Oberbürgermeister Bernd Wiegand: Wahlkampf unter Ausschluss der Öffentlichkeit

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Wahlkampf unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Anwohnerversammlung im Golfplatzrestaurant. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) möchte einen Teil des Wahlkampfs um seine Wiederwahl offenbar unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchführen. Am Freitagabend schloss Wiegand den Reporter der Städtischen Zeitung von einer Anwohnerversammlung am Hufeisensee in Büschdorf aus. Es handele sich um eine geschlossene Veranstaltung und keine Veranstaltung der Stadt, so die kurze Aussage von Wiegand-Wahlkampfleiterin Sabine Ernst im Restaurant des Golfpatzes. Dann gingen die Türen zu. Wiegand traf sich vor Ort mit Anwohnern, um über die Bebauungspläne für den Hufeisensee, also durchaus Dinge von öffentlichem Belang, zu diskutieren. Was genau besprochen wurde, bleibt im Dunkeln.

Golfplatzrestaurant am Hufeisensee am Freitag. (Foto: xkn)

Es ist bereits der zweite ähnlich gelagerte Vorfall innerhalb einer Woche. Bereits am Dienstagabend hatte eine von der Stadt durchgeführte Anwohnerversammlung zur Situation am August-Bebel-Platz am Dienstagabend im Puschkinhaus für Befremden gesorgt. Laut übereinstimmenden Medienberichten hatte die Stadtverwaltung dort sowohl betroffene Jugendliche als auch Stadträte und Presse ausgeschlossen. Noch einen drauf setzte die Stadt, als wiederum Sabine Ernst im offiziellen Youtube-Kanal der Stadt den Lokalchef der Mitteldeutschen Zeitung frontal und persönlich wegen eines kritischen Kommentars zum Thema anging. Ernst rechtfertigte den Ausschluss der Öffentlichkeit, da die Stadt zunächst mit den Anwohnern allein sprechen wollte. Eine öffentliche Veranstaltung soll nun am kommenden Freitag stattfinden, direkt auf dem Platz.

Vor allem aber die Art und Weise, wie im OB-Büro beziehungsweise im Wahlkampflager Wiegands mit Kritik und auch nur der bloßen Anwesenheit von Medienvertretern umgegangen wird, sorgt im Wahlkampf für immer mehr Kopfschütteln. Ernsts dünnhäutige Reaktion erntete in sozialen Netzwerken vor allem Spott und Kritik. Das Verhalten von Oberbürgermeister Bernd Wiegand gegenüber Stadträten und unabhängigen Berichterstattern, die beide laut Gesetz unter anderem umfassende Auskunftsrechte haben, sorgt immer wieder für Ärger. Nicht oder unvollständig beantwortete Anfragen sind beinahe täglich in Fraktionen und auch in Redaktionen Quell von Unmut. Dass das Methode hat, ließ Oberbürgermeister Bernd Wiegand unlängst selbst durchblicken: Bei einem Pressegespräch zur Vorstellung seines Wahlprogramms hatte er auf eine Frage der Städtischen Zeitung, wie er es mit der von ihm immer versprochenen Transparenz in Zukunft halten wolle, gesagt: Dass es daran hapern solle, sei „eine einseitige Wahrnehmung“. Die Stadt führe so viele Bürgerversammlungen durch wie noch nie. Dort werde umfassend und transparent über Themen berichtet. Stadtrat und Presse, so der Umkehrschluss, müssen sich mit dem bescheiden, was die Stadt ihnen an Antworten zubilligt. Der Städtischen Zeitung warf er zudem vor, einseitig zugunsten eines Kandidaten zu berichten, was die StäZ zurückweist.

Die jüngste Abwehrreaktion gegenüber der StäZ und damit der Öffentlichkeit am Hufeisensee steht zudem im offenen Widerspruch zu Ankündigungen aus dem Wahlkampfteam des OB. Bei der Anwohnerversammlung handelte es sich nach StäZ-Informationenum um eine Veranstaltung eines von Wiegand im Wahlkampf genutzten besonderen Formats. Nach Art einer Tupperware-Party können Sympathisanten des Oberbürgermeisters in Eigenregie Versammlungen durchführen und den OB dazu einladen. Dazu werden Postkarten an mögliche Interessenten verteilt. „Dr. Bernd Wiegand stellt seine Ideen für die Stadt vor und beantwortet ihre Fragen dazu“, steht auf den Karten.

Oberbürgermeister Bernd Wiegand stellt auf einer Pressekonferenz das neue Veranstaltungsformat vor. Nach Art einer Tupperware-Party können Sympathisanten selbständig Wahlkampfveranstaltungen für den OB machen. (Foto: xkn)

Die Veranstaltung am Hufeisensee war von der Immobilienmaklerin und früheren Hauptsache-Halle-Stadtratskandidatin Franziska Waldmann einberufen worden. Auf sie als Veranstalterin verwies auch Sabine Ernst, als sie die StäZ des Saales verwies. Waldmann ist Initiatorin der Bürgerinitiative Krienitzweg und möchte mit den Bewohnern der Siedlung – darunter auch Golfplatzinvestor Labuschke – erreichen, dass ein Bebauungsplan für den Krienitzweg erstellt wird, um dort bauen zu können. Wiegands Wahlkampfmanagerin hatte die Presse seinerzeit ausdrücklich eingeladen, über diese Art von Veranstaltungen im Wahlkampf zu berichten. Medienvertreter könnten gerne vorbeikommen. Nicht.

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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

Da geht doch jemandem die Courage aus, oder? Wer sieben Jahre klüngelt der klüngelt auch im Wahlkampf. Es ist wohl auch klar warum; einer öffentlichen Auseinandersetzung hält Donald T. Wiegand offenkundig nicht mehr Stand. eigentlich ein gutes Zeichen.