IGS: Tablets für alle!

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Integrierte Gesamtschule Halle, Foto: StäZ

Glückliche Schüler, stolze Lehrer und Eltern: Die Integrierte Gesamtschule (IGS) am Steintor ist Halles erste Schule, an der alle Schüler ab Klasse 8 verpflichtend mit Tablet lernen sollen, in dafür geeigneten Fächern. Die ersten Schüler erhielten dazu am Mittwoch ihre Geräte, die in der Regel von den Eltern bezahlt werden müssen. Auch ein schulweites WLAN, das maßgeblich auf Initiative des  Fördervereins der IGS aufgebaut wurde, ging am Mittwoch in Betrieb. Thomas Senger, der Vorsitzende des Fördervereins und des Schulelternrats, der sich auch für die Einführung des Tablet-Unterrichts stark gemacht hatte, sagte, die IGS sei „die erste Schule in Halle und wahrscheinlich auch in Sachsen-Anhalt“, die die Digitalisierung des Unterrichts derart umfassend vorantreibe. Sukzessive könnten so auch herkömmliche Lehrbücher teilweise ad acta gelegt werden.[ds_preview]

Thomas Senger, Vorsitzender des Schulelternrats und des Fördervereins der IGS überreicht am Mittwoch Schülern ihre neuen Tablets.

Das Projekt geht zurück auf einen Beschluss der Gesamtkonferenz der Schule, der vorsieht, Tablets zu verpflichtenden Lernmitteln in bestimmten Fächern zu machen. So sollen die Schüler vor allem in Mathematik und den Naturwissenschaften, aber auch in Fächern wie Sozialkunde, mit den Geräten im Internet recherchieren, Präsentationen erstellen oder beispielsweise  Animationen abspielen, erläutert IGS-Schulleiter Volker Paschkowski. Auch für die Erstellung von Hausaufgaben oder zur Übermittlung des Lernstoffs an Schüler, die krank zu Hause bleiben müssten, sei der digitale Weg besser geeignet. „Aber natürlich können die Schüler damit nicht Sport machen oder experimentieren. Das Tablet ist also kein Allheilmittel und wird nicht alles bei uns auf den Kopf stellen. In den Aktivitäts- und Kreativitätsfächern zum Beispiel macht ein Einsatz praktisch gar keinen Sinn“, so Paschkowski.

Dennoch werden die Tablets im Unterricht auch die pädagogischen Konzepte verändern. „Unsere Lehrer müssen jetzt natürlich ihren Unterricht entsprechend anpassen.“ Zudem hätten die Kinder schon jetzt ab Klasse 5 Informatik und belegen ab Klasse 7 zusätzliche Pflichtförderstunden, um sie über den verantwortlichen Umgang mit digitalen Geräten und über Gefahren der digitalen Welt aufzuklären. Auch das gute alte Schulbuch könnte an der IGS irgendwann ausrangiert werden. „Wenn wir es schaffen, dann werden wir sukzessive auf elektronische Lehrbücher umstellen“, so Paschkowski. Noch sei das aber Zukunftsmusik.

Stilecht mit Knopfdruck: An der IGS wurde am Mittwoch auch ein WLAN in Betrieb genommen. (V.l.: Jürgen Fox, Vorstandsvorsitzender der Saalesparkasse, Thomas Senger, Volker Paschkowski, Schulleiter der IGS)

Der schulweiten Tableteinführung vorausgegangen war ein Pilotprojekt mit Geräten, die die Schule auf Initiative von Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) erhalten hatte. Die neue Phase bedeutet nun, dass alle Eltern ihren Kindern die einheitlichen neuen Geräte anschaffen müssen. Die Regelung ist analog beispielsweise zu Taschenrechnern und Tafelwerken und basiert auf dem Lernmittelerlass des Landes. Dabei gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren, in der jeder 8. Jahrgang entscheiden kann, ob er auf Tablets umsteigt oder nicht. Für alle Jahrgänge, die in der 5. Klasse neu aufgenommen werden, gilt die Verpflichtung ab Klasse 8.

Solch ein Tablet wird an der IGS verpflichtendes Unterrichtsmaterial.

Die Geräte der Marke ChilliGreen kosten 200 Euro. Sie arbeiten mit dem Betriebssystem Windows. Um soziale Härten zu vermeiden, wird bereits ab Klasse 5 ein Betrag von 5 Euro pro Monat angespart, so dass in Klasse 8 dann nur 50 Euro auf einen Schlag bezahlt werden müssen. Der Förderverein, über den die Geräte zentral angeschafft werden, könne in Einzelfällen auch Ratenzahlungen ermöglichen, so Thomas Senger. Ob beispielsweise das Jobcenter die Kosten für Hartz-IV-Empfänger übernehme, sei offen, so Senger. „Es gibt aber schon erste Rechtsprechung, wonach das Jobcenter dazu möglicherweise verpflichtet ist.“

Auch der Tablettyp ist vorgeschrieben, unter anderem um Sozialneid zu umgehen. „Es kann nicht jemand, dessen Eltern mehr Geld haben, hier mit einem vermeintlich schickeren Gerät auftauchen“, so Senger. Auch Sponsoren wie die Saalesparkasse sorgen für die Abfederung sozialer Härten. 6000 Euro spendete das Geldinstitut zu den Gesamtanschubkosten von ca. 12.000 Euro für Tablets und das neue WLAN. „Wir sind froh, dass wir mithelfen konnten. Nicht jeder kann es sich leisten. Um aber Chancengleichheit in der Bildung zu erreichen, haben wir uns hier engagiert“, sagt Jürgen Fox, Vorstandsvorsitzender der Saalesparkasse. „Wir reden immer über neue Medien und die neuen Anforderungen an die Jugend. Dazu gehört auch, dass diese neuen Medien Einzug in das Schulleben halten.“

Das WLAN funktionierte auf Anhieb. Ob 50 MBit/s allerdings reichen, muss sich zeigen.

Die Tabletschule ist jedoch nicht auf ungeteilte Begeisterung gestoßen. Es soll auch vereinzelt Skepsis und Ablehnung unter Eltern und Lehrern gegeben haben. „Das Tablet ist eines von verschiedenen Unterrichtsmatrialien. Es wird nicht dauernd und übermäßig eingesetzt“, sagt dazu Schulleiter Paschkowski. Thomas Senger ergänzt: „Wir werden sicher auch Fehler im Umgang mit der neuen Situation machen. Es wird Sackgassen geben. Aber wir wollen damit anfangen und auch selbst lernen.“ Zum digitalen Gesamtpaket gehört auch das schulweite WLAN, das am Mittwoch auf Knopfdruck ansprang und funktionierte. (Der rote Knopf war keine Attrappe!) Ob der Schulanschluss von 50 MBit/s allerdings ausreicht, um ganze Klassen mit Internet zu versorgen müsse sich ebenfalls noch zeigen. Solange es nur ein Jahrgang ist, der die Tablets habe, mag es gehen, doch die Stadt als Schulträger müsse schon jetzt darüber nachdenken, zusätzliche Netzkapazität zu buchen, so Senger.

Und ob der Akku für alle Bedürfnisse hält, ist ebenfalls eine spannende Frage. Ladekapazitäten in den Klassenzimmern seien jedenfalls kaum vorhanden, so Senger. „Das ist wie mit Füllerpatronen oder gespitzten Bleistiften: Jeder Schüler muss selbst darauf achten, dass sein Arbeitsmaterial einsatzbereit ist. Das heißt: Bitte mit geladenem Tablet in die Schule kommen.“

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Wilma
6 Jahre her

Die „vereinzelte Skepsis und Ablehnung“ zumindest unter Eltern rührt unter anderem daher, dass für Eltern hier kein pädagogisches/methodisches Konzept zu erkennen ist. Einige Eltern, deren Kinder am Pilotprojekt beteiligt sind, hätten es gern gesehen, dass vor der technischen Ausrüstung der Kinder eine methodische Schulung der Pädagogen erfolgt. Auch ein einleitender Kurs im Zehnfingersystem hätte allen Schülern gut getan. Da zudem die Geräte nicht in der Schule bleiben können (es fehlen die Steckdosen zum Aufladen!), ist der Schulrucksack bisher nicht leichter, sondern schwerer geworden – und das Gerät durch den ständigen Transport gefährdet. Einige weitere Gründe kommen dazu, so dass bisher… mehr lesen »