Zukunft der Schwimmbäder: Im Prinzip ja

Zwei hallesche Schwimmhallen gelten als besonders sicher und wurden dafür ausgezeichnet. Über die Zukunft der Bäder wird aber erst 2020 entschieden.

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Übergabe der Schwimmbad-Prüfzertifikate (v.l.): Sven Thomas, Vorsitzender der DRK-Wasserwacht Halle, Oberbürgermeister Bernd Wiegand, Annette Waldenburger, Geschäftsführerin der Bäder Halle GmbH, und Christina Trebus, Aufsichtsperson der Unfallkasse Sachsen-Anhalt.

Halle/StäZ – Anfrage an den Sender Jerewan: Sind Schwimmbäder Bildungseinrichtungen? Im Prinzip ja, würde Sven Thomas, der Vorsitzende der DRK-Wasserwacht Halle, wohl sagen. Und ein Aber gibt es vorerst nicht, außer: Es sind zu wenige, auch in Halle. Sven Thomas meint das alles keineswegs witzig oder sarkastisch. Und der Rückgriff auf den früheren sozialistischen Galgenhumor ist natürlich ausschließlich ein Kniff des hier schreibenden Journalisten. Schon um am Ende des Artikels wieder darauf zurückkommen zu können. Sven Thomas dagegen ist es Ernst: Ohne Schwimmbäder lernen Kinder nicht richtig schwimmen, die Unfallzahlen und die der Ertrunkenen in Deutschland steigen. Der gleiche Effekt tritt ein, wenn es zwar Schwimmbäder gibt, aber nicht genug Kinder dort schwimmen gehen. Deshalb tun er und die Unfallkasse des Landes etwas dagegen. Sie sind derzeit auf Tour durchs Land und zertifizieren die Schwimmbäder. Die Idee dahinter: In Schwimmbäder mit einem Zertifikat gehen Besucher wieder öfter mit ihren Kindern. Offen ist allerdings, wie es in Zukunft mit den Schwimmbädern in Halle weitergeht. [ds_preview]

Stadtbad und Schwimmbad Neustadt sind die sichersten

Thomas ist also gemeinsam mit Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle), der Chefin der halleschen Bäder GmbH Annette Waldenburger und Christina Trebus von der Unfallkasse in diesen Tagen vor die Presse getreten, um einen Erfolg – je nach Lesart – zu würdigen (Thomas) beziehungsweise zu feiern (Wiegand): Alle beide untersuchten halleschen Bäder, das Stadtbad und die Schwimmhalle Neustadt, haben den Test nicht nur bestanden. Sie zählen auch zu den sichersten Schwimmbädern des Landes. Thomas‘ Verein, die Wasserwacht Halle, ist seit einigen Jahren deutschlandweit anerkannter Schwimmbadtestverein. Die Sachsen-Anhalt-Tour durch die Schwimmbäder des hiesigen Bundeslandes ist zunächst auf zwei Jahre angelegt, soll aber danach fortgeführt werden.

Frauenhalle des Stadtbads. (Foto: Stadtwerke Halle/Archiv)

Sicher ist ein Schwimmbad vor allem für Kinder dann, so Sven Thomas, wenn das Sicherheitskonzept besonders auf sie achtet. „Kinder sind ansonsten in Schwimmhallen die am schlechtesten bewachten Menschen“, sagt Thomas. Denn sie würden zunächst einmal nicht durch geschulte Rettungsschwimmer beobachtet, sondern durch Erwachsene, „Nicht-Rettungsschimmer“. Diese wissen im Zweifel nicht, wie man ein ertrinkendes Kind erkennt. Auch die Nichtschwimmerbecken können gerade für unbeobachtete kleine Kinder gefährlich sein. „Hinzu kommt, dass die Kinderbäder oft baulich im toten Winkel der Retter liegen“, so Thomas. All diese Kriterien berücksichtigt die Prüfung durch die Wasserwacht. Sie sieht üblicherweise so aus, dass die Prüfer mit einer angemeldeten Gruppe ins Bad gehen. Die Prüfer selbst sind dabei aber unangemeldet. Die Auswertung der Prüfung erfolgt dann vertraulich mit dem Badbetreiber. Man wolle niemanden an den Pranger stellen, sondern echte Verbesserungen, wo nötig. In Halle sei die Situation jedenfalls sehr zufriedenstellend. Die Kinder sind sicher.

Thomas: Im Land fehlen 50 Schwimmhallen

Mit dem Ergebnis für Halle kann auch die Unfallkasse sehr gut leben. Christina Trebus von der Unfallkasse rief explizit die Kitas auf, wieder mehr für die Gewöhnung auch schon der Kindergartenkinder an das Wasser zu tun. Denn das sei mit das Wichtigste, was man zur Vorbeugung gegen spätere Unfälle tun könne. „Lieber Erzieher, geht wieder baden mit den Kindern“, so Trebus. Zuletzt hatten Badeunfaälle mit Kita- und Hortkindern dafür gesorgt, dass etliche Träger als Konsequenz Badeausflüge gestrichen hatten.

Andererseits nutzte Sven Thomas, der auch für Hauptsache Halle im Stadtrat sitzt, den Pressetermin, um seinem Leib- und Magenthema einmal mehr Gehör zu verschaffen: Die Politik tut – zertifizierte Schwimmbäder hin oder her – zu wenig gegen die Verschlechterung der Schwimmfähigkeit der Bevölkerung. Erst Anfang Dezember hatte eine Petition der DLRG bundesweit für einen Tag Aufmerksamkeit gesorgt. Ob sie ein politisches Umdenken bewirkt, ist fraglich. Auch auf das Land Sachsen-Anhalt bezogen formulierte Sven Thomas einen aus seiner Sicht deutlichen Mangel an Schwimmbädern.„Man müsste in Sachsen-Anhalt über 50 Schwimmhallen neu bauen, um überhaupt den Bundesdurchschnitt zu erhalten.“ Derzeit gebe es ganze 25. „Wir müssen uns also nicht wundern, dass die Kinder nicht mehr schwimmen lernen“, so Thomas. Auch in Halle, fehle zum Durchschnitt noch eine ganze Schwimmhalle, so Thomas, der jedoch gleich wieder einschränkte, dass man hier ja dennoch diesbezüglich auf einer „glücklichen Insel“ lebe. Und auch er wisse um die Haushaltslage der Stadt. „Wir müssen aber“, so Thomas, „wegkommen davon, Schwimmhallen als freiwillige Aufgaben der Kommunen zu betrachten.“

Wiegand: „Werden über jedes Bad diskutieren.“

Und so war der Verweis auf die kommunale Haushaltslage denn auch die Steilvorlage, einmal grundsätzlich die Frage nach der Zukunft zu stellen. Halle muss sparen. Wird es auch die Schwimmhallen und Freibäder treffen? Für 2020 steht die Neuverhandlung des Bäderfinanzierungsvertrags zwischen der Stadt und den Stadtwerken, die die Bäder in einer eigenen GmbH betreiben, an. „Wir führen die Debatte auch hier in Halle“, so Oberbürgermeister Bernd Wiegand mit Blick auf die bundesweiten Diskussion. Bund und Länder müssten den Schwimmunterricht weiter fördern. Sein Ziel sei es, „hier kein weiteres Bad zu schließen“. Auf Nachfrage, ob das auch für das Problemkind Angersdorfer Teiche gelte, sagte Wiegand dann aber noch diese zwei Sätze: „Das müssen wir besprechen. Wir werden über jedes Bad diskutieren.“

Anfrage an Sender Jerewan: Gibt es eine Zukunftsgarantie für alle halleschen Bäder. Antwort Wiegand: Im Prinzip ja. Aber es wird über alle Bäder gesprochen.

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