Stadt stoppt Rodungen im Trothaer Wäldchen

Die Bahn hat offenbar mit umstrittenen Rodungen begonnen. Sie will den Wald aufwerten. Anwohner und Umweltschützer halten das für falsch.

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Im Trothaer Wäldchen haben Abholzungen begonnen. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Das Ordnungsamt hat offenbar Arbeiter gestoppt, die im Trothaer Wäldchen für die Deutsche Bahn mit Rodungen begonnen hatten. Stadtsprecher Drago Bock teilte der Städtischen Zeitung am Dienstag auf Anfrage mit, dass die Fällung von Bäumen bereits am 16. Oktober untersagt worden sei. Dennoch hatten Arbeiter vor wenigen Tagen damit begonnen, Büsche und Weiden zu fällen. Mittlerweile klafft in dem Wäldchen eine rund zwanzig Meter breite und hundert Meter lange Schneise. Anwohner, die sich seit Monaten mit Stadt und Bahn Auseinandersetzungen um das Trothaer Wäldchen liefern, schlugen bei der Stadt Alarm und informierten auch die Städtische Zeitung. Daraufhin schickte die Stadt in der vergangenen Woche das Ordnungsamt – zur Kontrolle, wie Sprecher Bock mitteilt. Laut Anwohnern seien daraufhin die Arbeiten gestoppt worden. Die Bahn, deren Arbeiter gegenüber Anwohnern darauf beharrt haben sollen, eine gültige Genehmigung für ihre Arbeiten zu haben, hat sich gegenüber der StäZ bisher nicht geäußert.[ds_preview]

In der vorigen Woche wurde im Trothaer Wäldchen noch im Auftrag der Bahn gearbeitet. (Foto: Magda Riede)
Am Wochenende dann waren Container und Baugerät wieder verschwunden, die Arbeiten offenbar eingestellt. (Foto: xkn)

Die 15-jährige Schülerin Magda Riede hatte nach eigenen Angaben vorige Woche die Behörden informiert. Sie engagiert sich seit Monaten für das Trothaer Wäldchen. Bereits im letzten Winter waren dort im Auftrag der Bahn hunderte Robinien geringelt worden, damit sie allmählich absterben. Die Bahn nutzt die Fläche in Absprache mit der Stadt für sogenannte Ausgleichsmaßnahmen für den Bau des Güterbahnhofs. Sie will dazu im Trothaer Wäldchen einen Waldumbau durchführen, also die aus Sicht der Umweltbehörden minderwertigen Robinien durch höherwertige Gehölze ersetzen. Gegner argumentieren unter anderem, dass in Zeiten des Klimawandels Abholzungen solch großen Stils nicht vertretber seien.

Vorige Woche traf sich Magda Riede mit der StäZ am Trothaer Wäldchen. Da hatten die Arbeiter bereits einige Tage lang gearbeitet, bevor das Ordnungsamt sie stoppte. Wer sich vom Karl-Ernst-Weg, also von Norden her dem Wäldchen nähert, sieht schnell, worum es geht: Brombeerhecken sind teilweise gerodet. Ein früherer Hain aus Weiden und anderen Gehölzen liegt zum großen Teil brach, die Erde ist noch frisch aufgewühlt von den Arbeiten. „Hier war vorher alles dicht bewachsen“, sagt Magda Riede. „Dieser Weidenhain war ein Rückzugsort für Rehe, die sich hier immer niedergelegt haben. In den Brombeerhecken finden normalerweise Vögel, kleine Tiere und Igel Unterschlupf für den Winter. Das ist jetzt alles weg.“ Die Schülerin ist sichtlich bestürzt. „Ich hätte gedacht, wir hätten mehr Zeit“, sagt sie.

Seit Monaten kämpft sie mit anderen Anwohnern und Umweltgruppen für den Erhalt des Wäldchens, soweit das noch möglich ist. Sie sagt, sie stehe auch im direkten Kontakt mit dem Oberbürgermeister und seinem Büro. Sie selbst wohnt in Seeben und kommt auf dem Schulweg jeden Tag am Trothaer Wäldchen vorbei. „Als es hieß, es gehe um Waldumbau, dachten wir nicht, dass es Abholzungen im großen Stil gibt“, sagt Riede. „Wir haben den Klimawandel, da macht es keinen Sinn, Bäume abzuholzen, um neue zu pflanzen.“

Noch in der vorigen Woche waren Arbeiter mit schwerem Baugerät vor Ort. Zum Wochenende war die Baustelle dann wieder wie leergefegt. Wie es nun weitergeht ist derzeit völlig unklar. Aus Stadtratskreisen heißt es, die Bahn habe nach allem, was bekannt sei, einen gütligen Planfeststellungsbeschluss für die Arbeiten. Die Stadtverwaltung führt jedoch nach Angaben von Stadtsprecher Bock derzeit Gespräche mit der Bahn. Mit welchen Ziel und auf welcher gesetzlichen Grundlage, das ließ Bock offen.

Ein kleines Stück tiefer im Trothaer Wäldchen sieht man noch die Ringelungen an vielen Robinien vom vorigen Winter. Sie werden wohl im nächsten oder übernächsten Jahr absterben. Weitere Bäume könnten noch in diesem Herbst oder Winter geringelt werden, obwohl die Bahn, so Magda Riede von sich aus die Zahl bereits reduziert habe. Doch nach den Fällungen weiß sie nicht mehr, ob sie sich darauf verlassen soll.

Riede ist, das merkt man schnell, politisch voll drin in dem Thema. Sie kennt sich aus, hat zig Seiten Unterlagen gewälzt. Sie ist auch bei Fridays for Future aktiv. Eine andere Gruppe Jugendlicher aus der Umgebung nähert sich kurz vor Einbruch der Dämmerung. Sie sind zwar nicht aktenbelesen, gehen aber fast täglich in den Wald, dorthin, wo noch bis vor Kurzem auch Mountainbiker auf einer selbstgestalteten Strecke durch das Wäldchen gecrosst sind. Für sie ist der Wald eine Art unbetreuter Jugendclub im Freien. Auch Fridays for Future ist, so scheint es, eher nicht so ihr Ding. Die drohenden Abholzungen machen aber auch diese Jugendlichen betroffen. Für ein kurzes Gespräch mit dem Reporter halten sie an. Einer fasst die Stimmung zusammen: „So sinnlos das alles hier!“

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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

war es nicht die Robinie, die aufgrund ihrer Eigenschaften, wegen ihrer Resistenz gegenüber größeren Klimaschankungen, als besonders wertvoll für die Bepflanzung von freien Flächen geeignet ist? Baum des Jahres 2019.