Streit um Jugendparlament: Wiegand will Jugend nicht hören

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Stadtrat von Halle. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Schon wieder sorgt ein Youtube-Video aus Halles Rathaus für gemischte Reaktionen in der Stadt. Nur kurz nach der Vorwärtsverteidigung von Sabine Ernst, der Büroleiterin von Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle), sorgt nun dessen Grundsatzreferent Oliver Paulsen für Stirnrunzeln – vor allem bei der halleschen Jugend. Die wird von Paulsen in dem Clip zu einer Diskussion über die wieder einmal vertagte Bildung eines Jugendparlaments in Halle eingeladen. Eben jene Diskussion wurde aber in der Stadtratssitzung am vergangenen Mittwoch durch Wiegands Taktieren blockiert: Der OB verwies gleich nach dem Aufruf des Tagesordnungspunktes zur Einführung des Jugendparlaments den Antrag in die zuständigen Ausschüsse. Damit war der Fall für ihn erledigt, denn jegliches Rederecht erlischt in diesem Fall. Das bekamen auch anwesende Vertreter des Stadtschülerrates und vom Kinder- und Jugendrat zu spüren: Eigentlich sollten und wollten sie sich zu dem von der Stadt vorgelegten Konzept äußern. Alle Versuche, ihnen trotz Wiegands Schachzug das Rederecht einzuräumen, scheiterten – nicht zuletzt an einem Schulterschluss de facto zwischen dem OB und der AfD-Fraktion im Stadtrat.[ds_preview]

Rückzug kommt für OB nicht in Frage

Die LINKE hatte in der Ratssitzung fast schon verzweifelt versucht, den beiden anwesenden Schülern doch noch das Rederecht einzuräumen. Stadtrat Hendrik Lange, der auch für das OB-Amt kandidiert, forderte Wiegand auf, seinen Verweis in die Ausschüsse zurückzustellen, damit sich die Jugendlichen zum Konzept für ihr Parlament äußern können. Was für den OB ein Leichtes gewesen wäre, hätte er doch nach der Debatte wieder in die Ausschüsse verweisen können, kam für Wiegand nicht in Frage. Die zweite Möglichkeit, den Jugendlichen Rederecht einzuräumen, wäre ein einstimmig gefasster Beschluss dazu gewesen. Aber auch dazu kam es nicht: Die AfD erklärte vor der Abstimmung, gegen das Rederecht für die beiden Schüler stimmen zu wollen und stärkte auf diese Weise dem OB den Rücken. Wiegand-Herausforderer Lange: „Das ist ein neues Trauerspiel. Der OB sorgt durch einen Geschäftsordnungstrick dafür, dass der Kinder- und Jugendrat und der Stadtschülerrat kein Rederecht im Stadtrat zum Jugendparlament bekommen, und die AfD flankiert das. Hier muss sich dringend etwas ändern.“

Stadtverwaltung verweist auf Kommunalverfassung

Bei der Bildung des Jugendparlamentes gehen die Vorstellungen der Stadtverwaltung und der Jugendlichen offenbar in wichtigen Punkten weit auseinander. So ist Halles Verwaltung unter anderem der Auffassung, dass es für die Schülerinnen und Schüler kein Antrags- und auch kein Rederecht im Stadtrat geben könne. Doch genau das soll mit der Bildung des Jugendparlaments erreicht werden. Stadtschülerrat sowie Kinder- und Jugendrat seien schon jetzt im Jugendhilfeausschuss sowie im Bildungsausschuss als Sachkundige Einwohner vertreten. Dort wolle Wiegand den Vertretern des Jugendparlaments künftig auch durchaus ein Stimmrecht einräumen. Nicht aber im Stadtrat. Dort sei das durch entsprechende Regelungen in Sachsen-Anhalts Kommunalverfassung nicht möglich.

Schon der zweite Geschäftsordnungstrick

Ein ähnliches Vorgehen erlebten Halles Stadträte und die sich für das Jugendparlament einsetzenden Schülerinnen und Schüler schon im November vergangenen Jahres. Damals ließ der OB eine Debatte im Hauptausschuss zwischen Stadträten und seinem Grundsatzrefrenten Paulsen über die Konzeptinhalte ebenfalls mit einem „Geschäftsordnungstrick“ platzen: Wiegand zog die Vorlage zum Jugendparlament komplett zurück und verkündete, er wolle lieber den Stadtschülerrat und den Kinder- und Jugendrat stärken. Die auf ihn einprasselnde, fraktionsübergreifende Kritik, er würde den Jugendlichen das Wort im Munde umdrehen und Politikverdrossenheit fördern, ließ Wiegand im November an sich abprallen – wie eben auch am Mittwoch vergangener Woche.

Dass es in diesem Jahr tatsächlich noch zur Bildung eines Jugendparlaments kommt, glaubt indes kaum noch jemand. Denn bevor das Thema erneut auf die Tagesordnung des Stadtrates gesetzt werden kann, muss es in den Fachausschüssen diskutiert werden. Bekanntlich entstehen in diesen Gremien oft neue Fragen, deren Klärung häufig wiederum  Zeit in Anspruch nimmt.

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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

Es zeigt sich eben immer deutlicher wes Geistes Kind Donald T. Wiegand ist. Verhinderung von Verantwortlichkeit und praktischer politischer Bildung. Gut daran: Diese Jugendlichen und viele ihrer Freund*innen werden diesen Mann und andere Politiker*innen mit solchen Verhaltensweisen nie wählen. Seine Zukunft verbaut er sich also noch slbst, aber ich bin sicher das andere die Schuld haben werden. Er war es ja nie wenn etwas schief geht…

Dirk Dirot
4 Jahre her

Das die AfD eher Jugend und zukunftsfeindlich eingestellt ist, verwundert mich nicht. Aber das auch der OBM nihilistische Lebenseinstellungen , gerade kurz vor der Wahl, hat..
erstaunt