„Ibiza-Moment“, „Hauch von Strache“: Druck auf OB in EVG-Affäre wächst

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Oberbürgermeister Bernd Wiegand während einer „Beiko“. (Foto: xkn/Archiv)

Halle/StäZ – Der Druck auf Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle), Licht in die EVG-Affäre zu bringen, wächst. Inzwischen werden auch Rücktrittsforderungen laut, sollten sich die Vorwürfe, die EVG-Geschäftsführer Jan Hüttner gegen das OB-Büro und die Stadtwerke-Tochter IT-Consult erhoben hat, bestätigen. Der Wahlverein Hauptsache Halle, dem Wiegand angehört spricht dagegen von einer gezielten Kampagne vor der Stadtratswahl.[ds_preview]

Erhoben hat die Rücktrittsforderung der Stadtvorsitzende und Bundestagsabgeordnete der FDP Frank Sitta. Sitta sagte: „Das geschilderte Szenario macht fassungslos. Sollten sich die bisherigen Vorwürfe erhärten, erwarte ich politische und persönliche Konsequenzen der Beteiligten. Es sind schon Amtsträger wegen kleineren Fehlern zurückgetreten.“ Die Wählervereinigung „Team Schrader“ spricht gar von einem „Ibiza-Moment“ der halleschen Kommunalpolitik. „Immer mehr Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt erkennen den grassierenden Machtmissbrauch im OB-Büro und bei den etablierten Parteien und Gruppen“, heißt es in einer auf Facebook verbreiteten Mitteilung. Stadtratsvorsitzende Katja Müller (Linke) sieht ebenfalls mit Blick auf den aktuellen Politskandal in Österreich um Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache einen „Hauch von Strache“ auch durchs hallesche Rathaus wehen, so Müller auf Twitter.

CDU-Fraktionschef Andreas Scholtyssek forderte Wiegand im StäZ-Interview (erscheint Mittwoch) zur zügigen Aufklärung auf. Zwar gelte die Unschuldsvermutung, aber der OB könne die Vorwürfe nicht erst, wie angekündigt, „irgendwann nach der Wahl klären“. „Hier entsteht mehrfacher Schaden, am schlimmsten aber ist wohl der Schaden für den Standort Halle. Wir können es uns nicht erlauben, den guten Ruf der Stadt durch solche Skandale aufs Spiel zu setzen“, so Scholtyssek.

Die Freien Wähler sehen in Wiegands Verhalten in der Affäre eine Verletzung seiner Amtspflichten als Wahlleiter bei der Stadtratswahl. Durch seine Protektion Manuela Hinnigers, die Spitzenkandidatin seines Wahlvereins Hauptsache Halle ist, verstoße er gegen das Gebot der Chancengleichheit bei der Wahl, so der Stadtvorsitzende der Freien Wähler Johannes Menke. Die Personalie Hinniger steht im Zentrum der EVG-Affäre. Ihre Beurlaubung durch EVG-Geschäftsführer Jan Hüttner hatte die Affäre ausgelöst.

Wiegands Wahlverein Hauptsache Halle, dessen Spitzenkandidatein Manuela Hinniger ebenfalls im Zentrum der Vorwürfe steht, sieht sich dagegen einer gezielten Kampagne vor der Stadtratswahl ausgesetzt. Gegenüber dem Portal dubisthalle.de sagte Hauptsache-Halle-Vorsitzender Lothar Rochau: „Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Linke erheben Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister und den Geschäftsführer der ITC, ohne den vollständigen Sachverhalt zu kennen. Sie verbreiten Spekulationen über vermeintliche Datenschutzverstöße, die offenkundig nur dazu beitragen sollen, politische Mitbewerber zu diskreditieren und Wähler zu verunsichern. Dieses Verhalten unmittelbar vor der Kommunalwahl ist der eigentliche Skandal.“ Rochau forderte seinerseits Aufklärung in Form einer vollständigen und sachlichen Aufbereitung der Informationen. Was genau das bedeuten soll und wer diese Aufbereitung vornehmen solle, blieb dabei offen. Eine allgemeine Interviewanfrage der Städtischen Zeitung vor der Stadtratswahl ließ Hauptsache Halle bis dato unbeantwortet.

Die von mehreren Parteien und Fraktionen geforderte Aufklärung scheint indes zu stocken. Versuche der Fraktion Mitbürger am Dienstag im für städtische Beteiligungen zuständigen Finanzausschuss des Stadtrats erste Antworten zu bekommen, scheiterten daran, dass trotz Einladung durch den Ausschuss weder Vertreter der beteiligten Unternehmen noch Oberbürgermeister Bernd Wiegand anwesend waren. Die Einladungsanfrage sei an den Oberbürgermeister weitergeleitet worden, sagte Beigeordneter Egbert Geier. Lediglich der Vorstand des städtischen Beteiligungsmanagements (BMA), der kommunalen Anstalt, die für die Kontrolle und die Koordination der kommunalen Unternehmen zuständig ist und Stadtverwaltung und Stadtrat diesbezüglich berät, Christian Heine konnte etwas Auskunft geben. Zur Sache selbst, sagte Heine nichts, bekräftigte aber, dass der Finanzausschuss und damit der Stadtrat für Gesellschafterweisungen an städtische Gesellschaften zuständig ist. Indirekt erklärte er den Stadträten zudem, dass sie, wenn sie wollten, durchaus selbst Beschlüssse fassen könnten, um den Oberbürgermeister anzuweisen, in bestimmter Art und Weise in den städtischen Unternehmen zu handeln. Ein Wink, der nun in den Stadtratsfraktionen diskutiert werden dürfte. Eine seit Tagen von Aufsichtsratsmitgliedern der EVG geforderte Sitzung, um den Vorwürfen weiter auf den Grund zu gehen, hat Wiegand bislang nicht einberufen.

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