Kommentar: Kontra und Re im EVG-Skandal

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StäZ-Redakteur Felix Knothe (Foto: StäZ)

Das Kontra ist beim Kneipenskat die ultimative Waffe des Gegenspielers. Wer denkt, dass der Spieler sein Spiel verlieren könnte, der sagt Kontra und verdoppelt damit prompt das Punkterisiko für den anderen. Nicht selten geht das daneben. Denn ist sich der andere Spieler seiner Sache sicher, kann er Re geben. Dann wird nochmal verdoppelt. Ein Kontra spitzt zu, eskaliert. Ein Re umso mehr. Nicht ohne Grund ist das Kontraspiel nach der Altenburger Skatregel nicht erlaubt. Es ist das Spiel der Hasardeure. Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) hat in der EVG-Affäre am Freitag kontra gesagt. Und EVG-Geschäftsführer Jan Hüttner hat ein Re gegeben.[ds_preview]

Nun ist die Frage, wie gut das Gegenblatt des Oberbürgermeisters ist. Stimmen seine Schutzbehauptungen? War die Intervention seiner Büroleiterin Sabine Ernst zur Freischaltung des Hinniger-Dienstkontos tatsächlich Ergebnis einer Vereinbarung zwischen OB und Hüttner? Hat Hüttner tatsächlich zugestimmt, dass Hinniger, die er wegen mutmaßlicher Dienstvergehen nicht mehr unter dem Dach seiner Gesellschaft beschäftigen wollte, zwar offiziell weiter EVG-Angestellte bleibt, aber eigentlich ein paar Büros weiter für den Oberbürgermeister etwas anderes macht? Und hat Hüttner dem noch am selben Tag zugestimmt, an dem er Hinniger eigentlich erst die Beurlaubung ausgesprochen hatte?

So behauptet es der Oberbürgermeister. Und er behauptet, für alles Belege zu haben. Die sollten nun umgehend von zuständigen Stellen ausgewertet werden. Wer hat wem was wann und warum mitgeteilt, erklärt und angewiesen? Bisher tappen sowohl die Öffentlichkeit als auch die zuständigen Aufsichtsgremien im Dunkeln. Was es zusätzlich zu den für Wiegand brisanten Dokumenten bis jetzt einzig gibt, sind Versionen, unterschiedliche Darstellungen, Beschuldigungen – inzwischen gegenseitige. Eines ist aber klar: Die vermeintlichen Trümpfe immer erst auszuspielen, wenn es gar nicht mehr anders geht, ist keine adäquate Aufklärung. Die ist Wiegand schuldig.

Denn er hat nun Kontra gesagt. Nach einem Kontra-Re-Spiel ist meistens klar, wer den Skatabend gewinnt oder verliert. Ein Kontra-Re-Spiel wird hoch gewonnen oder hoch verloren. Es geht jetzt also um viel in der EVG-Affäre. Entweder hat EVG-Geschäftsführer Jan Hüttner seinen Job verspielt, falls er nämlich falsche Anschuldigungen verbreitet hätte. Oder der Oberbürgermeister hat bewusst die Tatsachen verfälscht, um die Beschuldigungen zu kontern und sich und seine Vertraute Manuela Hinniger reinzuwaschen. Dann hätte er nicht nur mit seinem Amt gespielt, sondern mit den wirtschaftlichen Interessen der Stadt Halle. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft einer 240.000-Einwohner-Stadt ist aber kein Spielball.

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