellvertreterin und Hauptamtschefin Teresa Kübler tragen. Sie ist es auch, die die Kündigung des Bauamtsleiter vorbereiten und verschicken muss. Zudem wurde am Dienstagabend beschlossen, dass Kübler die Bewerbungsunterlagen des umstrittenen Mitarbeiters allen Gemeinderäten zugänglich machen muss. „Das bedeutet aber nicht, dass jeder sich die Personalakte ansehen darf. Es geht nur um die Bewerbung“, so Wunschinski.

Spitzelaffäre wurde zugespitzt

Es war bereits die zweite außerplanmäßige Zusammenkunft der Teutschenthaler Abgeordneten in diesem Jahr. Ursprünglich wollten die Räte schon am 2. Januar Licht ins Dunkel einer mutmaßlichen Spitzelaffäre bringen. Vieles erschien dabei jedoch inszeniert und noch dazu zugespitzt dargestellt. Nur wenig später stellte sich nämlich heraus, dass es offenbar um deutlich gewichtigere Dinge als nur heimlich installierte Kameras ging, die dem Vernehmen nach ohnehin nicht betriebsbereit waren.

Schnell gerieten nämlich der momentane Bauamtsleiter und Bürgermeister Wunschinski in die Schusslinie (StäZ berichtete). Nicht nur der Gemeinderat stellte plötzlich Fragen rund um die umstrittene Einstellung, die im Mai 2017 auf Wunsch von Wunschinski per Sofort zustande kam, wie die der StäZ vorliegenden Dokumente zeigen. Auch Polizei und Staatsanwaltschaft nahmen Ermittlungen gegen den Bauamtsleiter und seinen Chef auf – während die mutmaßliche Spitzelaffäre von der Justiz still zu Akten gelegt wurde.

Gesprochen wird im Falle des Bauamtsleiters von mutmaßlichem Einstellungsbetrug und über den Verdacht der Untreue bei Wunschinski. Ob sich beides bewahrheitet, werden die Ermittlungen zeigen. Beide Männer bestreiten aber bis heute, sich vor der Einstellung im Mai 2017 gekannt zu haben. Fest steht zumindest, dass die Stellenbesetzung entgegen der öffentlichen Ausschreibung vorgenommen wurde. Gefordert war dort konkret ein Abschluss als Bauingenieur. Aus den der StäZ vorliegenden Dokumenten geht hervor, dass der heutige Chef des Bauamtes erst nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages einräumte, außer bis heute umstrittenen Referenzen keine Dokumente vorlegen zu können, die ihn als Baufachmann ausweisen. Dennoch hielt Bürgermeister Wunschinski am dem Angestellten fest und machte ihn Ende vergangenen Jahres zum kommissarischen Bauamtsleiter.

Müssen sich Gemeinderäte selbst auch Vorwürfe machen?

Inwiefern sich aber auch die Gemeinderäte selbst Vorwürfe machen müssen, das wurde am Dienstagabend zwar auch diskutiert – aber nicht öffentlich. Letztlich haben auch der Hauptausschuss und nicht zuletzt der Gemeinderat in Teutschenthal der Einstellung zugestimmt. Wie zu erfahren war, gibt es darüber zwar Konsens, dennoch wurde die Beförderung zum Bauamtsleiter offenbar nicht im Gemeinderat beschlossen.

Kündigung kommt mit Verzögerung – Personalrat muss sich äußern

Der Bauamtsleiter war am Dienstagabend selbst nicht in der Ratssitzung. Ohnehin scheint das Tischtuch zwischen ihm und der Gemeinde zerschnitten. Derzeit ist der Mann im Krankenstand. Ober er wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird, ist offen. Von der Entscheidung im Gemeinderat wusste er bis Mittwochmorgen nichts. „Ich habe erst heute früh davon aus dem Radio davon erfahren. Genaueres ist mir noch nicht bekannt“, sagte der 46-Jährige gegenüber der StäZ. Er lasse sich inzwischen von einem Rechtsanwalt vertreten. Bis der Hallenser die Kündigung im Briefkasten hat, wird zudem noch einige Zeit vergehen. Denn zunächst hat der Personalrat ein Mitspracherecht. Zehn Tage hat das Gremium Zeit, auf die Kündigung zu reagieren. Erst dann kann das Schreiben zugestellt werden.

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