Einsame Entscheidung: Wiegand verlegt Demokratiefest und erntet Kritik

Viele Hallenser wollen am Samstag gegen eine Demonstration der rechtsextremen "Identitären Bewegung" protestieren. Doch die Stadt zieht sich zurück -- aus Angst vor Straßenkämpfen.

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Das Haus der als rechtsextrem eingestuften "Identitären Bewegung" in Halle soll am Samstag unter anderem durch sogenannte Drängelgitter vom Steintorcampus abgeriegelt werden. (Foto: Jan Möbius)
Das Haus der als rechtsextrem eingestuften „Identitären Bewegung“ in Halle soll am Samstag unter anderem durch sogenannte Drängelgitter vom Steintorcampus abgeriegelt werden. (Foto: Jan Möbius)

Halle/StäZ – Nur wenige Stunden vor den angemeldeten Protesten gegen eine Demonstration der rechtsextremen Indentitären Bewegung (IB) in Halle sieht sich der Oberbürgermeister der Saalestadt Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) scharfer Kritik der Mitorganisatoren des „Bürgerfestes für Demokratie“ ausgesetzt. Die Stadtverwaltung hatte auf eigene Faust am Freitagnachmittag wegen einer „veränderten Versammlungslage“ die Veranstaltung vom Steintor-Campus auf den Marktplatz verlegt. Das „Bündnis Halle gegen Rechts“ und der Studierendenrat der Martin-Luther-Universität Halle distanzierten sich daraufhin von Wiegands Entscheidung, die noch dazu eine einsame gewesen zu sein scheint: Nach StäZ-Informationen wäre der Rückzug vom Steintor-Campus auf den Markt nach Einschätzung der Polizei nicht nötig gewesen.[ds_preview]

„Wir haben eine intensive Planungs- und Vorbereitungsphase hinter uns“, so Valentin Hacken, Sprecher bei „Hallen gegen Rechts“ gegenüber der StäZ. Dort sei man natürlich froh über das bisherige Engagement der Stadt und des OB. Dennoch habe Wiegand eine einsame Entscheidung getroffen, die von den Akteuren des Protestes gegen die IB-Demonstration und deren Sommerfest an deren Haus in der Adam-Kuckhoff-Straße nicht mitgetragen werde. „Wenn der OB sagt, das gehe alles so nicht, weil man Angst vor Straßenkämpfen habe, dann ist der Sinn des Bürgerfestes weg. Wir überlassen den gesamten Raum einer Entwicklung, die wir nicht mehr gestalten können“, so Hacken. Der Platz für die IB werde durch die Weisung Wiegands frei gemacht. „Das ist ein falsches Zeichen zur falschen Zeit“, so Hacken zur StäZ.

„Das ist ein falsches Zeichen zur falschen Zeit.“

Wiegand hat sich auch den Zorn der Universität, zumindest der Studenten auf sich gezogen. Der Studierendenrat (Stura) reagierte empört und verärgert auf die Entscheidung des Oberbürgermeisters: „Wir kritisieren insbesondere die fehlende Kommunikation und Einbeziehung aller anderen Akteure. Es war klar, dass wir uns an dem Bürgerfest beteiligen wollten, doch informiert oder gar gefragt wurden wir und andere natürlich nicht“, so Sprecher Lukas Wanke. Der Alleingang der Stadtspitze mit dem reinen Hinweis auf eine „veränderte Versammlungslage“ sei damit für demokratische Proteste schädlich. „Es geht bei einem Bürgerfest nicht nur darum, sich als besserer Demokrat zu feiern, sondern auch zu zeigen, dass das nur durch Konfrontation mit den menschenfeindlichen Hetzern geht.“ Der Steintor-Campus sei ein idealer Ort, um „ein starkes antifaschistisches Zeichen zu setzen“ und „diese Chance sollte man sich nicht von der Stadt nehmen lassen“, teilte Wanke mit. Er kündigte an, dass der Stura am Samstag am Steintor-Campus sein werde.

Warum konkret Wiegand das „Bürgerfest für Demokratie“ vom Steintor-Campus zum Markt verlegt hat, ließ die Stadtverwaltung in ihrer Pressemitteilung am Freitagnachmittag nicht durchblicken. Nach StäZ-Informationen habe er auf seinen Fachbereichsleiter für Sicherheit Tobias Teschner gehört. Der Ex-Polizist habe geraten, das Bürgerfest wegen drohender Straßenkämpfe weiter in die Innenstadt vom Steintor weg zu verlegen. Eine Einschätzung, die Teschners ehemalige Kollegen wohl nicht teilen. Wie zu erfahren war, habe die Polizei am Freitag keinen Anlass gehabt, zu einer Verlegung der Veranstaltung zu raten. Mit mehreren Hundertschaften aus Sachsen-Anhalt, aus Thüringen und Nordrhein-Westfalen sowie von der Bundespolizei soll am Samstag für Sicherheit gesorgt werden. Konkrete Angaben zur Einsatzstärke, ‑mitteln und-taktik machte die Polizei in Halle aber nicht.

OB-Kandidat Hendrik Lange (Linke) meinte am Abend, die Irritationen hätten durch direkte und transparente Absprachen vermieden werden können. Lange begrüßte, dass der Stura und andere Gruppen weiterhin ihre Aktionen auf dem Steintor-Campus in unmittelbarer Nähe zum Haus der Identitären Bewegung fortsetzen wollen. Alle am Sonnabend geplanten Aktionen und Demonstrationen zeugten von breiter Resonanz in der Bevölkerung, so Lange.

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siggivonderheide@me.com
4 Jahre her

Ein Möchtegern- Autokrat wie Donald T. Wiegand hat es eben nocht so sehr mit Demokratie und einer eindeutigen Positionierung gegenüber dem IB und allen anderen rechtsreaktionären oder rechtsradikalen Organisationen. Er ist, wie alle Autokraten, im Herzen einfach feige.