OB-Wahl 2019: Die Reaktionen zum Wiegand-Sieg

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Grüne und Linke am Wahlabend im Stadthaus (v.l.): Melanie Ranft, Katja Müller, Petra Sitte, Bodo Meerheim (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Siegerfreude auf der einen, Frust und Enttäuschung auf der anderen Seite: Nach dem deutlichen Ausgang der Oberbürgermeisterwahl in Halle fallen die Reaktionen erwartungsgemäß unterschiedlich aus. Während der wiedergewählte Amtsinhaber Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) bis in die Nacht hinein in einer Bar in der Bernburger Straße mit seinen Unterstützern den Wahlsieg feierte, überwiegt im rot-rot-grünen Lager Enttäuschung, aber auch Trost für den unterlegenen Kandidaten Hendrik Lange (Linke).[ds_preview]

Wiegand sagte auf seiner Wahlparty in einer kurzen, umjubelten Ansprache vor seinen Anhängern: „Wir haben gewonnen! Ich möchte mich bei allen recht herzlich bedanken für die Unterstützung.“ Wiegand dankte auch den Wählerinnen und Wählern. „Wir haben nicht nur mehrere Monate den Wahlkampf gemacht, sondern wir haben eigentlich sieben Jahre den Wahlkampf gemacht.“ In den letzten Monaten habe Halle dann einen „linken Wahlkampf im wahrsten Sinne des Wortes“ erlebt. „Ich habe mich nie so unwohl gefühlt“, so Wiegand. Aber sieben Jahre kontinuierliche Arbeit seien bei den Bürgern angekommen. Nun gelte es, wichtige Aufgaben anzugehen. „Wir werden ganz kontinuierlich weiterarbeiten. Die Stadt hat sich riesengroß entwickelt in den letzten sieben Jahren, und wer das verkannt hat und nicht sieht und nicht akzeptiert, dem kann ich jetzt auch nicht mehr helfen. Die Bürger haben die richtige Antwort gegeben.“

Auf Facebook postete Wiegand am morgen noch einmal einen allgemeinen Dank:

Noch am Wahlabend gab es zahlreiche Gratulationen zur Wiederwahl Wiegands. CDU-Stadtvorsitzender Marco Tullner, der zur Stichwahl mit dem Hashtag #daskleinereuebel indirekt für Wiegand geworben hatte, twitterte:

Der unterlegene Kandidat Hendrik Lange gibt am Wahlabend im Stadthaus Interviews. (Foto: xkn)

Am Abend im Stadthaus war nur das rot-rot-grüne Lager erschienen. Dort herrschte auch nach dem desaströsen Wahlergebnis demonstrative Einigkeit. Kandidat Hendrik Lange sagte, man habe „einen sehr guten Wahlkampf gemacht“. Er wolle jetzt nicht verbittert sein, so Lange. „Man muss das Ergebnis mit Fassung nehmen. Wir haben bis zuletzt geglaubt, dass wir die Stichwahl gewinnen können.“ Das Ergebnis in Neustadt, seinem eigenen Wohnbezirk und früher einer Hochburg der Linken, nannte Lange nur: „Enttäuschend“, und schob dann noch hinterher: „Wenn man sich anschaut, was Wiegand in Neustadt gemacht hat… Ich kann mich an nichts erinnern. Aber es ist, wie es ist.“ Der OB müsse nun mit allen demokratischen Kräften zusammenarbeiten und zusammenführen.

Anders als Lange hatte der Linken-Fraktionschef im Stadtrat Bodo Meerheim wohl nach dem ersten Wahlgang nicht mehr an einen Sieg seines Kandidaten geglaubt. „Es wäre ein Wunder gewesen, wenn wir die 50 Prozent geschafft hätten“, so Meerheim. Gegen das Dreierbündnis habe „die politische Agenda“ gestanden. Dennoch sei der rot-rot-grüne Wahlkampf gut gewesen und habe ein respektables Ergebnis gebracht. „Ich könnte mir vorstellen, dass das verstetigt wird, dass wir auch künftig zusammenarbeiten“, so Meerheim. Bundestagsabgeordnete Petra Sitte (Linke) sagte: „CDU und FDP waren nicht unbedingt Wahlhelfer. Insofern ist es schon beachtlich, an die 40 Prozent ranzukommen.“ Ein Effekt des Wahlkampfs sei gewesen, dass das Vertrauen zwischen den drei Parteien gewachsen sei.

Stadtratsvorsitzende Katja Müller (Linke) sagte zur Städtischen Zeitung: „Im Gesamtergebnis ist es nicht das, was wir erwartet hatten. Wir wollten als Linke gerne, dass Hendrik Lange Oberbürgermeister wird. Nun heißt es weiter sieben Jahre Wiegand.“ Als Stadtratsvorsitzende gratulierte sie Wiegand zu seiner Wiederwahl. „Ich kann nur hoffen, dass er die nächsten sieben Jahre anders gestalten wird, im Sinne der Stadt Halle.“

Bei den Grünen fiel die Bilanz bisher ebenfalls enttäuscht aus. „Das ist kein erfreuliches Ergebnis“, sagte der Co-Stadtvorsitzende der Partei Jan Döring am Sonntagabend zur Städtischen Zeitung. „Es gab die Chance auf einen richtigen Wechsel, aber dazu wird es jetzt nicht kommen.“ Die Co-Vorsitzende der Grünen in Halle Melanie Ranft sagte: „Hendrik Lange hat einen guten, engagierten Wahlkampf gemacht. Aber der Amtsbonus des Oberbürgermeisters war so groß, dass man schlecht dagegen ankommt.“

Bei der SPD überwog ebenfalls Enttäuschung. Stadtvorsitzender Andreas Schmidt sagte am Abend: „Hendrik Lange hat einen guten Wahlkampf gemacht.“ Er sei ein guter Kandidat gewesen, der angesichts des Bundestrends ein achtbares Ergebnis erzielt habe. „Aber die CDU hat Wiegand den Steigbügel gehalten. Nun möchten wir dann in den nächsten sieben Jahren aber auch keine Beschwerden von denen hören.“ Er hoffe, dass Oberbürgermeister Bernd Wiegand „jetzt die Kraft findet, auf diejenigen zuzugehen, die ebenfalls für die Stadt arbeiten, und die Ein-Mann-Show beendet. Jetzt, wo er keinen Druck wegen einer Wiederwahl mehr hat, sollte er endlich in sein Amt finden“, so Schmidt.

SPD-Fraktionschef Eric Eigendorf schrieb am Montag in seinem Blog, das Wahlergebnis sei für die SPD ernüchternd. Der Sonntag sei „der Endpunkt“ des spannenden rot-rot-grünen Projekts gewesen. Das gemeinsame Werben für Hendrik Lange sei vergeblich gewesen.

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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

Da haben wir den Salat. Ein „Herren-OB“ der sich von der AfD unterstützen lässt und von CDU Wähler*innen gewählt wurde die am selben Abend hören mussten das es in Thüringen durchaus denkbar ist das CDU und LINKE gemeinsam regieren. Wie peinlich. Peinlicher allerdings wird es für OB Wiegand das er die Folgen seiner Schuldenpolitik selber ausbaden muss. Immerhin sind 70 Millionen Euro der insgesamt auszugleichenden 200 Mio Kredite durch seine Gutsherrenart in den letzten 7 Jahren entstanden. 16 Mio im Jahr sollen getilgt werden, also 12,5 Jahre lang. Konkret ausbaden werden es, wie immer, die Kultur und die Jugendarbeit. Also die freiwilligen Aufgaben der Stadt. Aber nicht… mehr lesen »