MZ-Verkauf: Stellenabbau befürchtet

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Der Titel soll bleiben. Im Hintergrund dürfte sich aber einiges ändern nach dem Verkauf der Mitteldeutschen Zeitung an die Bauer Media Group. Die gibt nämlich das Konkurrenzblatt Volksstimme in Magdeburg heraus. (Screenshot: Möbius)
Der Titel soll bleiben. Im Hintergrund dürfte sich aber einiges ändern nach dem Verkauf der Mitteldeutschen Zeitung an die Bauer Media Group. Die gibt nämlich das Konkurrenzblatt Volksstimme in Magdeburg heraus. (Screenshot: Möbius)

Halle/StäZ – „Dies ist ein schwarzer Tag für die Medienvielfalt in Sachsen-Anhalt. Es lässt sich an diesem Eigentümerwechsel nichts erkennen, was für die Belegschaft und für die Leserinnen und Leser in unserem Bundesland von Vorteil sein könnte.“ Mit diesen Worten kommentierte am Mittwoch Uwe Gajowski, der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes Sachsen-Anhalt, den Verkauf der Mitteldeutschen Zeitung durch den DuMont-Verlag an die Bauer Media Group in Hamburg. Die DuMont-Führungsspitze hatte den Deal am Mittwoch im MZ-Medienhaus verkündet. Der Transaktion müsse aber noch Bundeskartellamt zustimmen. Offen ist, wann das geschieht. Die Zustimmung sei notwendig, weil die Bauer Media Group als Eigentümerin der Magdeburger Volksstimme durch den Zukauf der MZ in Sachsen-Anhalt Monopolist mit einer Gesamtauflage von rund 300.000 Exemplaren würde. Derweil bangen viele der 1.100 Mitarbeiter der einst mächtigen MZ weiter um ihre Jobs. Auch wenn es zunächst hieß, dass durch Bauer an den bisherigen Verträgen festgehalten werden soll, befürchtet zumindest der DJV einen massiven Stellenabbau wie in den 1990er Jahren bei der Volksstimme.[ds_preview]  

Im Medienhaus der Mitteldeutschen Zeitung in der Delitzscher Straße in Halle gelingt es seit Jahres nicht, die heftigen Auflagenverluste zu stoppen. Entwickelte Strategien wie die von MZ-Chefredakteur viel beschworene "Digitale Transformation" blieben ohne Erfolg. (Foto: Jan Möbius)
Im Medienhaus der Mitteldeutschen Zeitung in der Delitzscher Straße in Halle gelingt es seit Jahres nicht, die heftigen Auflagenverluste zu stoppen. Entwickelte Strategien  blieben ohne Erfolg. (Foto: Jan Möbius/Archiv)

Das Verhalten des Medienhauses Bauer in Magdeburg in der Vergangenheit gebe ihm wenig Hoffnung für die zukünftige Entwicklung, so Sachsen-Anhalts DJV-Chef Gajowski. Beim Magdeburger Zeitungshaus sei nach der Übernahme durch Bauer in den 1990er Jahren  kräftig gespart worden. „Natürlich zu Lasten der Mitarbeiter“, wie Gajowski mitteilte. „Nach dem Erwerb der Volksstimme in der Wendezeit hebelte der neue Eigentümer etwa die betriebliche Mitbestimmung durch die Ausgründung in mehrere Dutzend Unternehmen aus.“ Einen Betriebsrat gebe es bei dem Magdeburger Blatt seitdem nicht mehr. Die „Volksstimme“ der Gegenwart werde von mehr als 40 Einzelunternehmen produziert. „Viele Mitarbeiter verloren zudem ihren Job“, erinnerte Gajowski am Mittwoch.

Schonfrist für Verträge gilt nur ein Jahr

Mit seinen düsteren Vorahnungen ist der DJV-Vorsitzende derweil nicht allein. Die Zersplitterung der Volksstimme in Einzelunternehmen war in den vergangenen Jahren immer wieder Thema auf den MZ-Fluren: „Alle, aber bitte nicht Bauer“, hieß es dort oft. Wie am Mittwoch zu erfahren war, kocht auch jetzt wieder die Angst vor Ausgliederungen etwa der Lokalredaktionen in eigenständige Firmen bei der MZ hoch. Denn dann wäre die Zusicherung, an den bisherigen Verträgen etwa für Redakteure wede sich nichts ändern, passé. Die Einzelunternehmen könnten neue Abschlüsse mit der bisherigen DuMont-Belegschaft verhandeln – freilich zu weit schlechteren Konditionen. Ohnehin könnten die derzeitigen Verträge ab dem kommenden Jahr nicht mehr das Papier wert sein, auf dem sie gedruckt stehen: Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt bei einem Betriebsübergang eine einjährige Schonfrist für die Mitarbeiter. Kündigungen und Vertragsänderungen sind durch den neuen Eigentümer erst danach möglich. Die Reaktion eines Redakteurs nach der Verkündung am Mittwoch: „Bloß schnell weg hier.“

Kündigungen und Stellenstreichungen könnten, so befürchtet neben vielen MZ-Mitarbeitern auch der DJV, zudem mit den am Mittwoch oft angekündigten Synergieeffekten drohen, die durch das Geschäft zwischen MZ und Volksstimme entstehen sollen. „Wir befürchten bei der Mitteldeutschen Zeitung einen Stellenabbau zum Beispiel im Mantelressort. Warum sollte sich Bauer auch zwei Politikredaktionen oder zwei Wirtschaftsredaktionen in einem Bundeslands leisten, wenn es doch auch mit einer geht“, so Gajowski. Der den Mitarbeitern gegebenen Versicherung, dass „sämtliche vertraglichen Vereinbarungen bestehen bleiben“ traue ihm zufolge der DJV in Sachsen-Anhalt nicht. Der Verband fordert daher vom neuen Eigentümer der MZ, zu seiner verlegerischen Verantwortung zu stehen. Dazu gehöre der Erhalt der journalistischen Arbeitsplätze nicht nur bei der Mitteldeutschen Zeitung selbst, sondern auch bei den zum Unternehmen zugehörigen Anzeigenblättern „Wochenspiegel“, „Super-Sonntag“ und dem lokalen Fernsehsender „TV-Halle“.

Bauer hält sich zu Zukunft von Chefredakteur Hartmut Augustin bedeckt

Die wohl kaum vermeidbaren Veränderungen bei der Mitteldeutschen Zeitung dürften indes auch die Chefredaktion treffen. Dass Bauer nach der Übernahme des unter extremen Auflagenverlusten leidenden Blattes an der bisherigen redaktionellen Leitung um Chefredakteur Hartmut Augustin festhält, ist kaum zu erwarten. Beim neuen MZ-Verleger in Hamburg hält man sich aber noch bedeckt. Auf die Frage der Städtischen Zeitung, wer neuer Chefredakteur der MZ wird, antwortete Unternehmenssprecherin Natja Rieber: „Für konkrete strategische Entscheidungen wäre es zu früh. Damit warten wir zunächst auf die Freigabe durch das Bundeskartellamt.“

Augustin ist seit Juni 2010 Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung. Zuvor war der 55-Jährige Ressortleiter Berlin/Brandenburg bei der Berliner Zeitung, damals ebenfalls ein DuMont-Blatt. DuMont hatte Augustin eigentlich nach Halle geholt, um neuen Schwung in die MZ zu bringen. Was auch anfangs gelang. Doch im Sommer 2017 sah sich Augustin mit harter Kritik aus der redaktionellen Belegschaft konfrontiert. In einem offenen Brief an die DuMont-Konzernspitze kritisieren unbekannte Verfasser des Schreibens, dass die Regionalzeitung unter dem Chefredakteur „im rasanten Tempo an Ansehen in der Region verliert, sich Leser abwenden und das Haus unter der Führung eines Chefredakteurs leidet, der nach Gutsherrenart regiert“. Auch organisatorisch habe Augustin, so seine Kritiker, die Redaktion falsch aufgestellt. Durch eine neue Produktions-Struktur fehlten wichtige Mitarbeiter in den Lokalredaktionen, wo die aktuelle Ausgaben entstünden, lautete 2017 die Kritik, die freilich von DuMont zurückgewiesen wurde. Tatsächlich hatten zu dieser Zeit  bereits etliche Journalisten und Mitarbeiter die MZ zu anderen Medienunternehmen, Pressestellen oder in die Selbständigkeit verlassen.

Neuer Chef der MZ-Mediengruppe: Marco Fehrecke (Quelle: DuMont)
Neuer Chef der MZ-Mediengruppe: Marco Fehrecke (Quelle: DuMont)

Nicht nur zur Zukunft von MZ-Chefredakteur Hartmut Augustin und seinem engeren Führungsteam hält man sich bei Bauer in Hamburg derzeit noch bedeckt. Auch viele weitere Fragen könnten derzeit nicht klar beantwortet werden, solange die Zustimmung des Bundeskartellamts nicht vorliege. Wann das geschehe, ist offen, die Prüfung laufe aber bereits.

Eine erste personelle Veränderung im halleschen Medienhaus wurde aber schon am Mittwochvormittag  bekannt gegeben. Marco Fehrecke, Leiter der Mediengruppe Magdeburg, wird auch die geschäftliche Führung der Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung in Halle übernehmen. Zudem stehe man mit dem Betriebsrat der MZ in Kontakt, teilte Bauer-Sprecherin Rieber am Mittwoch auf Nachfrage der StäZ mit.

Landesregierung zeigt sich überrascht

Während in Halle über die Zeitungstransaktion kontrovers diskutiert wird, scheint die Übernahme der MZ in Halle durch die Volksstimme in Magdeburg für die Landesregierung überraschend gekommen sein. Von den Ereignissen am Mittwoch scheinbar überrumpelt teilte Regierungssprecher Matthias Schuppe auf StäZ-Nachfrage mit, für Aussagen zu Auswirkungen auf die Medienlandschaft  „ist es einfach noch zu früh“. Man kenne den Vorgang nicht hinreichend und wolle die kartellrechtliche Prüfung abwarten. Seit fast einem Jahr steht jedoch eine Übernahme der MZ durch die Bauer-Gruppe bereits im Raum.

Linksfraktion im Landtag: „Sinnbild für die Krise der Printmedien“

Aufmerksamer blickt hingegen die Opposition auf den Vorgang: „Für die Medienlandschaft in Sachsen-Anhalt ist der Verkauf keine gute Nachricht“, so Stefan Gebhardt, medienpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag. Journalistische Berichterstattung lebe von Vielfalt und gesunder Konkurrenz, teilte er mit. „Schon bisher bot der Print-Medienmarkt in Sachsen-Anhalt mit zwei regionalen Tageszeitungen in weitgehend getrennten Verbreitungsgebieten wenig journalistische Vielfalt. Mit der Übernahme der Mitteldeutschen Zeitung durch die Bauer Media Group besitzt diese nun ein Monopol auf dem Print-Medienmarkt im Land.“

Für Gebhardt sei die Entscheidung des DuMont-Verlages, die Mitteldeutsche Zeitung abzustoßen und an die Bauer Media Group zu verkaufen, eine rein wirtschaftliche, die die Auswirkungen auf die Medienlandschaft und die Qualität des Journalismus insgesamt in keiner Weise berücksichtige. „Sie ist ein Sinnbild für die Krise der Printmedien insgesamt. Sie muss auch angesichts dessen hinterfragt werden, dass der DuMont-Verlag die Mitteldeutsche Zeitung vor gerade einmal vier Jahren mit einem kostenintensiven Newsroom ausstattete und die trimediale Zukunft in Angriff nehmen wollte. Überdies ließen es der DuMont-Verlag und die Mitteldeutsche Zeitung selten an Erfolgsmeldungen missen.“

Lesen Sie auch einen Kommentar zum Verkauf der MZ.

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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

Im Jargon der MZ wird jetzt optimiert, mehr hätte sich das liberale Feigenblatt nie getraut zu schreiben.