Wasserkrise am Hufeisensee: Aus dem Gleichgewicht

Der Pegel des Hufeisensees ist unter die Minimalgrenze gesunken. Trotzdem erteilt die Stadt dem Golfplatz eine weitere Ausnahmegenehmigung zur Bewässerung seiner Anlagen.

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Niedriger Wasserstand. Der Hufeisensee hat den Mindestpegel unterschritten. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Wasserknappheit macht dem Hufeisensee zu schaffen. Der Pegel des Sees im halleschen Osten liegt angesichts deutlich zu niedriger Niederschläge seit Monaten unter der Norm. Vor allem im Röhricht an den Ufern lässt sich das gut ablesen: die unteren Partien des Schilfs stehen mehrere Dezimeter im Trockenen. Die Wasserkante an den Ufern liegt für jeden sichtbar deutlich tiefer als normal. Auch ufernahe Bäume und Sträucher zeigen erhebliche Trockenheitssymptome. Der See sinkt.[ds_preview]

Abpumpstation des Golfplatzes am Hufeisensee. Dieses Jahr dürfen 103.000 Kubikmeter Wasser abgepumpt werden.(Foto: xkn)

Mittlerweile soll er auch die Mindestmarke von 91,5 Metern über dem Meeresspiegel um zehn Zentimeter unterschritten haben. Umweltschützer kritisieren inzwischen angesichts der Wasserkrise erneut, dass zusätzlich erhebliche Mengen Wasser zur Bewässerung des benachbarten Golfplatzes aus dem See gepumpt werden. Nun fordern auch die Grünen Konsequenzen: Die Stadt müsse sofort die weitere Wasserentnahme aus dem See durch den Golfplatz verhindern. Die jedoch hat nun eine weitere Ausnahmegenehmigung erteilt. Golfplatzbetreiber Norbert Labuschke machte gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung, die zuerst über die aktuelle Wasserkrise berichtet hatte, geltend, mit dem Wasser unter anderem wertvolle Biotope und viele angepflanzte Bäume auf seinem Golfplatz bewässern zu müssen – zusätzlich zum Golfrasen.

Am Schilf kann man den gesunkenen Pegel gut ablesen. (Foto: xkn)

Labuschke und die Grünen – das ist bereits seit Jahren ein konfliktgeladenes Verhältnis. Hier der Investor, der mit viel Lobby- und Planungsarbeit den Golfplatz jahrelang vorangetrieben hat und nun seine Millioneninvestition in Gefahr sieht, dort die Ökopartei, die sich um den Erhalt der Biotope und des Naherholungswerts des Tagebaurestlochs sorgt. Angesichts der Wasserkrise machen nun die Grünen einen Punkt. Man unterstütze eine derzeit laufende Petition zum Stopp der Wasserentnahme, heißt es in einer Presseerklärung der Stadtratsfraktion. „Herr Labuschke kann hier mit seinen privatwirtschaftlichen Interessen nicht einfach agieren, wie er möchte“,

Mühsam erhaltenes Grün: Luftaufnahme des Golfplatzes am Hufeisensee vom September 2018. (Foto: jr/Archiv)

ergänzt Grünen-Stadtrat Wolfgang Aldag und fordert die Stadt auf, dem Golfplatz keine Sondergenehmigung zum Wasserzapfen mehr zu erteilen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Inés Brock kritisierte die Stadtverwaltung, weil die im Stadtrat trotz Nachfrage der Grünen keine Auskunft zur Thematik erteilt habe. Brock weiter: „Andere Gemeinden untersagen wegen der Trockenheit die Wasserentnahme aus Gewässern – in Halle macht man das Gegenteil und erteilt Sondergenehmigungen, die über das bisher genehmigte Maß hinausgehen. Damit sollte angesichts der aktuellen Situation Schluss sein.“

Der Golfplatz noch halbwegs grün, rundherum vertrocknete Landschaft. (Foto: xkn)

Der Hufeisensee hat keinen natürlichen oberirdischen Zufluss. Er wird im Wesentlichen aus Grundwasser gespeist. Bereits voriges Jahr hatte der Golfplatz mehr Wasser aus dem See gezogen, als ursprünglich genehmigt. Erlaubt sind normalerweise 42.000 Kubikmeter pro Jahr. Wie viel der Golfplatz 2018 letztlich gezogen hat, ist offen. Die Stadt erteilte zweimal eine Sondergenehmigung. Aufschlussreicher die Zahlen für 2019: Bereits jetzt liegt der Zählerstand bei 47.000 Kubikmetern, also 12 Prozent über dem erlaubten Jahresmaximum, Die Sondergenehmigung umfasst nun noch einmal zusätzlich 61.000 Kubikmeter. Die entnommene Wassermenge läge dann bei 257 Prozent dessen, was ursprünglich genehmigt worden war. Rund 1,6 Prozent des Hufeisensees würden dann 2019 auf den Golfplatz gepumpt.

Der Golfplatz noch halbwegs grün, rundherum vertrocknete Landschaft. (Foto: xkn)

„Wir brauchen das Wasser“, so Investor Norbert Labuschke gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung, „um die Vegetation und den wertvollen Spezialrasen zu erhalten.“ Man mache nichts kaputt, wenn man lediglich zwei Prozent des Sees entnehme. Johannemann sekundiert: Die natürliche Verdunstung des Sees liege vier- bis fünfmal höher als der Wasserverlust durch die Entnahme.

Oberbürgermeister Bernd Wiegand hat kürzlich mehrfach betont, in Halle bestehe kein Anlass, von Wasserknappheit auszugehen. So sieht die Stadtverwaltung bisher auch keinen Grund, die Entnahme von Wasser aus Gewässern für die Allgemeinheit einzuschränken. Andere Kommunen haben inzwischen entsprechende Verbote erlassen, zum Beispiel in der Altmark. Der Grund dort sind die niedrigen Grundwasserpegel. In der Altmark liegen sie derzeit 50 Zentimeter unter normal. In Halle sind es minus 60 Zentimeter.

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