OB-Wahl 2019: Wer fordert Wiegand heraus?

In Halle läuft bereits das Vorgeplänkel für die Oberbürgermeisterwahl 2019. CDU-Chef Marco Tullner will "nicht ausschließen", selbst anzutreten. Eigentlich aber suchen er und auch die anderen Parteien noch nach dem geeigneten Kandidaten, um Bernd Wiegand herauszufordern.

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Zwar steht noch nicht einmal ein Termin fest, an dem die Bürger Halles ihren nächsten Oberbürgermeister wählen sollen, doch rund anderthalb Jahre vor dem nächsten stadtpolitisch wegweisenden Urnengang versuchen sich die Parteien bereits jetzt in Stellung zu bringen. 2019 endet die Amtszeit von Bernd Wiegand (parteilos), und klar ist: Es gibt derzeit keine Partei in Halle, die seine Wiederwahl unterstützt. Im Gegenteil: Hinter den Kulissen werden viele Gespräche geführt, um ihn abzulösen. Doch ein geeigneter Kandidat oder eine geeignete Kandidatin ist bislang bei keiner Partei nicht in Sicht – auch wenn zwei Schwergewichte eigene Ambitionen zumindest nicht dementieren.

2019 bestimmen die Bürger Halles über die Nachfolge von Oberbürgermeister Bernd Wiegand. Auch er selbst tritt noch einmal an. Foto: StäZ
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Die Städtische Zeitung hat sich in fast allen politischen Lagern umgehört. Bislang will niemand offen über Halles K‑Frage reden. Doch mit wem man auch spricht: Für alle Parteien ist die Suche nach Mr. oder Mrs. Right derzeit eines der wichtigsten Themen. Dass Oberbürgermeister Bernd Wiegand 2019 noch einmal antritt, steht praktisch fest. Wiegand selbst hat es bereits mehrfach erklärt, zuletzt im Strafprozess gegen ihn in Magdeburg. Auch der Vorsitzende Richter Gerhard Köneke wollte es dort nämlich wissen: „Herr Wiegand, werden sie noch einmal antreten?“ „Davon können Sie ausgehen“, hatte Wiegand selbstbewusst geantwortet.

Tullner über eigene Kandidatur: „Ich schließe nichts aus.“

Gegen einen Amtsinhaber anzutreten, ist immer schwierig. Der Amtsbonus eines Oberbürgermeisters ist in der Regel nur schwer zu knacken. Wie beliebt Wiegand mit seiner Mischung aus Pragmatismus und Anti-Parteien-Populismus in Halle tatsächlich ist und wie überzeugend sein markantes politisches Profil bei einer Wiederwahl wäre, kann niemand verlässlich sagen. Auch die Parteien tappen da im Dunkeln. Repräsentative Meinungsumfragen zu diesem Thema gibt es nicht.

2019 wäre Wiegand 62 Jahre alt und dürfte trotz aller Querelen politisch einiges vorzuweisen haben: geschaffene Arbeitsplätze, gute Haushaltszahlen, zahlreiche neu glänzende Straßen und Gebäude aus Fluthilfemitteln – sogar der Gimritzer Damm könnte pünktlich zur Wahl fertig werden. Doch ob beliebt oder unbeliebt – ein Gegenkandidat müsste so oder so, das ist aus allen Lagern zu hören, sowohl großes persönliches Format als auch viel Charisma mitbringen, um überhaupt gegen Wiegand eine Chance zu haben. Weil sich in Halle selbst bisher niemand, auf den die Stellenbeschreibung passt, aus der Deckung wagt, könnte auch ein Kandidat oder eine Kandidatin von außerhalb für die Parteien interessant sein. Das ist der Grund dafür, dass die Diskussion bereits jetzt in vollem Gange ist. Denn ein in Halle bisher unbekannter Kandidat braucht viel Wahlkampfzeit, um sich überhaupt bekannt zu machen.

Hinzu kommt für die Parteien noch ein weiteres Problem: Wer auch immer Kandidat wird, muss es erst einmal in die Stichwahl schaffen. Je mehr Kandidaten aber antreten, desto schwieriger wird das. Besonders im links-grünen Lager, also bei Linkspartei, SPD und Grünen, gibt es derzeit viele, die eine Wiederholung des Fiaskos von 2012 unbedingt vermeiden wollen. Damals waren alle drei mit eigenen Kandidaten angetreten, die alle in der Vorwahl gescheitert waren. Die Stichwahl fand zwischen Wiegand und CDU-Mann Bernhard Bönisch statt – das Ergebnis ist bekannt.

CDU-Stadtparteichef Marco Tullner schließt nicht aus, selbst zur OB-Wahl anzutreten. Foto: StäZ

Die CDU, bei der es traditionell aus eigener Stärke locker für die Stichwahl reicht, die aber seit Klaus Rauen in den Neunzigerjahren keinen erfolgreichen Kandidaten mehr hervorgebracht hat, hat jüngst beim eigenen Parteitag in Sachen OB-Kandidatur eine klare Ansage gemacht. Es werde einen eigenen CDU-Kandidaten geben, sagte Stadtchef Marco Tullner dort. Macht er es am Ende selbst und wechselt vom Ministeramt in Magdeburg ins Rathaus? Konkret befragt zu eigenen Ambitionen auf das Amt bleibt Tullner gegenüber der Städtischen Zeitung salomonisch: „Zum jetzigen Zeitpunkt will ich das nicht ausschließen.“ Das ist vielsagend, kann aber auch Taktik sein.

Ähnlich die Lage bei der Linken, die als praktisch gleichstark im Stadtrat vertretene Kraft und aus ihrem bisherigen Selbstbewusstsein heraus ebenfalls unter Zugzwang in der Kandidatenfrage ist. Stadtratsfraktionschef Bodo Meerheim, kommunalpolitisch nach wie vor der starke Mann der Linken, hat auf Fragen der Mitteldeutschen Zeitung zu einer eigenen Kandidatur vielsagend mit den Schultern gezuckt. Auch Linken-Stadtvorsitzende Marianne Böttcher sagt gegenüber der StäZ nicht mehr, aber auch nicht weniger zu einer Meerheim-Kandidatur: „Die Kandidatenfrage werden wir zu gegebener Zeit diskutieren.“

Hinter den Kulissen wird, so viel ist sicher, schon eifrig diskutiert. Steht am Ende also ein Dreierrennen Wiegand-Tullner-Meerheim bevor? Die Wahrscheinlichkeit, dass es so kommt, wird in allen Lagern als nicht sehr groß bewertet. Dass Tullner wirklich die Landespolitik aufgibt um nach Halle zurückzukommen, können sich nur wenige vorstellen. Er wäre 2019 50 Jahre alt. Meerheim wäre 58. Der Linksfraktions-Chef war bereits 2006 zur OB-Wahl angetreten, scheiterte aber mit 18,5 Prozent im ersten Wahlgang. OB wurde Dagmar Szabados (SPD). Auch bei der Linken gibt es nicht wenige, die es für keine gute Idee halten, Meerheim nach 13 Jahren noch einmal ins Rennen zu schicken.

Viel spricht dafür, dass das demonstrative Kokettieren Tullners und Meerheims auch einfach nur Kalkül sein könnte. Das ist zumindest eine Theorie, die sowohl bei den Konservativen als auch bei den Linken unabhängig voneinander kolportiert wird. Wenn ein Name im Raum stehe, lasse sich besser im Hintergrund sondieren und diskutieren und womöglich als Coup doch noch ein bekannter Name aus dem Hut zaubern, der dann auch noch von anderen Parteien mitgetragen werde. Und wenn man keinen besseren finde, seien beide in jedem Fall auch eine gute Wahl, heißt es.

Auch wenn es also nicht zur Dreier-Konstellation Wiegand-Meerheim-Tullner kommt: Ein begrenztes Kandidatenrennen wäre derzeit allen Parteien das Liebste. Auch die kleineren Parteien SPD, Grüne und FDP haben also ein Wörtchen mitzureden – was die in Halle immer noch unberechenbare AfD macht, ist derzeit ohnehin offen. Vor allem die Grünen sind nach StäZ-Informationen seit Wochen dabei, mit allen Parteien außer der AfD zu sprechen, auch übrigens mit der CDU – Jamaika im Bund lässt grüßen.

Auch in der SPD unter dem neuen Stadtvorsitzenden Marcel Dörrer soll es im Vergleich mit 2012 eine wesentlich größere Offenheit gegenüber den anderen Parteien, vor allem aber gegenüber der Linken, geben. Sollte die als stärkste der drei einen guten Vorschlag machen, so ist aus SPD-Kreisen zu hören, werde man sich damit offen befassen. Ideal, so heißt es aber auch, sei ein Kandidat, der kein linkes Parteibuch habe. Also sucht auch die SPD selbst nach jemand eigenem, der die anderen beiden potenziellen Partner überzeugen könnte. Nach StäZ-Informationen sind jedenfalls sowohl Linke als auch SPD und Grüne zu Kompromissen bereit.

Und auch bei der CDU dürfte der Drang, sich mit dem natürlichen Partner FDP auf jemanden zu einigen womöglich größer sein, als persönliche Ambitionen einzelner. Oberstes Ziel für alle ist jedenfalls: gegen Wiegand eine realistische Chance haben. Das Kandidatenrennen ist also noch sehr offen – aber es ist in jedem Fall eröffnet.

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