Uniklinikum Halle: Bewegung im Tarifkonflikt

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Protest der Beschäftigten vor den Tarifverhandlungen am Uniklinikum Halle. (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Im Tarifkonflikt am Uniklinikum Halle ist am Mittwoch zwar keine Einigung, aber nach Gewerkschaftsangaben ein Verhandlungsfortschritt erzielt worden. Die Klinikumsleitung und Vertreter der Gewerkschaft Verdi, die derzeit um die Konditionen eines neuen Haustarifvertrags ringen, gingen am Abend nach einer mehrstündigen ersten Verhandlungsrunde auseinander und vertagten die Gespräche auf kommende Woche. Verdi fordert eine Angleichung an den Tarifvertrag der Länder (TV‑L) und damit ein deutliches Lohnplus von bis zu 11 Prozent für die Beschäftigten, insbesondere das Pflegepersonal und andere Angestellte der Gesundheitsberufe. Die Klinikumsleitung lehnt die Angleichung aber bisher mit Verweis auf zu hohe Kosten ab. Über 300 Beschäftigte hatten am Mittwoch vor Verhandlungsbeginn in einer Informationsveranstaltung lautstark ihren Forderungen Nachdruck verliehen. Aber auch die Klinikleitung hatte bereits Einigungsbereitschaft signalisiert.[ds_preview]

Seit Längerem nimmt die Unzufriedenheit vor allem unter den Pflegekräften mit der Lohnsituation am Uniklinikum zu. Die Einrichtung hat einen eigenen Haustarifvertrag mit Verdi, so dass die Beschäftigten bisher einen Lohnunterschied von rund 7 Prozent gegenüber Krankenhäusern mit TV-L-Bindung haben. Durch weitere Tarifsteigerungen im TV‑L würde die Differenz ab 2020 bei bis zu 11 Prozent liegen. Personal- und Gewerkschaftsvertreter sehen darin nicht nur eine Ungleichbehandlung sondern auch den Grund für die Abwanderung von Fachkräften. Eine Petition zur Verbesserung der Situation hatten nach Gewerkschaftsangaben bis Mittwoch über 1.800 der rund 2.800 Tarifbeschäftigten am Uniklinikum unterschrieben.

Wolfgang Pieper, Verdi-Bundesvorstand (Foto: xkn)

Tarifverhandlungen mittels Petition sind durchaus ungewöhnlich. Ebenso ungewöhnlich an dem Tarifkonflikt ist, dass trotz der großen Mobilisierung der Beschäftigten der Haustarifvertrag bisher noch weitergelaufen ist. Daher gilt nach wie vor Friedenspflicht, die Beschäftigten dürften derzeit nicht streiken. Erst am Mittwoch hatte Verdi die Tariftabellen des Haustarifvertrags gekündigt, wie Gewerkschaftsvertreter Bernd Becker gegenüber der Städtischen Zeitung erklärte. Verdi-Bundesvorstand Wolfgang Pieper hatte zudem auch die Streikbereitschaft Verdis unterstrichen, sollte die Klinikleitung den Beschäftigten nicht entscheidend entgegenkommen. „Wenn es nicht vorwärts geht, streiken wir“, so Pieper gegenüber der Städtischen Zeitung.

Das Uniklinikum wiederum hatte im Vorfeld der Verhandlungen betont, „ein hohes Interesse an einer zügigen Verbesserung der Einkommenssituation seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu haben“, hieß es in einer Mitteilung vom Dienstag. Man habe klinikseits die Gewerkschaft zur Aufnahme von Tarifverhandlungen auffordern müssen, ohne zunächst eine Reaktion zu erhalten. Eine Darstellung, die Verdi am Mittwoch zurückwies. Es habe lediglich kurzfristige Terminabsprachen mit der Uniklinik gegeben. Pflegedienstdirektorin Christine Becker unterstrich bei der Entgegennahme der Protestunterschriften gegenüber den Beschäftigten, dass man hoffe, zu einer zügigen Einigung mit der Gewerkschaft zu kommen.

Allerdings würde eine Angleichung an den TV‑L für das Uniklinikum auf einen Schlag Mehrkosten von 15 Millionen Euro verursachen, so die Angaben der Klinikleitung. Ohne Auffanglösungen durch Krankenversicherungen und Politik sei das nicht zu finanzieren. Wohl auch deshalb kam am ersten Verhandlungstag noch keine Einigung zustande.

Dennoch habe der Druck der Arbeitnehmer bereits Wirkung gezeigt, so Verdi-Vertreter Bernd Becker am Donnerstag gegenüber der StäZ. So liege inzwischen seitens der Arbeitgeberseite ein kombiniertes Angebot von vier Prozent Gehaltssteigerung rückwirkend zum 1.4.2019 und ab Juli 2020 noch einmal von 4 Prozent auf dem Tisch. Außerdem habe die Klinikleitung angekündigt Auszubildenden in schulischen Gesundheitsberufen, also zum Beispiel Physiotherapie-Azubis, rückwirkend ab 1.1.2019 eine Ausbildungsvergütung zu zahlen. Azubis in Pflegeberufen erhalten sie bereits. Pflegerinnen und Pfleger sollen zudem eine Pflegezulage von 120 Euro erhalten. Eine Angleichung an den TV‑L könnte dann ab 2023 erfolgen, soweit nach Gewerkschaftsangaben das bisherige Arbeitgeberangebot.

Bernd Becker, Verdi-Tarifkommission (Foto: xkn)

„Die Lohnsteigerungen sind uns aber noch zu niedrig, und die Übernahme des TV‑L wäre für uns deutlich zu spät“, so Becker. Daher sei noch keine Einigung erzielt worden. Der Tarifkonflikt am Uniklinikum geht daher erst einmal weiter – trotz Bewegung.

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