Vom Studentenführer zum OB-Kandidaten

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Hendrik Lange, Rot-Rot-Grüner OB-Kandidat für die Wahl 2019. (Foto: xkn)

Die Reihen der Verschwiegenheit waren bis zuletzt eng geschlossen, bevor am Mittwoch die Fraktions- und Parteispitzen von Linken, SPD und Grünen den Kater aus dem Sack ließen. Rot-Rot-Grün schickt also den Stadtratsvorsitzenden Hendrik Lange (Linke) bei der OB-Wahl 2019 ins Rennen um das Oberbürgermeisteramt. Schreitend Seit’ an Seit’, so könnte man nun kalauern, wollen die drei Parteien Amtsinhaber Bernd Wiegand (parteilos) herausfordern. Schon die Einigung an sich gilt trotz offenkundiger mehrmonatiger Gespräche zwischen den drei Parteien als Sensation. Dass der gerade 41-jährige Lange der gemeinsame Kandidat wird, hatten zudem nur die allerwenigsten erwartet. Lange Zeit galt zumindest bei der Linken Stadtratsfraktionschef Bodo Meerheim als natürlicher Kandidat, um gegen Wiegand (parteilos) und den noch zu findenden Kandidaten des konservativen Lagers anzutreten.[ds_preview]

Meerheim hatte, immer wenn er zu einer eigenen Kandidatur gefragt worden war, vielsagend gar nichts gesagt und so zu den Spekulationen eingeladen. Doch sein Kokettieren mit der Kandidatenrolle war, wie von manchen vermutet und nun offenkundig, nur eine polittaktische Maßnahme, um die Verhandlungen der Parteispitzen zu einem gemeinsamen Kandidaten überhaupt erst zu ermöglichen, im Schatten des bekannten Namens sozusagen. Nach StäZ-Informationen hat Meerheim indes wohl nie ernsthaft erwogen, nach seiner erfolglosen Kandidatur 2006 noch einmal anzutreten. Nun also Kompromisskandidat Lange, auf den sich alle drei Parteien einigen konnten. Der Wahlkampf, vorerst noch ein Zweikampf, ist eröffnet.

Anerkannter Bildungspolitiker

41 Jahre ist Hendrik Lange alt. Für einen OB-Kandidaten kann das noch als jung gelten. Doch hat er schon über ein Jahrzehnt lang kommunal- und landespolitische Erfahrung. Lange sitzt seit 2004 im Stadtrat und ist seit 2006 Landtagsabgeordneter. Damals war er als bekannter Studierendenvertreter auf dem Ticket der damaligen PDS in den Rat eingezogen, und er hat sich in den letzten fast 14 Jahren einen Ruf als anerkannter Bildungspolitiker erarbeitet. Seine Rolle war jedoch schon früh nicht allein auf dieses Thema beschränkt. Lange mischte schon bald bei entscheidenden Themen mit. So war er unter anderem beim Zustandekommen des VNG-Deals 2009 beteiligt. Unter anderem auf Stadtratsinitiative waren damals die halleschen Anteile am Gaskonzern Verbundnetz Gas AG für rund 90 Millionen Euro und einige weitere Bonifikationen verkauft worden. Wegen dieses Deals tragen zwei hallesche Sportstätten das Wort “Erdgas” im Namen.

Als Vorsitzender des Stadtrats hat er seit 2014 ein ums andere Mal dem Oberbürgermeister paroli geboten, um die Rechte des Stadtrats zu verteidigen. Er übt sein Amt deutlich politischer aus als Vorgänger Harald Bartl (CDU), was freilich nicht jedem im Stadtrat gefällt. Schon seine Wahl in das Amt war 2014 kontrovers, weil auch die CDU als mit knappem Vorsprung stärkste Kraft Anspruch auf den Posten erhob. Rot-Rot-Grün jedoch hievte Lange ins Amt. Wie lange der Linke nun noch Primus inter pares im Stadtrat bleibt, hat er am Mittwoch offen gelassen. Doch Kandidatur und das eigentlich zur Überparteilichkeit mahnende Amt passen nach politischem Usus eigentlich nicht zusammen. Ende des Jahres will Lange vom amt zurücktreten. Pikant ist zudem, dass Lange als Vorsitzender des Stadtrats auch immer noch für das Disziplinarverfahren zuständig ist, das immer noch wegen verschiedener Vorwürfe gegen seinen zukünftigen Gegenkandidaten Bernd Wiegand läuft. Faktisch geführt wird es jedoch vom Landesverwaltungsamt.

So überraschend seine Kandidatur um das höchste politische Amt in Halle auch ist – in der Rückschau gab es durchaus Anzeichen dafür, dass Lange sich kommunalpolitisch noch nicht am Ende der Karriereleiter angekommen sah. Seine Landtagskarriere jedenfalls stellte er nach seiner Wahl zum halleschen Stadtratsvorsitzenden sichtbar zurück. Bei der Postenrochade in der Magdeburger Linksfraktion nach der verlorenen Landtagswahl 2016 und nach der Bundestagswahl 2017 hatte er, obwohl von manchen im sich drehenden Personalkarussell als Kandidat für Ämter gehandelt, keinen exponierten Posten angestrebt, sondern blieb einfacher hochschulpolitischer Sprecher, der wegen der verkleinerten Fraktion auch das Thema Umwelt mit übernahm.

Hendrik Lange ist Landesvorsitzender der linksparteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung und Vorsitzender des halleschen Emanzipations‑, Selbsthilfe- und Antidiskriminierungsvereins BBZ “lebensart” e.V.. Lange ist verpartnert und wohnt in Halle-Neustadt.

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siggivonderheide@me.com
6 Jahre her

Für mich hat er schon gewonnen. Aber wozu einen Kandidaten der Konservativen?
So konservativ wie Herr Wiegand regiert, so selbstherrlich wie er mit dem Stadtrat umgeht und offenkundig wohl auch mit dem halleschen Geldklüngel filzt und kumpelt ist er doch perfekt für die Rechtskonservativen Fraktionen FDP, CDU, AfD… Es wäre zu schön wenn ein anderer Wind aus dem Rathaus wehte…