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Die Firmenzentrrale von Jens Rauschenbach liegt im ersten Stock des Iduna-Hauses.

Zwei Millionen Euro seit 2015 für Beratungen

Aus der Liste geht hervor, dass allein die Firma Projectum seit 2015 insgesamt mindestens 70 Aufträge von der Stadt erhalten hat. Alle Aufträge liegen, einzeln betrachtet, zwischen 1000 Euro (Eintrag: „Sanierung 2. IGS, Turnhalle) und 73.109 Euro (Eintrag: „HW 192 Rennbahn Projektsteuerung 1–2“). Projectum ist erst im April 2014 gegründet worden. Die Bilanzsumme von Projectum hat sich zwischen 2014 und 2015 innerhalb eines Jahres vervierfacht von rund 50.000 Euro auf knapp 200.000 Euro. Auch 2016 hatte Projectum eine Bilanzsumme von knapp unter 200.000 Euro. Welchen Umsatz das Unternehmen in diesen Jahren machte, geht aus den veröffentlichten Jahresabschlüssen allerdings nicht hervor. Allein aus den in der Liste verzeichneten Projekten ergibt sich jedenfalls ein Gesamtvolumen von Aufträgen der Stadt Halle von knapp 1,8 Millionen Euro, wenn die Zahlen in der Liste stimmen. Verträge von städtischen Gesellschaften wie dem Mitteldeutschen Multimediazentrum, bei dessen Fluthilfesanierung Projectum beispielsweise ebenfalls die Projektsteuerung hat, sind in der Liste nicht verzeichnet. Die Firma Rauschenbach & Kollegen ist zusätzlich mit 13 Projekten seit 2015 in der Liste vertreten, andere Projekte reichen bis ins Jahr 2008 zurück. Gesamtsumme hier seit 2015, gut 250.000 Euro. Beide Firmen zusammen haben also in etwas mehr als zwei Jahren über zwei Millionen Euro von der Stadt erhalten. Wie die Aufträge vergeben wurden, dazu steht in der Liste bisher nichts, obwohl der Stadtrat auch danach gefragt hatte.

Auffällig ist, dass so gut wie alle Aufträge in der Liste unter den einschlägigen Vergabegrenzen liegen, die in der Hauptsatzung der Stadt festgelegt sind. Je nach Art der Leistung beträgt die Grenze für Aufträge, deren Vergabe der Stadtrat oder ein Ausschuss beschließen muss, zwischen 15.000 Euro (für freiberufliche Leistungen wie zum Beispiel Beratungen) und 100.000 Euro für Leistungen nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), unter die auch die Projektsteuerung bei Baumaßnahmen fällt. Alles was unter diesen Grenzen liegt, können der Oberbürgermeister oder von ihm beauftragte Mitarbeiter selbst vergeben. Doch auch bei diesen müsste, so will es das Vergaberecht, in der Regel gewährleistet sein, dass ein Wettbewerb unter verschiedenen Bietern stattfindet.

Mitarbeiter der Stadtverwaltung, mit denen MDR und Städtische Zeitung gesprochen haben, haben angesichts der Fülle der Aufträge, die an die Firmen Rauschenbachs vergeben werden, erhebliche Zweifel, dass wirklich fairer Wettbewerb stattfindet. Die Entscheidung, wer den Zuschlag erhält, liege bei wenigen Leuten in der Verwaltung, heißt es. Im für Finanzen zuständigen Geschäftsbereich soll eigens ein Team hauptsächlich für Vergaben an Rauschenbach abgestellt worden sein. Unterlagen jedenfalls zeigen, dass Rauschenbachs Angebote teilweise deutlich unter denen anderer Bewerber und immer knapp unter dem von der Stadt geplanten Finanzrahmen liegen. In der vorläufigen Liste der Stadt sind zudem bei einzelnen Projekten andere Beträge verzeichnet, als in den Verträgen mit Rauschenbachs Firmen.

Beispiele:

  • Beim Schulbauprojekt „BBS III Dreyhaupt“ 2017, laut Plan kofinanziert aus EU-Mitteln des Landesprogramms Stark III, waren im Haushaltsjahr 2017 80.000 Euro für Projektsteuerung eingeplant. Die Firma Projectum gab ein Gebot von 78.581,63 Euro ab, ein zweiter Bieter aus Chemnitz lag bei über 142.000 Euro. Projectum bekam den Zuschlag freihändig von einem Stadtmitarbeiter. Die Summe wurde dann vertraglich festgeschrieben, in der vorläufigen Liste für den Stadtrat tauchen nun jedoch lediglich 63.529 Euro auf.
  • Beim Schulbauprojekt „Grundschule Albrecht Dürer“, ebenfalls ein Stark-III-Projekt, waren 2016 75.000 Euro für Projektsteuerung vorgesehen. Das Angebot von Projectum betrug 74.353 Euro, eine Firma aus Weißenfels bot die Leistung zum Preis von 78.000 Euro an, eine andere Firma aus Halle für 119.000 Euro. Projectum bekam den Zuschlag. Die Angebotssumme steht auch im Vertrag, in der vorläufigen Liste der Stadt jedoch tauchen für die Dürer-Schule 62.481 Euro auf, 12.000 Euro weniger
  • Beim Schulprojekt „Sanierung der Grundschule Glaucha“ 2015/16, Stufe 1–2, lag der Kostenrahmen für Projektsteuerung bei 45.000 Euro, Projektum bot einen 44.000-Euro-Preis, und der zweitbeste Bieter aus Leipzig lag bei 80.325 Euro. Projectum bekam den Zuschlag. Stufe 3–5 wurde dann freihändig ohne weiteres Verfahren vergeben, ebenfalls an Projectum, für weitere 66.000 Euro.
Der Sparkassen-Eisdom ist eine der Dauerbaustellen für Jens Rauschenbach.

Rauschenbach sitzt praktisch auf allen Seiten

Die Beispiele legen die Frage nahe, ob tatsächlich alles mit vergaberechtlich rechten Dingen zugeht bei der Stadt. Mitarbeitern der Stadtverwaltung, mit denen MDR und Städtische Zeitung gesprochen haben, stößt außerdem auf, dass Rauschenbach bei dieser Art Geschäft praktisch auf allen Seiten sitzt und bei vielen Schritten mitverdient: Als bezahlter Haushalts- und Wirtschaftsberater habe er intime Kenntnis der Finanzen der Stadt, auch der Mittel für Investitionen. So trägt er als Berater erst zu Investitionsprogrammen bei, an denen er dann als Projektsteuerer mit seinen Firmen als Auftragnehmer der Stadt teilnimmt. Stadtmitarbeiter stellen gegenüber MDR und Städtischer Zeitung zudem in Frage, ob die Steuerung beispielsweise des gesamten Schulbauprojekts vereinbar ist mit der Übernahme von Aufträgen für einzelne Schulen. 

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G.S.
6 Jahre her

Die Unterschiede der Summen Auftrag / Liste ist offensichtlich der Faktor 1,19, d.h. die Mehrwertsteuer.

Knothe, Felix
6 Jahre her
Reply to  G.S.

Laut Liste sollen es aber Bruttopreise sein.

G.S.
6 Jahre her
Reply to  Knothe, Felix

So wird überall getrickst.