Kandidaten diskutieren: Frauenquote für den Stadtrat?

Auf Einladung der StäZ haben Kandidatinnen und Kandidaten für den Stadtrat in Halle in der ehemaligen Theatrale diskutiert.

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Neun Stadtratskandidaten begrüßte StäZ-Gründer Felix Knothe (stehend) auf dem Podium zur Wahldebatte der Städtischen Zeitung. (Foto: jr)
Neun Stadtratskandidaten begrüßte StäZ-Gründer Felix Knothe (stehend) auf dem Podium zur Wahldebatte der Städtischen Zeitung. (Fotos: jr)

Halle/StäZ – Die Hallenser haben in diesem Jahr die sprichwörtliche Qual der Wahl. Noch nie sind so viele verschiedene Parteien, Wählergruppen und Vereine bei einer Kommunalwahl in der Saalestadt an den Start gegangen. Fest steht schon jetzt, dass diese Mischung einen großen Einfluss auf die Sitzverteilung im Stadtrat und somit auch auf die Arbeit der Fraktionen haben wird. Viele Wähler wissen aber wenige Tage vor dem Urnengang am Sonntag noch längst nicht, an welcher Stelle sie ihr Kreuz setzen werden. Hinzu kommt, dass der Wahlkampf immer stärker im Internet und in den sozialen Medien geführt wird. Den Kandidaten für den Stadtrat direkt auf den Zahn fühlen konnten die Hallenser hingegen beim Wahlforum der Städtischen Zeitung in der „Freien Spielstätte“, der ehemaligen Theatrale, am Waisenhausring. Dabei wurden auch Themen diskutiert, mit denen die Kandidaten so wohl kaum gerechnet hatten: Braucht der Stadtrat eine Frauenquote?

SPD-Stadtrat Detlef Wend

Die Veranstaltung wurde per Live-Stream übertragen, Fragen konnten direkt an das Podium gestellt werden. Ein StäZ-Leser nutzte diese Möglichkeit gleich zu Beginn, um zu erfahren, warum acht Männer und nur eine Frau auf der Bühne Platz genommen haben. Das sei eine bedenkliche Botschaft. SPD-Stadtrat Detlef Wend fühlte sich direkt angesprochen. Es sei die Frage, ob die Herren in der Runde eine Botschaft nach außen senden oder „ob es die nicht vorhandenen Damen sind.“ Es sei mitnichten in der SPD so, dass Frauen, die sich engagieren, nicht gefördert würden. „Wir hätten gern mehr engagierte Damen und eine bessere Durchmischung“, so Wend. Man könne es aber momentan einfach nicht ändern.

Mitbürger-Stadtrat Tom Wolter 2.v.r.) glaubt, dass es an der Zeit ist, eine inhaltliche Diskussion über Geschlechtergerechtigkeit zu führen.
Mitbürger-Stadtrat Tom Wolter (2.v.l.) glaubt, dass es an der Zeit ist, eine inhaltliche Diskussion über Geschlechtergerechtigkeit zu führen. Falko Kadzimirsz (rechts), Freie Wähler, vermisst junge Menschen mit politischem Engagement.

Tom Wolter von den Mitbürgern verwies darauf, dass seine Fraktion im Stadtrat die einzige sei, die eine Quote von 75 Prozent Frauenanteil habe. „Ich glaube aber, dass es an der Zeit ist, eine inhaltliche Diskussion über Geschlechtergerechtigkeit zu führen“, sagte Wolter. Er freue sich auf den nächsten Stadtrat und hoffe, dass dort mehr Frauen in allen Fraktionen Sitze bekommen. Wolter plädierte für eine „Geschlechtersensibilität“ in den Parteien. „Ich glaube aber, dass wir da auf einem guten Weg sind.“ Für Falko Kadzimirsz, der für die Freien Wähler nicht nur für den Stadtrat, sondern auch für das Amt des Oberbürgermeisters kandidiert, stellt sich vielmehr die Frage, warum sich so wenig junge Menschen politisch engagieren. „Das wäre viel, viel wichtiger“, sagte Kadzimirsz.

Melanie Ranft, Stadträtin Grüne

Die Grünen-Stadträtin Melanie Ranft ging mit ihren männlichen Kollegen ins Gericht. Sie stellte die Frage, warum etwa bei SPD und LINKE Stadtratskandidatinnen im Publikum der StäZ-Veranstaltung säßen und nicht im Podium Platz genommen hätten. Unter den Gästen befand sich mit Katja Müller (LINKE) auch die amtierende Ratsvorsitzende. „Mit der Frage nach den jungen Menschen kann man immer gut von der Diskussion um eine Frauenquote ablenken. Warum sind denn nur die Grünen auf die Idee gekommen, den Platz im Podium einer Frau zu überlassen“, so Ranft. Sie glaube nicht, dass „Frauen unbedingt andere Themen einbringen“. Sie hätten aber einen anderen Fokus. Sie sehe vor allem auch ein gesellschaftliches Problem. „Viele Termine sind am Nachmittag. Oft wird es noch immer so gesehen, dass sich die Frau da um die Familie kümmert, weil der Mann sowieso nicht da ist.“ Deshalb sei es für eine Frau deutlich schwerer, sich Freiräume zu schaffen als für Männer.

Marco Kanne rechts) vom Team Schrader meint, dass die Grundlagen für eine höhere Frauenquote im Stadtrat vor Jahren hätten gelegt werden müssen.
Marco Kanne (rechts) vom Team Schrader meint, dass die Grundlagen für eine höhere Frauenquote im Stadtrat vor Jahren hätten gelegt werden müssen.

Den Ball spielte Marco Kanne von der Wählergruppe Team Schrader scharf zurück. Er räumte zwar ein, dass es für Frauen schwieriger sei, sich zu engagieren. „Aber daran sind Sie doch auch mit schuld. Wir hatten seit 1990 eine rot-rot-grüne Mehrheit. Da hätten sie ja auch mit einer stärker ausgebauten 24-Stunden-Betreuung für Kinder etwas ändern können. Das haben haben Sie aber nicht gemacht, jetzt brauchen Sie sich nicht zu beschweren“, sagte Kanne in Richtung Ranft. Die Wählergruppe um den OB-Kandidaten Daniel Schrader habe schon jetzt nach den Grünen den zweithöchsten Frauenanteil im Bewerberfeld für den Stadtrat. „Wir brauchen dafür allerdings keine Quote“, so Kanne.

FDP-Kandidat Maximilian Acker-Ehrhardt (Foto: jr)

FDP-Kandidat Maximilian Acker-Ehrhardt meinte abschließend, dass in den Parteien natürlich noch viel passieren müsse. Doch er sagte auch: „Ich bin absolut gegen eine Frauenquote.“ Starke, engagierte Frauen würden das nicht brauchen, meinte Acker-Ehrhardt. Und die gebe es in der FDP, sagte er. Seine Partei stelle in Halles fünf Wahlbereichen zwei Spitzenkandidatinnen.

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