Streit um Grube Teutschenthal: Ministerium schlägt barschen Ton an

Die GTS wertet ein Gutachten als Bestätigung dafür, dass am Schacht in Angersdorf keine Gesundheitsgefahren vorliegen. In Magdeburg reagiert man darauf mit Unverständnis.

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Rund um den Schacht Halle in Angersdorf, einem Wetterschacht zu Entlüftung der unterirdischen Abbauanlagen, kam es seit 2018 zu verstärkten Geruchsbelästigungen. Anwohner klagten über gesundheitliche Beschwerden. (Foto: Jan Möbius)
Rund um den Schacht Halle in Angersdorf, einem Wetterschacht zur Entlüftung der unterirdischen Abbauanlagen, kam es seit 2018 zu verstärkten Geruchsbelästigungen. Anwohner klagten über gesundheitliche Beschwerden. (Foto: Jan Möbius)

Magdeburg/Teutschenthal/StäZ – In der Debatte um die Zukunft der Grube Teutschenthal schlägt das zuständige Wirtschaftsministerium in Magdeburg deutlich barschere Töne an als noch in den vergangenen Wochen. Auslöser ist eine Pressemitteilung des Unternehmens GTS, das mit teilweise giftigen Abfällen das ehemalige Kalibergwerk sichert. Darin informiert die Gesellschaft, dass am Schacht Halle in Angersdorf keine Gesundheitsgefahr etwa für die Anwohner vorliege. Die GTS verweist in ihrer Mitteilung mit der Überschrift „Entwarnung am Schacht Halle in Angersdorf“ auf ein medizinisch-toxikologisches Gutachten, das vom Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) in Auftrag gegeben wurde. Das Wirtschaftsministerium weist das jedoch mit deutlichen Worten zurück: „Die in der GTS-Pressemitteilung gemachten Angaben treffen in dieser Form nicht zu“, so Sprecher Matthias Stoffregen.[ds_preview]

Dieses Gutachten des Universitätsklinikums Halle legt dar, dass es einen Zusammenhang zwischen der Geruchsbelästigung am Schacht Halle der Grube Teutschenthal und den Beschwerden der Anwohner gibt. Direkte Gesundheitsgefahren durch die Giftstoffe unter Tage gebe es aber nicht. (Quelle: Wirtschaftsministerium)
Dieses Gutachten des Universitätsklinikums Halle legt dar, dass es einen Zusammenhang zwischen der Geruchsbelästigung am Schacht Halle der Grube Teutschenthal und den Beschwerden der Anwohner gibt. Direkte Gesundheitsgefahren durch die Giftstoffe unter Tage gebe es aber nicht. (Quelle: Wirtschaftsministerium)

Stoffregen teilte als Reaktion auf die Mitteilung von GTS mit, dass das Gutachten noch nicht vollständig ausgewertet sei. Dennoch liege eine Zusammenfassung vor. Dem Sprecher zufolge könne von Entwarnung keine Rede sein. Zwar sehe die Gutachterin keinen direkten Zusammenhang zwischen den in Teutschenthal unter Tage eingelagerten Giftstoffen und gesundheitlichen Schäden, so Stoffregen. Die Gerüche seien der beauftragten Expertin zufolge aber aus umweltmedizinischer Sicht „eindeutig Anlass für körperliche Reaktionen, die überwiegend unbewusst und ungewollt ablaufen“. Letztlich würden sie die von Anwohnern beschriebenen Beschwerden hervorrufen. Verstärkt werde das, weil die die Betroffenen nahezu keinerlei Möglichkeiten hätten, sich „der Situation in ihrem privaten Lebensumfeld zu entziehen“. Das Wirtschaftsministerium sieht laut Ressortsprecher Stoffregen durch die Gutachterin bestätigt, „dass die permanenten Geruchsbelastungen zu erheblichen Beeinträchtigungen des gesundheitlichen Wohlbefindens führen“. Die Expertise empfehle, „die Beschwerden in ihren Schweregraden mit dem Anlass Geruch/Gestank anzuerkennen.“

Worüber wird in Teutschenthal diskutiert?

Seit Mitte 2018 kam es vermehrt zu Beschwerden vor allem von Anwohnern in Angersdorf über unangenehme Gerüche, die teilweise Auswirkungen auf die Gesundheit gehabt hätten. Anwohner klagten über Atem- und Magenprobleme sowie über Kopfschmerzen. Daraufhin wurde vom Landesbergamt und der GTS umfangreiche Untersuchungen eingeleitet. Eine Gesundheitsgefährdung wurde bisher jedoch ausgeschlossen.

Um die Belastung der Umgebung mit starken Gerüchen zu minimieren, wurde laut GTS unter Tage eine spezielle Anlage in Betrieb genommen und mit dem LAGB Anfang Januar der vorläufige Verzicht auf den Einsatz des Abfallstoffes vereinbart, der mutmaßlich für die Ausdünstungen verantwortlich sein soll. Darüber hinaus befasst sich ein Runder Tisch, zu dem auch Gemeinderäte gehören, mit dem Thema. (jam)

Das Gutachten wurde von Prof. Heidi Foth erstellt. Sie ist seit 1995 Direktorin des Instituts für Umwelttoxikologie der Martin-Luther-Universität. Zwischen 2001 und 2010 war sie Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Toxikologie und von 2004 bis 2016 Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen – einem unabhängigen, wissenschaftlichen Beratungsgremium der Bundesregierung. Einer der Themenschwerpunkte Foths ist die Beurteilung der Risiken chemischer Stoffe für Mensch und Umwelt.

Die GTS geht indes auf die im Gutachten hergestellte Beziehung zwischen der Geruchsbelastung und den Beschwerden der Anwohner nicht ein. Das Gutachten bestätige aus Sicht des Unternehmens, dass „weder akute noch chronische Wirkungen von den
gemessenen Schadstoffen resultieren, die zu Gesundheitsschäden führen könnten“. Er sei erleichtert und sehe sich in dem Gutachten bestätigt, so GTS-Geschäftsführer Hans-Dieter Schmidt. „Unabhängig davon werden wir weiterhin versuchen, die Geruchsemissionen am Schacht in Angersdorf zu minimieren, um die Situation für die Anwohner zu verbessern“, teilte der Gruben-Chef mit. Schmidt wies zudem darauf hin, dass vor und während der
Geruchsprobleme rund um den Wetterschacht „keinerlei Gesundheitsschäden bei den Mitarbeitern der GTS, die täglich unter Tage arbeiten, festgestellt werden konnten“.

Schmidt erwarte nun, so teilt er wörtlich mit, dass „auch im politischen Raum mit den Forderungen nach der Stilllegung des Versatzes Schluss sein sollte“. Dies gelte dem GTS-Chef zufolge auch für die Forderung nach sofortiger Stilllegung des Abfall-Freilagers in Teutschenthal. Die und die sofortige Räumung der Fläche unter freiem Himmel war vom LAGB vor wenigen Wochen angewiesen worden. Hintergrund ist der seit Jahren fehlende Bau einer Lagerhalle, die von GTS laut Wirtschaftsministerium immer wieder durch Fristaufschübe auf die lange Bank geschoben wurde. Die Grubengesellschaft klagt inzwischen gegen die Schließungsverfügung am Verwaltungsgericht in Halle.

Für das Wirtschaftsministerium in Magdeburg ist laut Sprecher Stoffregen „der von GTS konstruierte Zusammenhang“ zwischen den Geruchsbelästigungen am Schacht Halle in Angersdorf und dem Verfahren zur Schließung des Freilagers in Teutschenthal „vollends unverständlich“. Beides habe nichts miteinander zu tun, so der Sprecher. „Das LAGB hält es weiter für zwingend geboten, die geforderte Einhausung des Freilagers durch die GTS vornehmen zu lassen.“

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