Der frühere Bildungsbeigeordnete Tobias Kogge sprach oft, wenn es um den Schulbau ging, von einer Perlenschnur. Saniert man eine Schule, folgten die nachfolgenden Projekte wegen der komplizierten Ausweich- und Umzugsplanungen wie aufgereiht, und käme ein Perle abhanden und die Kette zerrisse, dann fielen auch alle anderen Perlen herunter. Die Dringlichkeit, die dieses Bild vermitteln sollte – nach dem Motto: So, und nur so, kann der Plan funktionieren – ist besonders bei einem aktuellen Thema wieder einmal, so scheint es, besonders akut: Es geht um die Holzplatzschule. Und auch hier ist Jens Rauschenbach mit seinen Firmen nicht weit. Das Beispiel zeigt, welchen Einfluss die Firmen des Beraters und Projektsteuerers auch auf Aufgaben nehmen, die eigentlich dem Stadtrat und der Verwaltung vorbehalten sind. [ds_preview]

Umzugsszenario der städtischen Schulen.

Die Holzplatzschule ist eine sehr neue Idee, gemessen an den normalerweise relativ langfristig ausgelegten Schulplanungen in Halle. Im Bildungsausschuss des Stadtrats tauchte sie zum ersten Mal im Oktober 2017 auf, erinnern sich Stadträte. Die Schule wurde nur zum Thema bei den Haushaltsberatungen, weil die Räte die Tabellen aufmerksam gelesen hatten und nachfragten, was das denn für eine neue Schule am Holzplatz werden solle. Die Verwaltung selbst hatte es nicht von sich aus berichtet.

Die Schülerzahl steigt in Halle, irgendwann in mehreren Jahren braucht die Stadt wohl noch eine weitere Sekundar- oder Gemeinschaftsschule. Bis dahin, so der neue Plan, soll das in Fertigteilbauweise errichtete Gebäude in der Nähe des alten Gasometers der zentrale Ausweichstandort für andere Schulen sein, die saniert werden, angefangen mit der Neustädter Grund- und Gemeinschaftsschule Kastanienallee. Und wo Schulen saniert werden, ist meist die Rauschenbach-Firma Projectum der Projektsteuerer.

Am Holzplatz hinter dem ehemaligen Karstadt-Zentrum will die Stadt ein neues Schulgebäude bauen (Foto: xkn)

Den Fördermittelbescheid für die Kastanienallee hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) im Herbst persönlich übergeben. Die Zeit läuft also, denn wenn der Bescheid vorliegt, muss das Geld innerhalb von zwei Jahren verbaut sein. Bis Ende 2019 also. Wie aber, wenn es noch keinen Ausweichstandort gibt? Die Perlenschnur ist also aufgereiht, so scheint es. Deshalb soll, so der derzeitige Plan, der Stadtrat schnell in einer der nächsten Sitzungen für die Holzplatzschule votieren und dabei wesentliche Beschlüsse, die er normalerweise als Zwischenschritte fällen müsste, überspringen. Viele Räte fühlen sich durch dieses Verfahren überfahren. „Wir haben praktisch keinerlei Wahl mehr“, so ein Stadtrat zur Städtischen Zeitung.

Unterlagen, die dem MDR und der Städtischen Zeitung vorliegen, zeigen aber, dass der Zeitdruck keineswegs unausweichlich war. Bereits im Juni hatte Jens Rauschenbach in einer internen Mail an die Bildungsbeigeordnete Katharina Brederlow den Plan Holzplatzschule dargelegt und den Finanzrahmen (15,1 Millionen Euro) skizziert. Noch im Juni wollte er mit Kämmerer Egbert Geier „die Deckungsmöglichkeiten besprechen“. Das war vier Monate, bevor der erste Stadtrat offiziell von dem Plan erfuhr, genug, um eher mit den Räten ins Gespräch zu kommen und die nötigen Beschlüsse einzuleiten.

Warum Rauschenbach überhaupt so eine starke Rolle bei der Planung der Projekte spielt, an denen er hinterher selbst mit verdient, beantwortet er wie folgt: „Im Zuge unserer Beauftragung der Projektsteuerung zu den Stark III Schulprojekten gehörte auch, dass wir auf Folgen und Konsequenzen im Sanierungsablauf und auf den notwendigen Bedarf von Ausweichstandorten hinweisen. Hierzu wurden wir durch unseren Auftraggeber ausdrücklich aufgefordert.“

Stadträte sehen darin ein klares Muster: Dringlichkeit besteht immer, zumeist sind die Projekte auch „zwingend“, dabei solle wohl einfach nur Druck ausgeübt werden, damit Rauschenbachs und Oberbürgermeister Bernd Wiegands Pläne aufgehen.

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