E‑Scooter ab sofort in Halle im Einsatz

Ab Freitag sind 176 E-Scooter in Halle im Einsatz, zunächst in einer Pilotphase.

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Die Peißnitzbrücke gehört mit zum E‑Scooter-Testgebiet. Micha Hübel, Marie-Kristin Gering und Isabel Hermann vom Stadtmarketing Halle führen die Gefährte vor. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Sie fahren fast lautlos. Man kann per App den nächstgelegenen suchen, aufsteigen und ihn dann am Ankunftsort in einer bestimmten Parkzone wieder stehen lassen. Wie in mittlerweile vielen anderen Städten auch, beginnt nun auch in Halle die Zeit der E‑Scooter. Die Berliner Firma TIER nimmt ab Freitag in der Innenstadt 176 der Elektroroller im Rahmen eines Pilotprojekts in Betrieb, ab Januar sollen noch einmal so viele dazukommen. Halle ist damit die erste Stadt in Sachsen-Anhalt, in der ein E‑Scooter-Verleiher den Markt betritt, in enger Kooperation mit der Stadt und dem Stadtmarketing.[ds_preview]

TIER-City-Manager für Halle ist Georg Grams. (Foto: xkn)

„Wir werden heute Nacht die ersten Scooter auf die Straße bringen“, sagte Georg Grams, City-Manager von TIER in Halle am Donnerstag bei einer Pressevorführung der Geräte auf der Peißnitz. Das Pilotprojekt ist jedoch zunächst auf ein fünf Quadratkilometer großes Areal in der Innenstadt, zwischen Hauptbahnhof, Altstadt, Paulusviertel, Peißnitzinsel und dem Technologiepark Weinberg-Campus, begrenzt. Verlässt man mit dem Roller diese Zone, wird das GPS-überwachte Gerät heruntergeregelt und kann nur noch 5 km/h schnell fahren. Normalerweise sind es bis zu 20 Stundenkilometer. Auch den Mietvorgang kann man erst beenden, wenn man wieder in der sogenannten Business Area ist. Ist das Pilotprojekt erfolgreich, kann das E‑Scooter-Fahrgebiet schrittweise ausgeweitet werden. Der Testbetrieb soll bis zum Frühjahr 2020 laufen und dann in einen Rahmenvertrag zwischen Stadt und TIER münden. In diesem sollen dann auch weitere Regeln festgelegt werden: sogenannte „No Parking Areas“, in denen die Roller nicht abgestellt werden können, offizielle Parkplätze sowie „No Fast Zones“, also geschwindigkeitsbegrenzte Bereiche.

Seit Juni ist die „Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung“ (eKFV) in Deutschland in Kraft. Demnach darf man E‑Scooter ab 14 Jahren fahren. Eine Fahrerlaubnis ist nicht erforderlich. E‑Scooter haben eine Höchstgeschwindigkeit von 20 Km/h, müssen Klingel und Beleuchtung haben. Es gibt keine Helmpflcht, aber eine Helmempfehlung. Im Straßenverkehr dürfen sie im Prinzip alles, was ein Fahrrad auch darf oder nicht darf. Zusätzlich dürfen sie Gehwege und Fußgängerzonen nutzen, wenn dort das Zusatzschild „Elektrokleinstfahrzeuge frei“ angebracht ist. Dann gilt aber strikt Schrittgeschwindigkeit. Das Zusatzschild „Radfahrer frei“ etwa an Einbahnstraßen gilt für E‑Scooter hingegen nicht.

Zusatzschild „Elektrokleinstfahrzeuge frei“.
Anweisungen auf dem E‑Roller. (Foto: xkn)

Einen Euro Entsperrgebühr und 15 Cent pro Minute müssen E‑Scooter-Mieter für eine Fahrt berappen. Gedacht sind die Gefährte daher für einfache Fahrten von wenigen Kilometern in der Stadt. Sie sollen so die öffentlichen Verkehrsmittel ergänzen beziehungsweise eine Lücke zwischen kurzen Fußwegen und längeren Radfahrstrecken in mit ÖPNV nicht optimal versorgten Gebieten schließen. Zudem richtet sich das Angebot an Touristen, die die TIER-eigene App, die für alle Vorgänge rund um den E‑Scooter nötig ist, zum Teil bereits aus ihren Heimatstädten und ‑ländern mitbringen. TIER ist europaweit bereits in rund 50 Städten präsent. In Halle hat die Firma gemeinsam mit dem Stadtmarketing bei der Einführung zusammengearbeitet. „Das Ziel des Stadtmarketings ist es, die Mobilität in der Stadt immer zu erweitern“, sagt Prokuristin Marie-Kristin Gering. „Das E‑Scooter-Angebot richtet sich daher nicht nur an Touristen, sondern auch an alle Einwohner der Stadt.“ So könnten etwa auch räumlich abgelegenere Touristenziele wie das Landesmuseum für Vorgeschichte noch besser erreicht werden. „Zielgruppe sind aber auch hier ansässige Unternehmen und ihre Mitarbeiter“, so Gering. Also der einfache Weg zur Arbeit.

Smartphone-Pad mit Ladefunktion am Lenker. (Foto: xkn)

Die Hallenser werden sich also ab Freitag an den Anblick E‑Scooter fahrender Menschen und an die in ihren Parkzonen bereitstehenden Roller gewöhnen müssen. Denn TIER, das machte City-Manager Georg Grams deutlich, ist gekommen um zu bleiben. Im Hintergrund zieht TIER auch eine kleine lokale Logistik rund um die E.Scooter auf. Die Roller der neuesten Generation sind, anders als ihre Vorgängermodelle, mit wechselbaren Akkus ausgestattet, die von TIER-Mitarbeitern ständig fernüberwacht und bei Bedarf vor Ort ausgetauscht werden. Der Stützpunkt dazu befindet sich in Diemitz. Die TIER-Mitarbeiter sind also tagsüber mit zwei Elektro-Lieferwagen im Stadtgebiet unterwegs. Der Vorteil der tauschbaren Akkus: Anders als in anderen Städten werden die halleschen E‑Scooter nicht über Nacht jedes Mal eingesammelt. Das schont die Umweltbilanz der in dieser Frage auch durchaus umstrittenen Fahrzeuge. Tier jedenfalls verspricht CO2-neutrales Fahren rund um die Uhr. „Wir werden die Flotte immer im Stadtgebiet aktiv halten, außer bei Schnee und Glätte“, so Grams. Die Lebensdauer eines Rollers gab er am Donnerstag mit 24 Monaten „Mindesthaltbarkeit“ an. „Recycling und Sustainability [Nachhaltigkeit, d. Red.] ist für uns ein ganz großes Thema, das sich durch das ganze Unternehmen zieht“, so Grams. Ausrangierte Scooter würden später aufgearbeitet und gebraucht an Privatleute weiterverkauft.

Extra breites Trittbrett, Helm ist empfohlen. (Foto: xkn)

Wer einen Scooter fahren will, muss eigentlich nicht viel mitbringen außer ein wenig Gleichgewichtssinn und eine gesunde Vorsicht gegenüber der Geschwindigkeit. Die Roller fahren bis zu 20 Stundenkilometer, und der Motor, der das Heckrad antreibt, ist durchaus kräftig. „Wir setzen eine gewisse Vernunft im Umgang mit den E‑Scootern voraus“, so Grams. Über einen Drehknopf am Lenker gibt man – nachdem man den Roller mit einem kräftigen Anschieber in Gang gesetzt hat – Strom. Zwei starke Bremsen am Lenker bremsen. Den Rest, also Freischaltung, Abschaltung, das Woher und Wohin regelt man per Smartphone-App. Für das persönliche Endgerät haben die Scooter zudem ein kleines Extra parat: Am Lenker ist ein Klemmbrett mit kabelloser Ladefunktion angebracht. Das stört freilich möglicherweise etwas beim Fahren. Aber das alles ist auch zu einem Gutteil Gewöhnung.

Die Akkus der E‑Roller werden mit Elektro-Lieferwagen wie diesem ausgetauscht. (Foto: xkn)
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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

Viel Spaß mit den Straßenbahnschienen und dem Kopfsteinpflaster!

U. Geiß
4 Jahre her

Was für ein tolles Beispiel: “ räumlich abgelegenere Touristenziele wie das Landesmuseum für Vorgeschichte”! Da hält die Straßenbahn direkt vor der Tür, da benötigt niemand einen E‑Roller, um hin zu kommen.

siggivonderheide@me.com
4 Jahre her
Reply to  U. Geiß

Stimmt, aber eine Dummheit die gerade in Mode ist kann mit aller Macht der Vernunft nicht verhindert werden. Ich hoffe auf die zu kleinen und zu schmalen Reifen, unser gutes Kopfsteinpflaster und die Strassenbahnschienen. Niemandem etwas Böses wünschend erwarte ich bald den ersten Unfall eines E‑Scooters im Giebichenstein. Abgesehen davon 300 Meter kosten 15 Cent plus 1 Euro einloggen. Das ergibt 1,5 km Strecke um den Preis einen Kurzstreckenfahrschein bezahlen zu können. Bis in die Neustadt ist dann auch der Preis für eine normale Fahrkarte erreicht. Rechnen werden die Leute am Ende dann wohl doch.