Einfach mal am Rad drehen

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Eröffnung des Kunstwerks „GU39“ in der Großen Ulrichstraße 39. Redner: Filmproduzent Thomas Jeschner. Foto: StäZ

Wer in der letzten Woche durch die Große Ulrichstraße kam, dem ist die Scheibe aus Holz in dieser winzigen Baulücke gegenüber dem Restaurant mit den roten Bänken im Freisitz sicherlich schon aufgefallen. [ds_preview]Am Freitag hat sich das Geheimnis dahinter zumindest etwas gelüftet. Ein Kunstwerk auf Zeit hat Burg-Diplomand Lion Hartmann hier installiert. Das Ziel: Die Hallenser sollen einfach mal am Rad drehen und dabei über sich, ihre Stadt und die Räume in ihrer Stadt ins Grübeln kommen. Müssen sie aber nicht. Drehen reicht auch.

Künstler Lion Hartmann hat das Kunstwerk „GU39“ geschaffen. Foto: StäZ

Möglich wurde die Aktion, die Teil von Hartmanns Diplomarbeit an der Burg im Fach Bildhauerei ist und nach der Adresse in der Großen Ulrichstraße den Titel „GU39“ trägt, weil Hartmann und der Eigentümer der Baulücke, der Architekt Frank Kuhn, befreundet sind.

Die genaue Bedeutung des Rads mit 6,50 Meter Durchmesser soll sich jeder, der vorbeikommt, selbst aneignen. So ist Kunst. Das sich drehende Rad sei eben vieles, auch eine Metapher für das Neue, das hier entstehen könnte, sagt der Künstler selbst. „Eine Baulücke hat Vergangenheit. Sie hat auch Zukunft. Eine richtige Gegenwart hat sie nicht“, so Lion Hartmann. Deshalb wird die Scheibe auch Ende des Jahres wieder abgerissen.

Kunstwerk „GU39“ von hinten. Es soll den Blick auf den Raum in der Baulücke richten.

Grundstücksbesitzer Kuhn sagt dazu: „Es ist schön mitzuerleben, wie Kunst Anreize schafft, Raum immer wieder neu zu hinterfragen.“ Zur Eröffnung des Kunstwerks sind am Freitag ein paar Dutzend Fragende gekommen. Es gibt Bier aus dem Kasten und eine Blaskapelle spielt blecherne Gassenhauer. Es ist Stimmung in der Großen Uli.

Filmproduzent Thomas Jeschner, auch ein Freund Hartmanns, hält die Einführung: „Manche Passanten fragen sich: Was ist das denn? Warum steht plötzlich hier kein Haus oder warum ist hier kein ordentlicher Parkplatz? Was soll das?“ Geeignet sei dann oft die Rückfrage: „Was sehen Sie?“ Und zwar nicht nur in dem Holzrad selbst, sondern in dem Raum, den es gerade ausfüllt. Räume trügen für jeden Erinnerungen und auch Utopien. Das Rad sei in diesem Zusammenhang „ein beweglicher Ort“. „Es lässt sich drehen, und wir sind es, die sich ihm aussetzen“, so Jeschner.

Es mag Zufall sein, dass die Eröffnung des Kunstwerks mit dem derzeit in Halle stattfindenden Werkleitz-Festival stattfindet. Das Festivalmotto aufgreifend sagt Jeschner jedenfalls mit Verweis auf das Rad: „Hier steht es, das Nicht mehr und das Noch nicht. Wir müssen nur alle am Rad drehen.“

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Beitrags haben wir das Kunstprojekt fälschlicherweise „GU37“ genannt. Wir bitten um Entschuldigung.

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