Nach verlorener OB-Wahl: Linke stellt sich personell neu auf

Die Linke in Halle hat ihren Vorstand neu gewählt und deutlich verjüngt.

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Anja Krimmling-Schoeffler und Jan Rötzschke sind die neue Doppelspitze des Linken-Stadtverbands. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Die Linkspartei in Halle hat am Sonnabend eine neue Führung gewählt. Auf einer Versammlung im Saline-Museum wählten die Mitglieder des Stadtverbands am Sonnabend Anja Krimmling-Schoeffler und Jan Rötzschke zu ihrer neuen Doppelspitze. Die 40-jährige Stadträtin und der 32-jährige Einzelhandelskaufmann und Student folgen auf die bisherige Stadtvorsitzende Marianne Böttcher, die aus persönlichen Gründen nicht noch einmal zur Wahl angetreten war. Krimmling-Schoeffler erhielt 89 Prozent der abgegebenen Stimmen, Rötzschke 94 Prozent. [ds_preview]

Nach der gewonnenen Stadtratswahl im Mai und der verlorenen OB-Wahl im Oktober soll die neue Führung den Stadtverband vor allem auf die Bundes- und Landtagswahlen 2021 vorbereiten und auch neu aufstellen. Rötzschke und Krimmling-Schoeffler kündigten an, die Linke daher inhaltlich und strukturell voranzutreiben. „Es gibt Bereiche in der Stadt, wo wir kaum noch anzutreffen sind“, so Rötzschke. Die Linke müsse daher wieder stärker in den Stadtteilen arbeiten. Zudem müsse sie sich für Benachteiligte und gegen Kinder- und Altersarmut einsetzen, „weil es sonst niemand tut“, so Anja Krimmling-Schoeffler. Weitere drängende Fragen seien der Klimawandel und der Kampf gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus.

Die aktuellen politischen Akzente setzten am Sonnabend aber, schon beinahe traditionell in der halleschen Linkspartei, andere als die Vorsitzenden, und zwar vor der Abstimmung über die Doppelspitze. Der gescheiterte OB-Kandidat Hendrik Lange schwor die Linke auf die Fortführung der Partnerschaft mit SPD und Grünen in Halle ein. Im OB-Wahlkampf sei eine gute Partnerschaft gewachsen. „Es gehört zur Demokratie dazu, dass man Wahlen mal nicht für sich entscheidet. Entscheidend aber ist, dass man weitermacht“, so Lange. Angesichts der Mobilisierung von Teilen der CDU und vor allem der AfD für den Oberbürgermeister und angesichts dessen Amtsbonusses seien 38,5 Prozent „alles andere als ein Debakel“, so Lange, der von seinen Genossinnen und Genossen viel Beifall erhielt. In Zukunft, so Lange weiter, müsste die Linke wieder mehr Präsenz zeigen und auch an ihrer öffentlichen Wahrnehmung arbeiten. Lange griff auch die aktuelle politische Debatte im Land auf. „Der CDU in Sachsen-Anhalt kann man nicht vertrauen, dass, wenn man sie wählt, man nicht am nächsten Tag mit der AfD aufwacht.“ Rot-Rot-Grün sei die klare Alternative zu Schwarz-Blau, „und das heißt auch zu Schwarz-Braun“, so Lange.

Auch Landtagsabgeordnete Henriette Quade ging nach dem Anschlag vom 9. Oktober mit der Landesregierung ins Gericht. „Aus Gedenken muss nun politisches Handeln wachsen“, so Quade. Stattdessen habe Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) nach dem Anschlag Verantwortung von sich gewiesen und behauptet, niemand habe einen Fehler gemacht. Dass die AfD nun einen Untersuchungsausschuss im Landtag beantragt habe, sei eine „widerwärtige Verhöhnung der Opfer“, aber die Landesregierung habe dem durch das „Wegschieben der Verantwortung“ die Tür geöffnet, so Quade. Zur Personalie des umstrittenen Polizeigewerkschafters Rainer Wendt, der am Wochenende Innenstaatssekretär von Sachsen-Anhalt werden sollte – ein Plan, der nach Protesten von SPD und Grünen nur zwei Tage Bestand hatte – sagte Quade: „Das ist eine Richtungsentscheidung, ein Signal, das all die Kräfte in der CDU stärkt, die für eine inhaltliche Kooperation mit der rechtsextremen AfD stehen. Mit Rainer Wendt muss die AfD nicht mal mehr mitregieren“, so Quade.

Bundestagsabgeordnete Petra Sitte griff die Entscheidung des Berliner Finanzamts auf, dem antifaschistischen Verein VVN-BdA die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. VVN-BdA war aus Zusammenschlüssen von Widerstandskämpfern und NS-Verfolgten hervorgegangen, wird aber von einigen Verfassungsschutzämtern beobachtet. Die Entscheidung, so Sitte, passe „ins Bild dessen, was derzeit in diesem Land passiert“. Der Verein sei zunehmend in der Kritik, weil sich die Gesellschaft nach rechts bewegt habe. „Die AfD bringt im Bundestag wieder Dinge zur Sprache, die wir für unmöglich gehalten haben“, sagte Sitte. Der VVN-BdA sei gegründet worden, „weil wir so etwas nie wieder erleben wollten.“

Der Stadtratsfraktionsvorsitzende der Linken Bodo Meerheim konzentrierte sich auf die Finanzen der Stadt und forderte – neben der obligatorischen Kritik an der Verzögerungstaktik des Oberbürgermeisters beim Haushalt – eine große Steuerreform im Bund. Die Steuereinnahmen müssten „von oben nach unten“, vom Bund an die Kommunen umverteilt werden, damit Städte wie Halle ihre Aufgaben erfüllen könnten. „Der Haushalt unserer Stadt ist geprägt durch die soziale Situation in der Stadt, charakterisiert durch Kinderarmut, soziale Verwerfungen und einen riesigen Niedriglohnsektor“, so Meerheim. Das führe dazu, dass die Sozialausgaben den Haushalt trotz Konjunktur immer wieder ins Minus trieben, von Bund und Land aber zu wenig Geld dafür zur Verfügung gestellt würde. „Hier muss mehr Gerechtigkeit her, sonst werden wir dieses Problem nie lösen“, so Meerheim.

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