Logistikstadt Halle: Regale warten auf Möbel

Halle/StäZ – Wegen vermeintlich schlechter Bezahlung am unteren Limit des Mindestlohns eilt der Logistik-Branche ein wenig rühmlicher Ruf voraus. Über tatsächliche Löhne wird aber zumindest öffentlich kaum gesprochen. Und so bleibt die Bezahlung der Mitarbeiter in den Lagerhäusern großer Versandunternehmen in der Regel eine Angelegenheit zwischen den Angestellten und ihren Chefs. Dem Wachstum in der Branche  schadet die Debatte um eine angemessene Bezahlung der Lagerarbeiter nicht. Im Gegenteil. Der Versandhandel wächst und damit auch der Bedarf nach Standorten für große Lagerhallen, aus denen Waren zügig in alle Himmelsrichtungen verschickt werden können. Der Star Park in Halle ist so einer. Kurz vor der Verkündung, dass Porsche dort in naher Zukunft ein Karosseriepresswerk bauen will, ist in dem 230 Hektar großen Gewerbepark vor wenigen Tagen ein weiteres riesiges Lager- und Versandzentrum eröffnet worden. 70.000 Quadratmeter groß ist die unscheinbar graue Immobilie von „home24“, dem nach eigenen Angaben deutschlandweit führenden Onlineversandunternehmen für Möbel und andere Einrichtungsgegenstände.[ds_preview]

Goodman verwaltet mehr als 400.000 Quadratmeter

Gebaut wurde das Logistikzentrum von „home24“ vom international agierenden Immobilienkonzern Goodman. Das Unternehmen besitzt, entwickelt und verwaltet Logistik- und Gewerbeflächen in ganz Europa, im asiatisch-pazifischen Raum sowie in Nordamerika und Brasilien. Der Konzern investiert in Industriegebiete, Lagerhallen und Verteilzentren. Goodman ist schon seit einigen Jahren im Star Park aktiv. 2015 hat der Konzern eine rund 28.000 Quadratmeter große Halle für eBay Enterprise entwickelt, 2016 folgte ein 22.000 Quadratmeter großes Logistikzentrum für Hellmann Worldwide Logistics. Mit der Fläche von „home24“ verwaltet Goodman im Star Park nach eigenen Angaben mittlerweile mehr als 400.000 Quadratmeter an Flächen. Den Raum Halle bezeichnet das Unternehmen als eine der wichtigsten Logistikregionen Deutschlands.

Der Standort Halle zeichne sich durch eine gute Infrastruktur mit einer direkten Anbindung an die Autobahn 14, mit seiner Nähe zum zweitgrößten deutschen Frachtflughafen Leipzig/Halle und noch dazu einer ordentlichen Anbindung an das Bahnnetz aus, so Markus Meyer, bei Goodman verantwortlich für den Norden Deutschlands. „Das alles trägt dazu bei, nationale und internationale Geschäftsaktivitäten im Star Park zu fördern.“ Der Standort Halle nehme mit seiner Nähe zu Leipzig eine kontinuierlich wachsende Rolle für europaweit tätige Unternehmen ein. „Das ist nur einer der Gründe, warum wir schon lange hier investieren. Weitere Projektentwicklungen in der Region sind bereits in Planung“, so Meyer.

Für „home24“ habe Goodman inzwischen nach Logistikzentren in Ludwigsfelde bei Berlin und im niedersächsischen Walsrode das dritte Projekt entwickelt. Die hallesche Anlage, die auf einem mehr als 133.000 Quadratmeter großen Grundstück errichtet wurde, sei deutschlandweit bisher das größte Logistikzentrum, das „home24“ in Betrieb genommen habe. Das Sortiment von mehr als 100.000 Produkten umfasst Möbel und Einrichtungsgegenstände für alle Arten von Räumen und den Garten. In Europa liefert das Unternehmen seine Produkte – den eigenen Angaben zufolge unabhängig von Größe und Gewicht – kostenfrei bis in die Wohnung der Kunden und bietet kostenlose Retouren an. Weltweit würden mehr als 1.000 Mitarbeiter für das Unternehmen mit Hauptsitz in Berlin arbeiten. 200 sollen es in der letzten Ausbaustufe in Halle sein.

Vergleich: Ansiedlungen wie Schneeballsystem

Die Geschäftsbeziehungen der Stadt Halle zu Goodman seien „von absolutem Vertrauen geprägt“, sagte Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Hauptsache Halle) während der Eröffnung des „home24“-Standorts. Alle Projekte seien „pünktlich, zielgenau umgesetzt“ worden. Neben den eigentlichen Standortkriterien für Ansiedlungen nannte Halles Verwaltungschef „Geschwindigkeit und Schnelligkeit“ in der Verwaltung als Pluspunkt für Halle. „In den besten Zeiten haben wir Baugenehmigungen erteilt, bevor die Kaufverträge abgeschlossen waren“, so Wiegand. Deshalb habe Goodman schnell Projekte im Star Park umsetzen können. Das Unternehmen habe der Stadt die Möglichkeit gegeben, den Stellenwert des Star Parks am Logistik‑, aber auch am Industriemarkt zu zeigen. „Diese Chance haben wir genutzt. Dann kamen Schritt für Schritt, das ist wie bei einem Schneeballsystem, weitere Anfragen für den Star Park.“ Halle sei förmlich überhäuft worden. „Das arbeiten wir jetzt alles nach und nach ab“, so Wiegand.

Wiegand: Löhne bis 19 Euro pro Stunde in der Logistikbranche

Der Rathauschef äußerte sich auch zum Niedriglohn-Image der Logistikbranche. „Es wird natürlich politisch von den Kritikern immer wieder vorgebracht, dass hier am Rand des Mindestlohns gezahlt wird. Diese Zahlen sind aber von der Arbeitsagentur und von den Unternehmen niemals bestätigt worden“, sagte Wiegand und ergänzte: „Man muss es mal so deutlich sagen, es werden hier Löhne gezahlt von zehn bis 18, 19 Euro. Das ist eine Hausnummer, die man auch mit anderen Tätigkeiten absolut vergleichen kann.“ Deshalb mache die Stadt immer wieder darauf aufmerksam, dass „die Logistik nun einmal Zukunftsbranche ist und im Lohngefüge nicht abfällt“.