Baby, you can ride my Bus!

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StäZ-Kolumnistin Laura Lütt, Foto: privat.

Der Presse war zu entnehmen, die Bundesregierung denke über kostenlosen Nahverkehr für alle Bürger nach. Ah, kostenlos also? Nun, das ist natürlich Schwachsinn. Derjenige, der jetzt für sein Bus- oder Bahnticket zahlt, bezahlt dieses dann einfach indirekt über die Steuern. Die anderen, die lieber Fahrrad oder Auto fahren, zahlen dann aber auch. Für die ersteren ändert sich praktisch nichts, für die letzteren schon: Sie haben natürlich immer noch die Wahl, dem motorisierten Individualverkehr zu frönen oder den Drahtesel zu reiten. [ds_preview]

Niemand hat die Absicht, irgendjemanden in seiner Wahl des Fortbewegungsmittels einzuschränken. Durch erhöhte Steuern fehlt diesen PKW-Nutzern dann aber vielleicht endlich das nötige Kleingeld, um sich ihr teures Gefährt leisten zu können. Natürlich nicht allein durch die Einführung eines „kostenlosen“ Nahverkehrs. Aber steter Tropfen höhlt den Stein. Aber weiß dieser blöde Bürger, was gut für ihn ist? Dann lenken wir ihn doch besser Schritt für Schritt per Steuererhöhung auf die umweltschonende, moralisch richtige (Fahr-)Spur.

Es ist Freiheit, dorthin zu fahren, wohin man möchte, wann man möchte.

Klar, es gibt Fälle, in denen man schon einmal drüber nachdenken sollte, ob man nicht lieber den ÖPNV statt das Auto nutzen sollte. Die Anbindung beispielsweise in die Leipziger Innenstadt per S- Bahn macht es einem leicht. Aber warum müssen wir es denen schwer machen, die auf ein Auto angewiesen sind? Das mag in der Berliner Blase vielleicht nicht ersichtlich sein, aber diese Menschen gibt es. Man werfe einen Blick in den ländlichen Raum. Ich bin in einem Ortsteil aufgewachsen, in dem am Sonntag ganze vier Busse in die „Stadt“ fuhren, und ich vermute, für manche Dörfer wäre das heute immer noch Luxus. Wie soll das Nahverkehrsnetz bitte in naher Zukunft so weit ausgebaut sein, dass man von einer „menschenwürdigen“ Anbindung an Ärzte, Einkaufszentren, Arbeitsplätze und Behörden sprechen kann? (Da es ja kein Digitalministerium geben soll, dauert es mit Telemedizin und elektronischer Verwaltung ja sicher noch etwas.) Und sollen die Leute auf dem Land bis zum angemessenen Ausbau des Netzes das Ticket für den Metropolenmenschen, der tagsüber alle zwei Minuten mit einer S‑Bahn von A nach B gelangt, mitfinanzieren? Befeuern wir am Ende mit diesem System nicht sogar noch die „Landflucht“ und den Run auf die Städte wie Berlin und Leipzig, in denen die Mieten bereits jetzt explodieren? Auch in einer größeren Gemeinde genießt man es, wenn man den Wocheneinkauf bei Aldi nicht in 27 Tüten mit der Straßenbahn nach Hause schleppen muss, mit zwei Kindern an der Hand und dem Hund an der Leine.

Autofahren sollte kein Privileg für Reiche sein, auch wenn man dabei von staatlicher Seite schon immens geschröpft wird. Es ist nicht bloß das Von-hier-nach-dort-kommen. Es ist eine Freiheit, dorthin zu fahren, wohin man möchte, wann man möchte – ohne auf den verspäteten ICE zu warten, um in diesem dann schweißgebadet wegen der defekten Klimaanlage festzustellen, dass das Abteil, in dem man seinen Platz reserviert hat, leider abgekoppelt wurde. Apropos Deutsche Bahn: Ob diese sich wohl mehr Mühe gibt, pünktlich zu sein, wenn sie sich sicher sein kann, dass sie das Geld aus dem Topf der Steuerzahler sowieso bekommt? Es würde mich überraschen.

In vielen Städten gibt es öffentlich finanzierte Angebote für Frauen, abends günstiger mit dem Taxi nach Hause zu kommen, um nicht alleine laufen oder auf einen Nachtbus warten zu müssen. Ich wage die Aussage, dass bereits heute die Sicherheit in öffentlichen Verkehrsmitteln trotz Kameras nicht immer gewährleistet ist, egal für wen. In dieser Hinsicht kann das Auto auch Sicherheit garantieren. Eine Ausweitung der Taxigutscheine auf alle Bürger wäre sicher keine finanzierbare Lösung.

Viel sinnvoller wäre es dann doch stattdessen, jedem Bürger einfach die Wahl zu lassen, je nach Belieben ein Auto zu unterhalten oder in eine Monatskarte zu investieren. Also, weg mit diesem bevormundenden Vorschlag des einen Verkehrsmittels für alle.

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siggivonderheide@me.com
6 Jahre her

Freie Fahrt für freie Bürger! Das war in der „guten alten Zeit“ die uns heute den Klimawandel und die Feinstaubbelastung, CO2 Belastung und Bodenversiegelung für Parkplätze beschert hat. Wenn noch gilt das deine Freiheit dort endet wo die eines anderen Menschen eingeschränkt wird… dann ist die Lösung zwar nicht nur der kostenlose ÖPNV, nein dann sollten SUV schwerst besteuert werden und jeder unnütze Weg mit dem Auto mehr Geld kosten. Wir können es uns nicht mehr leisten so zu tun als ob unsere Freiheit einen Verbrennungsmotor braucht.

Dirk Dirot
6 Jahre her

Ich glaube diese Kolumne wohnt etwas argumentative Schwäche inne. Längst machen es uns Städte im Baltikum vor, wo es kostenlose Nahverkehrsmittel gibt- wir brauchen kein Freiheits-blah blah um es am Verbrennungsmotor festzumachen- natürlich gibt es gute Gründe für Individualverkehr, aber noch viel mehr für den Nahverkehr und es werden Milliarden in diesem Land für Sachen ausgegeben, die wenn nicht sogar gefährlich, so doch sinnfrei sind. Nicht für um sonst ist die Pferdekutschen-Gilde in Deutschland nicht mehr unbedingt die Tonangebende- weil sie sich überlebt hat- jegliches hat halt seine Zeit. Auch der Verbrennungsmotor – er hat sich moralisch verschlissen und wird… mehr lesen »