Halles neue Adresse im Netz

Ein interessanter Vorstoß könnte uns eine eigene Top-Level-Domain bescheren. Doch bis dahin dürfte es ein langer Weg werden. Denn noch will niemand mitziehen.

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Bekommt Halle eine eigene Internetendung? Foto: StäZ
von Felix Knothe

Berlin hat eine, auch Köln oder das Saarland, und New York sowieso: eine eigene Endung für Internetadressen. Unter www.altefoersterei.berlin erreicht man beispielsweise den Internetauftritt des legendären Stadions von Union Berlin. Unter www.mein-handwerker.berlin wirbt ein Allround-Handwerker um Berliner Kunden. Haben bald auch Halle und Leipzig eine eigene sogenannte Top-Level-Domain (TLD) nach dem Motto: www.was-auch-immer-sie-sich-vorstellen-koennen.halle? [ds_preview]

Das zumindest regt Wolfgang Kleinwächter an. Der emeritierte Professor für Internetpolitik der Universität Aarhus, wohnhaft in Leipzig und im aktiven Unruhestand, weltreisend in Sachen Internet, schlägt gegenüber der Städtischen Zeitung vor, dass die Saalestadt einen neuen Anlauf nehmen sollte, sich so eine eigene Interenetadressendung zu beschaffen. Mit Stadt meint er nicht unbedingt die Stadtverwaltung, sondern gemeint ist, wer auch immer sich berufen fühlt. Wenn Halle es nicht allein stemmen könne, dann schlägt Kleinwächter einen regionalen mitteldeutschen Zusammenschluss vor, um Kräfte zu bündeln und gleich mehrere Domainendungen anzumelden.

Es ist ein Vorschlag fast aus heiterem Himmel. Zwar hatte Kleinwächter vor ein paar Jahren schon einmal im Wirtschaftsbeirat von Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) angeklopft mit seiner Idee. Damals gab es eine erste internationale Vergaberunde für die GEO-TLD genannten Regionalendungen. Doch während Berlin, Hamburg und Köln sich ihre Endungen sicherten, war aus Ostdeutschland keine einzige GEO-TLD dabei. Zu hoch die Kosten.

Kleinwächter ist Mitglied der ICANN, dem internationalen Gremium zur technischen Verwaltung der Internetadressen, also der höchsten Weltinstanz in Sachen Domainnamen. Von 2013 bis 2015 war er einer der ICANN-Direktoren. Inzwischen könnten die Kosten gesunken sein, was einen neuen Anlauf begünstigen könnte, meint Kleinwächter. Denn die Zeichen im Netz haben sich in den letzten Jahren geändert. Der jahrelange Siegeszug der www-Domainnamen, die als eingängige Chiffren die hinter ihnen verborgenen sperrigen IP-Adressen in normale Sprache übersetzen, ist durch soziale Medien nämlich leicht gebremst. Denn wer auf Facebook & Co. unterwegs ist, tippt nur noch selten www-Adressen ein.

Trotzdem sieht Kleinwächter gerade in den GEO-TLDs besonderes Potenzial. Sie hätten „eine größere regionale Aussagekraft als normale .de-Adressen“, sagt er, und könnten so vor allem für regional agierende Unternehmen oder Akteure der Zivilgesellschaft interessant sein. Bei denen, die Kleinwächter mit seiner Initiative erreichen will, sieht man das im Prinzip zwar auch so. Auf StäZ-Anfrage betonen sowohl die Industrie- und Handels- (IHK) als auch die Handwerkskammer (HWK) in Halle, wie wichtig das Netz für Betriebe der Region ist. „Eine solche Domain wäre für die regionale Wirtschaft ein Vorteil, eine Stärkung“, sagt HWK-Sprecher Jens Schumann. Regionalität sei eine große Stärke des Handwerks. Dennoch könne sich seine Kammer zumindest nicht an die Spitze der Bewegung stellen. „Es gehört nicht zu unserer Kernaufgabe.“

Sophie Kühling, Referentin Innovation und Technologietransfer bei der IHK Halle-Dessau, erklärt da schon deutlicher: „Unser Eindruck ist, dass sich die Stadt Halle, trotz des großen Potenzials, das hier verortet ist, noch nicht zu einer überregionalen ‚Marke‘ entwickelt hat, welche einen Mehrwert für Unternehmen bringen könnte.“ Heimische Unternehmen seien bisher noch nicht wegen einer solchen Kampagne auf die IHK zugekommen. Nach Aufbruchstimmung in Sachen .halle-Endung klingt das noch nicht.

Also doch eher die größere mitteldeutsche Lösung? Die Metropolregion Mitteldeutschland wird von manchen ins Spiel als möglicher Player gebracht, doch auch beim Geschäftsführer der Trägergesellschaft Jörn-Heinrich Tobaben in Leipzig heißt es: ja, aber. „Regionalisierte Top-Level-Domains sind tolle Kommunikationstools, um die regionale Identität zu stärken. Das kommt natürlich der regionalen Wirtschaft zugute“, sagt er. Aber: „Wir arbeiten streng nach dem Subsidiaritätsprinzip. Das heißt, einzelne Städte müssen erst einmal selbst klären, ob sie das in Eigenregie organisieren können.“ Was eine überregionale Initiative jedoch nicht ausschließt. „Wenn jemand das Heft des Handelns für eine überregionale Initiative in die Hand nimmt“, so Tobaben, „unterstützen wir das gerne. Die Initiative kann aber nicht von uns kommen.“

Von wem also dann? Oberbürgermeister Bernd Wiegand legt sich in Sachen halle-Endung noch nicht fest. Eine Anfrage der Städtischen Zeitung ließ er bis Freitag unbeantwortet.

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b aus h
6 Jahre her

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