Die Mail, über die in Halles Stadtverwaltung seit Monaten entweder schamlos gespottet oder fassungslos der Kopf geschüttelt wird, hat nur drei Worte. „Meine arme Aorta“ schreibt der Leiter eines Verwaltungs-Fachbereichs am 21. März 2017 „von [s]einem iPhone gesendet“. Empfänger ist Berater und Projektsteuerer Jens Rauschenbach. Was war passiert?[ds_preview]

„Ich dreh hier sonst noch durch“

Offenbar lief in der Stadtverwaltung nicht alles, wie von Rauschenbach gewünscht. Thema des Mailverkehrs, der dem MDR und der Städtischen Zeitung vorliegt, war die 2. IGS in der Rigaer Straße. Die Art und Weise des Schriftverkehrs spricht nach Ansicht vieler in der Stadtverwaltung Bände über das Arbeiten unter Wiegand und Rauschenbach.

„Hallo Frau Ernst,“, schreibt Rauschenbach da an die Büroleiterin des OB, „leider ist die Entscheidung des OB, die Planung der IGS [gemeint ist die 2. IGS, Anm. d. Red.] in der jetzigen Form ungebremst fortzuführen [in der Verwaltung, d.Red.] nicht angekommen.“

2. IGS in der Rigaer Straße. (Foto: xkn)

Seit Wochen schon schwelte zwischen Wiegand und dem Stadtrat der Streit um eine Aula in der 2. Integrierten Gesamtschule. Der Stadtrat wollte sie durchsetzen, Wiegand sie verhindern oder zumindest verzögern. Also verzögerte sich der Baubeschluss. Der wiederum Voraussetzung für die Vergabe von Planungsleistungen in Höhe von 400.000 Euro für die nächsten Ausführungsstufen des Projekts war. So sahen es zumindest die Mitarbeiter der unteren Ebene: Bevor nicht der Baubeschluss des Rates im besiegelten Stadtratsprotokoll auf ihrem Tisch liege, würden sie die Mittel nicht beantragen und freigeben. Rauschenbach besteht nun in seiner Mail an Ernst auf einer anderen Auffassung: „Die Mittel im Haushalt sind da. Die Planer sind bereits vergaberechtlich sauber beauftragt und stehen Gewehr bei Fuß.“ Eine Weiterbeauftragung vor einem Baubeschluss sei „auch unproblematisch“.

Für Rauschenbach offenbar erschwerend kam hinzu, dass im betreffenden Fachbereich sowohl der Chef als auch der Stellvertreter nicht da waren. „[Stellvertreter] Herr […] ist diese Woche krank und die Mitarbeiter machen ihr eigenes Ding. Es wird Zeit, dass [Fachbereichsleiter] Herr […] wieder an Bord ist, ich dreh hier sonst noch durch.“

Am Ende erreicht Rauschenbachs Beschwerde doch noch den zuständigen Fachbereichsleiter auf dessen iPhone, der sich umgehend bei den Sachbearbeitern meldet und um unverzügliche Beantragung der 400.000 Euro bittet, nicht ohne auf frühere Aussagen von Oberbürgermeister Bernd Wiegand in der Presse zu verweisen, wonach dieser „jedwede Mensabauten u.ä. Ergänzungen [der 2. IGS, d. Red.] kategorisch ablehnt.“

Gleich danach leitet er die Mail an Rauschenbach weiter, mit den drei Worten, die in der Stadtverwaltung mittlerweile zum geflügelten Wort geworden sind: „Meine arme Aorta.“ Die 400.000 Euro seien übrigens, das bestätigen Stadtmitarbeiter, schon vor dem Baubeschluss für die Planung freigegeben worden.

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